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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

geben. Sie sind doch schließlich Pastor, sagte die geschäftskundige Stelle, und keine
Regierung hilft Ihnen ans der Patsche, wenn Sie sich mit Ihrer Schulsteuer in der
Gemeinde unmöglich gemacht haben.

Ich werde die Ortsschulinspektton niederlegen, sagte der Herr Pastor.

Tun Sie das nicht, erwiderte man. Lassen Sie Ihren Schulvorstand be¬
schließe": Wir tun nichts. Wir haben zwar das Recht, aber nicht die Pflicht,
Schulsteuern auszuschreiben. Und unter den vorliegenden Verhältnissen verzichten
wir auf den Bau einer Schule. Und dann warten Sie ruhig ab, was kommt.

Dies geschah. Nun hätte zwar die Regierung den Schulvvrstcmd absetzen und
die Schule kommissarisch durch den Landrat verwalten lassen können, aber sie scheute
sich vor diesem äußersten Schritte, um so mehr als der Landrat auf eine Anfrage
berichtet hatte, in Emmerlingen herrsche die reine Revolution, und es sei zu be¬
fürchten, daß das ganze Dorf zur Sozialdemokratin abschwenken werde.

Der Herr Landrat hatte nicht zuviel gesagt. In Emmerlingen sah es böse aus.
Mue neue Partei hatte sich unter der Führung eines Schusters, der nicht gern
saß, über gern Bier trank und gern Reden hielt, und der mit dem Spitznamen
der Lulattich hieß, aufgetan. Das Programm dieser Partei war folgendes: Wenn
dle Regierung die Lehrer anstellt, so mag sie sie mich bezahlen. Und wenn wir
bezahlen sollen, dann verlangen wir das Wahlrecht. Und wenn wir das Wahlrecht
haben, dann setzen wir unsre zwei Lehrer ab und wählen uns Lehrer, die uns passen,
und die es billiger machen. Keine superkluger und auch keine Schlnmmerköpfe. Und
wenn wir eine Schule bauen, denn ist es unsre Schule, und dann bauen wir, wie
^ uns Paßt. Diese Meinung gewann großen Anhang, und sie beherrschte zuletzt
auch die Gemeindevertretung. Durch den langen Streit waren die Gemüter ver¬
ludert. Man war zu Tätlichkeiten und gerichtlichen Klagen übergegangen. Herr
Spitzmaus war nächtlicherweile verhauen worden, dem Herrn Pastor hatten sie
Mre zungen Obstbäume abgeschnitten. Drei Injurienklagen schwebten vor Gericht,
und es war alle Aussicht vorhanden, daß daraus noch Meineidsprozesse hervor¬
gehn würden. Nicht einmal Schützenfest konnte mehr gefeiert werden, weil alles
miteinander verzankt war. Der Schnlbau aber saß rettungslos fest.

Eine lauge Korrespondenz wurde geführt, ein neuer, vom Herrn Landrat an¬
gesetzter Termin zur Findung eines neuen Bauplatzes verlief ergebnislos
Schließlich mußte der Herr Geheimrat selber kommen, um die Gemeinde zu beruhigen
und die Karre ins Gleis zu bringen. Es gab eine lauge erregte und unerfreuliche
Verhandlung, in der die verschiednen Meinungen aufeinander stießen, tausend Neben¬
dinge erörtert wurden, und zweierlei als sicher hervortrat: die Schule darf uicht
links vom Apfelbaum stehn, und ebensowenig darf sie rechts vom Apfelbaum stehn.
Worauf vorgeschlagen wurde, el so baut doch die Schule auf den Apfelbaum!
Das war ein erlösender Gedanke. Des langen Haders müde stimmten alle zu, der
Herr Geheimrat gab seinen Konsens, und man unterschrieb das Protokoll. Punktum.
Aber vier Jahre hatte es gedauert, und es wird noch mehr Zeit kosten, bis die
Folgen des durch den Schulbau entfachten Gemeindekriegs überwunden sind.

Der Herr Geheimrat bestieg in Hartenburg die Eisenbahn und traf im Abteil
mit Herrn von Brausewitz zusammen. -- Ach, sehen Sie mal, Herr von Brausewitz,
tagte der Herr Geheimrat, nett, daß wir uns treffen. Ich komme eben von Emmer-
"ugen Erinnern Sie sich noch? Es war scheußliches Wetter damals.

Sind Sie nun mit der Angelegenheit fertig, Herr Geheimrat? fragte Herr
von Brausewitz.

.. . Gott sei Dank. Wir bauen nämlich jetzt die Schule uicht rechts und nicht
"^'sondern an die Stelle des Apfelbaums,

lachte ^ Herren, die für den Humor der Sache nicht unempfänglich waren,

Wäre es denn nicht möglich gewesen, fragte Herr von Brausewitz, damals
Mich das Projekt ^ zu genehmigen? Man hätte damit doch viel Arbeit erspart.


Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

geben. Sie sind doch schließlich Pastor, sagte die geschäftskundige Stelle, und keine
Regierung hilft Ihnen ans der Patsche, wenn Sie sich mit Ihrer Schulsteuer in der
Gemeinde unmöglich gemacht haben.

Ich werde die Ortsschulinspektton niederlegen, sagte der Herr Pastor.

Tun Sie das nicht, erwiderte man. Lassen Sie Ihren Schulvorstand be¬
schließe»: Wir tun nichts. Wir haben zwar das Recht, aber nicht die Pflicht,
Schulsteuern auszuschreiben. Und unter den vorliegenden Verhältnissen verzichten
wir auf den Bau einer Schule. Und dann warten Sie ruhig ab, was kommt.

Dies geschah. Nun hätte zwar die Regierung den Schulvvrstcmd absetzen und
die Schule kommissarisch durch den Landrat verwalten lassen können, aber sie scheute
sich vor diesem äußersten Schritte, um so mehr als der Landrat auf eine Anfrage
berichtet hatte, in Emmerlingen herrsche die reine Revolution, und es sei zu be¬
fürchten, daß das ganze Dorf zur Sozialdemokratin abschwenken werde.

Der Herr Landrat hatte nicht zuviel gesagt. In Emmerlingen sah es böse aus.
Mue neue Partei hatte sich unter der Führung eines Schusters, der nicht gern
saß, über gern Bier trank und gern Reden hielt, und der mit dem Spitznamen
der Lulattich hieß, aufgetan. Das Programm dieser Partei war folgendes: Wenn
dle Regierung die Lehrer anstellt, so mag sie sie mich bezahlen. Und wenn wir
bezahlen sollen, dann verlangen wir das Wahlrecht. Und wenn wir das Wahlrecht
haben, dann setzen wir unsre zwei Lehrer ab und wählen uns Lehrer, die uns passen,
und die es billiger machen. Keine superkluger und auch keine Schlnmmerköpfe. Und
wenn wir eine Schule bauen, denn ist es unsre Schule, und dann bauen wir, wie
^ uns Paßt. Diese Meinung gewann großen Anhang, und sie beherrschte zuletzt
auch die Gemeindevertretung. Durch den langen Streit waren die Gemüter ver¬
ludert. Man war zu Tätlichkeiten und gerichtlichen Klagen übergegangen. Herr
Spitzmaus war nächtlicherweile verhauen worden, dem Herrn Pastor hatten sie
Mre zungen Obstbäume abgeschnitten. Drei Injurienklagen schwebten vor Gericht,
und es war alle Aussicht vorhanden, daß daraus noch Meineidsprozesse hervor¬
gehn würden. Nicht einmal Schützenfest konnte mehr gefeiert werden, weil alles
miteinander verzankt war. Der Schnlbau aber saß rettungslos fest.

Eine lauge Korrespondenz wurde geführt, ein neuer, vom Herrn Landrat an¬
gesetzter Termin zur Findung eines neuen Bauplatzes verlief ergebnislos
Schließlich mußte der Herr Geheimrat selber kommen, um die Gemeinde zu beruhigen
und die Karre ins Gleis zu bringen. Es gab eine lauge erregte und unerfreuliche
Verhandlung, in der die verschiednen Meinungen aufeinander stießen, tausend Neben¬
dinge erörtert wurden, und zweierlei als sicher hervortrat: die Schule darf uicht
links vom Apfelbaum stehn, und ebensowenig darf sie rechts vom Apfelbaum stehn.
Worauf vorgeschlagen wurde, el so baut doch die Schule auf den Apfelbaum!
Das war ein erlösender Gedanke. Des langen Haders müde stimmten alle zu, der
Herr Geheimrat gab seinen Konsens, und man unterschrieb das Protokoll. Punktum.
Aber vier Jahre hatte es gedauert, und es wird noch mehr Zeit kosten, bis die
Folgen des durch den Schulbau entfachten Gemeindekriegs überwunden sind.

Der Herr Geheimrat bestieg in Hartenburg die Eisenbahn und traf im Abteil
mit Herrn von Brausewitz zusammen. — Ach, sehen Sie mal, Herr von Brausewitz,
tagte der Herr Geheimrat, nett, daß wir uns treffen. Ich komme eben von Emmer-
"ugen Erinnern Sie sich noch? Es war scheußliches Wetter damals.

Sind Sie nun mit der Angelegenheit fertig, Herr Geheimrat? fragte Herr
von Brausewitz.

.. . Gott sei Dank. Wir bauen nämlich jetzt die Schule uicht rechts und nicht
"^'sondern an die Stelle des Apfelbaums,

lachte ^ Herren, die für den Humor der Sache nicht unempfänglich waren,

Wäre es denn nicht möglich gewesen, fragte Herr von Brausewitz, damals
Mich das Projekt ^ zu genehmigen? Man hätte damit doch viel Arbeit erspart.


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[0511] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben geben. Sie sind doch schließlich Pastor, sagte die geschäftskundige Stelle, und keine Regierung hilft Ihnen ans der Patsche, wenn Sie sich mit Ihrer Schulsteuer in der Gemeinde unmöglich gemacht haben. Ich werde die Ortsschulinspektton niederlegen, sagte der Herr Pastor. Tun Sie das nicht, erwiderte man. Lassen Sie Ihren Schulvorstand be¬ schließe»: Wir tun nichts. Wir haben zwar das Recht, aber nicht die Pflicht, Schulsteuern auszuschreiben. Und unter den vorliegenden Verhältnissen verzichten wir auf den Bau einer Schule. Und dann warten Sie ruhig ab, was kommt. Dies geschah. Nun hätte zwar die Regierung den Schulvvrstcmd absetzen und die Schule kommissarisch durch den Landrat verwalten lassen können, aber sie scheute sich vor diesem äußersten Schritte, um so mehr als der Landrat auf eine Anfrage berichtet hatte, in Emmerlingen herrsche die reine Revolution, und es sei zu be¬ fürchten, daß das ganze Dorf zur Sozialdemokratin abschwenken werde. Der Herr Landrat hatte nicht zuviel gesagt. In Emmerlingen sah es böse aus. Mue neue Partei hatte sich unter der Führung eines Schusters, der nicht gern saß, über gern Bier trank und gern Reden hielt, und der mit dem Spitznamen der Lulattich hieß, aufgetan. Das Programm dieser Partei war folgendes: Wenn dle Regierung die Lehrer anstellt, so mag sie sie mich bezahlen. Und wenn wir bezahlen sollen, dann verlangen wir das Wahlrecht. Und wenn wir das Wahlrecht haben, dann setzen wir unsre zwei Lehrer ab und wählen uns Lehrer, die uns passen, und die es billiger machen. Keine superkluger und auch keine Schlnmmerköpfe. Und wenn wir eine Schule bauen, denn ist es unsre Schule, und dann bauen wir, wie ^ uns Paßt. Diese Meinung gewann großen Anhang, und sie beherrschte zuletzt auch die Gemeindevertretung. Durch den langen Streit waren die Gemüter ver¬ ludert. Man war zu Tätlichkeiten und gerichtlichen Klagen übergegangen. Herr Spitzmaus war nächtlicherweile verhauen worden, dem Herrn Pastor hatten sie Mre zungen Obstbäume abgeschnitten. Drei Injurienklagen schwebten vor Gericht, und es war alle Aussicht vorhanden, daß daraus noch Meineidsprozesse hervor¬ gehn würden. Nicht einmal Schützenfest konnte mehr gefeiert werden, weil alles miteinander verzankt war. Der Schnlbau aber saß rettungslos fest. Eine lauge Korrespondenz wurde geführt, ein neuer, vom Herrn Landrat an¬ gesetzter Termin zur Findung eines neuen Bauplatzes verlief ergebnislos Schließlich mußte der Herr Geheimrat selber kommen, um die Gemeinde zu beruhigen und die Karre ins Gleis zu bringen. Es gab eine lauge erregte und unerfreuliche Verhandlung, in der die verschiednen Meinungen aufeinander stießen, tausend Neben¬ dinge erörtert wurden, und zweierlei als sicher hervortrat: die Schule darf uicht links vom Apfelbaum stehn, und ebensowenig darf sie rechts vom Apfelbaum stehn. Worauf vorgeschlagen wurde, el so baut doch die Schule auf den Apfelbaum! Das war ein erlösender Gedanke. Des langen Haders müde stimmten alle zu, der Herr Geheimrat gab seinen Konsens, und man unterschrieb das Protokoll. Punktum. Aber vier Jahre hatte es gedauert, und es wird noch mehr Zeit kosten, bis die Folgen des durch den Schulbau entfachten Gemeindekriegs überwunden sind. Der Herr Geheimrat bestieg in Hartenburg die Eisenbahn und traf im Abteil mit Herrn von Brausewitz zusammen. — Ach, sehen Sie mal, Herr von Brausewitz, tagte der Herr Geheimrat, nett, daß wir uns treffen. Ich komme eben von Emmer- "ugen Erinnern Sie sich noch? Es war scheußliches Wetter damals. Sind Sie nun mit der Angelegenheit fertig, Herr Geheimrat? fragte Herr von Brausewitz. .. . Gott sei Dank. Wir bauen nämlich jetzt die Schule uicht rechts und nicht "^'sondern an die Stelle des Apfelbaums, lachte ^ Herren, die für den Humor der Sache nicht unempfänglich waren, Wäre es denn nicht möglich gewesen, fragte Herr von Brausewitz, damals Mich das Projekt ^ zu genehmigen? Man hätte damit doch viel Arbeit erspart.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/511>, abgerufen am 23.11.2024.