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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Leipziger Theaterplauderei

sind. Die erste Szene muß durch Musik eingeleitet werden, wenn sie Wirken soll,
denn sie ist in ihrem ersten Teile, ehe "sich die Landschaft verändert," durchaus
melodramatisch, lyrisch. Was in Leipzig aus ihr wird, glaubt man nicht, wenn
man es nicht gesehen und gehört hat, und zwar nicht aus Maugel an gutem Willen,
sondern weil sich die Regie, wie schon gesagt Worden ist, mit Dingen abmüht, vie
dem Gesamtbild nur schaden, und das, was wichtig ist, darüber außer Augen läßt.
Während die Bühne, wie nicht oft genug betont werden kann, jederzeit ein freies,
übersichtliches Bild bieten und alles andre diesem Erfordernis untergeordnet werdeu
soll, ist man in Leipzig bemüht, sie, die dort ohnehin nicht zu groß ist, immer so
viel wie möglich durch angebrachte künstliche Bauten in eine Brvckenlnndschaft zu
verwandeln, sodaß der Schauspieler, wie Mephisto,


bei jedem Schritte
Vor einen Baum, vor einen Felsen rennt.

Kuoni, Werni, Ruodi und ihre Knaben macheu einem den Eindruck von Knechten
und Jungen, die in einer schlecht in Ordnung gehaltnen Numpelkcuumer hantieren,
oder vou Störchen, die im Snlat herumstcigen, und damit Tell die berühmte Frage!


Wer ist der Nimm, der hier um Hilfe fleht?

von dem Absähe eiues hochgelegneu Felsenwegs herunterrufen kann, was in Wahrheit
kein praktischer, hilfsbereiter Alpenjäger tuu würde, ist die Bühne so verengt, daß
sich ein Teil der von den braven Schweizern geführten Gespräche im Hintergründe
wie auf einer kleinen Nebenbühne abwickelt. Den Kuhreiher und das harmonische
Geläut der Herdenglocken, "welches sich auch bei eröffneter Szene noch eine Zeit
lang fortsetzt," bekommt mau nicht zu hören, und der Fischerknabe, der sich in einem
Kahn fährt und dabei nach der Melodie des Kuhreiheus das reizende Lied: "Es
lächelt der See, er ladet zum Bade" singen soll, scheint in Leipzig vou seiner musi¬
kalischen Leistung selbst so wenig erbaut zu sein, daß er es mit einem Verse des grau¬
samen Spieles genng sein läßt. Wenn man, statt die Schaulust des Publikums
mit allerhand überflüssige" Aufbauen zu beschäftigen, die Lieder des Fischerkuabe",
des Hirten und des Alpenjägers durch geschulte Opernsänger, die sich ja hinter den
Kulissen aufstelle" könnten, singen ließe, fo wäre das bei weitem besser und geschmack¬
voller. Diese erste Szene muß als etwas hauptsächliches angesehen, es muß dem
Zuschauer Zeit gegeben werdeu, sich in die vom Rosental und vom Augustusplatze
so verschiedne Gegend, in die von den seinen so verschiednen Lebens- und Berufs-
gewvhnheiten schweizerischer Fischer, Jäger und Hirte" vor nahezu fünfhundert
Jahren hineinzudenken, und erst wenn dies mit Hilfe von Herdenglocken, Musik
und den schönsten Dekorationen und Menschenstimmen, die man hat auftreiben
können, geschehen ist, kommt der "graue Talvogt heraugebraust, Schatten von
Wolken laufen über die Szene," und das Unwetter, das den See bis in seine
innersten Tiefen aufrühren wird, zieht herauf. Mau suche sich uicht mit der Be¬
merkung herauszureden, der Zuschauer solle sich, da Schillers Tell ein Schauspiel
und keine Oper sei, mit den melischer Leistungen der Schauspieler begnügen und
nicht auch noch die Herbeiziehung von Operukräften verlangen, denn solche Aus¬
reden führen zu nichts, und wenn man das "O wie so sanft" der Oberouschen
Meermädchen durch Tänzerinnen singen ließe, nnter den: Vorwande, daß es sich
dabei um ein auf der Flut Wogen und Gaukeln handle, so würde das Publikum
mit Recht sagen, es könne verlangen, daß die Meermädchen von den schönsten Ballett¬
tänzerinnen getanzt und von den besten Sängerinnen gesungen würden. Wo wirk¬
licher Kunstgenuß in Frage kommt, ist kein Opfer zu groß, wo es sich dagegen
nur um Appareilleu und Versatzstücke aus Pappe und Holz handelt, ist es um jeden
Quadrntzeutimeter Raum, den man der freie" Bewegung der Schauspieler entzieht,
schade.

Natürlich kommen infolge der rechts und links aufgetürmten Felsen die Lnuden-
bergischeu Reiter zu Fuß an, was -- jeder Zuschauer empfindet es -- die Dring-


Leipziger Theaterplauderei

sind. Die erste Szene muß durch Musik eingeleitet werden, wenn sie Wirken soll,
denn sie ist in ihrem ersten Teile, ehe „sich die Landschaft verändert," durchaus
melodramatisch, lyrisch. Was in Leipzig aus ihr wird, glaubt man nicht, wenn
man es nicht gesehen und gehört hat, und zwar nicht aus Maugel an gutem Willen,
sondern weil sich die Regie, wie schon gesagt Worden ist, mit Dingen abmüht, vie
dem Gesamtbild nur schaden, und das, was wichtig ist, darüber außer Augen läßt.
Während die Bühne, wie nicht oft genug betont werden kann, jederzeit ein freies,
übersichtliches Bild bieten und alles andre diesem Erfordernis untergeordnet werdeu
soll, ist man in Leipzig bemüht, sie, die dort ohnehin nicht zu groß ist, immer so
viel wie möglich durch angebrachte künstliche Bauten in eine Brvckenlnndschaft zu
verwandeln, sodaß der Schauspieler, wie Mephisto,


bei jedem Schritte
Vor einen Baum, vor einen Felsen rennt.

Kuoni, Werni, Ruodi und ihre Knaben macheu einem den Eindruck von Knechten
und Jungen, die in einer schlecht in Ordnung gehaltnen Numpelkcuumer hantieren,
oder vou Störchen, die im Snlat herumstcigen, und damit Tell die berühmte Frage!


Wer ist der Nimm, der hier um Hilfe fleht?

von dem Absähe eiues hochgelegneu Felsenwegs herunterrufen kann, was in Wahrheit
kein praktischer, hilfsbereiter Alpenjäger tuu würde, ist die Bühne so verengt, daß
sich ein Teil der von den braven Schweizern geführten Gespräche im Hintergründe
wie auf einer kleinen Nebenbühne abwickelt. Den Kuhreiher und das harmonische
Geläut der Herdenglocken, „welches sich auch bei eröffneter Szene noch eine Zeit
lang fortsetzt," bekommt mau nicht zu hören, und der Fischerknabe, der sich in einem
Kahn fährt und dabei nach der Melodie des Kuhreiheus das reizende Lied: „Es
lächelt der See, er ladet zum Bade" singen soll, scheint in Leipzig vou seiner musi¬
kalischen Leistung selbst so wenig erbaut zu sein, daß er es mit einem Verse des grau¬
samen Spieles genng sein läßt. Wenn man, statt die Schaulust des Publikums
mit allerhand überflüssige» Aufbauen zu beschäftigen, die Lieder des Fischerkuabe»,
des Hirten und des Alpenjägers durch geschulte Opernsänger, die sich ja hinter den
Kulissen aufstelle» könnten, singen ließe, fo wäre das bei weitem besser und geschmack¬
voller. Diese erste Szene muß als etwas hauptsächliches angesehen, es muß dem
Zuschauer Zeit gegeben werdeu, sich in die vom Rosental und vom Augustusplatze
so verschiedne Gegend, in die von den seinen so verschiednen Lebens- und Berufs-
gewvhnheiten schweizerischer Fischer, Jäger und Hirte» vor nahezu fünfhundert
Jahren hineinzudenken, und erst wenn dies mit Hilfe von Herdenglocken, Musik
und den schönsten Dekorationen und Menschenstimmen, die man hat auftreiben
können, geschehen ist, kommt der „graue Talvogt heraugebraust, Schatten von
Wolken laufen über die Szene," und das Unwetter, das den See bis in seine
innersten Tiefen aufrühren wird, zieht herauf. Mau suche sich uicht mit der Be¬
merkung herauszureden, der Zuschauer solle sich, da Schillers Tell ein Schauspiel
und keine Oper sei, mit den melischer Leistungen der Schauspieler begnügen und
nicht auch noch die Herbeiziehung von Operukräften verlangen, denn solche Aus¬
reden führen zu nichts, und wenn man das „O wie so sanft" der Oberouschen
Meermädchen durch Tänzerinnen singen ließe, nnter den: Vorwande, daß es sich
dabei um ein auf der Flut Wogen und Gaukeln handle, so würde das Publikum
mit Recht sagen, es könne verlangen, daß die Meermädchen von den schönsten Ballett¬
tänzerinnen getanzt und von den besten Sängerinnen gesungen würden. Wo wirk¬
licher Kunstgenuß in Frage kommt, ist kein Opfer zu groß, wo es sich dagegen
nur um Appareilleu und Versatzstücke aus Pappe und Holz handelt, ist es um jeden
Quadrntzeutimeter Raum, den man der freie» Bewegung der Schauspieler entzieht,
schade.

Natürlich kommen infolge der rechts und links aufgetürmten Felsen die Lnuden-
bergischeu Reiter zu Fuß an, was — jeder Zuschauer empfindet es — die Dring-


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[0044] Leipziger Theaterplauderei sind. Die erste Szene muß durch Musik eingeleitet werden, wenn sie Wirken soll, denn sie ist in ihrem ersten Teile, ehe „sich die Landschaft verändert," durchaus melodramatisch, lyrisch. Was in Leipzig aus ihr wird, glaubt man nicht, wenn man es nicht gesehen und gehört hat, und zwar nicht aus Maugel an gutem Willen, sondern weil sich die Regie, wie schon gesagt Worden ist, mit Dingen abmüht, vie dem Gesamtbild nur schaden, und das, was wichtig ist, darüber außer Augen läßt. Während die Bühne, wie nicht oft genug betont werden kann, jederzeit ein freies, übersichtliches Bild bieten und alles andre diesem Erfordernis untergeordnet werdeu soll, ist man in Leipzig bemüht, sie, die dort ohnehin nicht zu groß ist, immer so viel wie möglich durch angebrachte künstliche Bauten in eine Brvckenlnndschaft zu verwandeln, sodaß der Schauspieler, wie Mephisto, bei jedem Schritte Vor einen Baum, vor einen Felsen rennt. Kuoni, Werni, Ruodi und ihre Knaben macheu einem den Eindruck von Knechten und Jungen, die in einer schlecht in Ordnung gehaltnen Numpelkcuumer hantieren, oder vou Störchen, die im Snlat herumstcigen, und damit Tell die berühmte Frage! Wer ist der Nimm, der hier um Hilfe fleht? von dem Absähe eiues hochgelegneu Felsenwegs herunterrufen kann, was in Wahrheit kein praktischer, hilfsbereiter Alpenjäger tuu würde, ist die Bühne so verengt, daß sich ein Teil der von den braven Schweizern geführten Gespräche im Hintergründe wie auf einer kleinen Nebenbühne abwickelt. Den Kuhreiher und das harmonische Geläut der Herdenglocken, „welches sich auch bei eröffneter Szene noch eine Zeit lang fortsetzt," bekommt mau nicht zu hören, und der Fischerknabe, der sich in einem Kahn fährt und dabei nach der Melodie des Kuhreiheus das reizende Lied: „Es lächelt der See, er ladet zum Bade" singen soll, scheint in Leipzig vou seiner musi¬ kalischen Leistung selbst so wenig erbaut zu sein, daß er es mit einem Verse des grau¬ samen Spieles genng sein läßt. Wenn man, statt die Schaulust des Publikums mit allerhand überflüssige» Aufbauen zu beschäftigen, die Lieder des Fischerkuabe», des Hirten und des Alpenjägers durch geschulte Opernsänger, die sich ja hinter den Kulissen aufstelle» könnten, singen ließe, fo wäre das bei weitem besser und geschmack¬ voller. Diese erste Szene muß als etwas hauptsächliches angesehen, es muß dem Zuschauer Zeit gegeben werdeu, sich in die vom Rosental und vom Augustusplatze so verschiedne Gegend, in die von den seinen so verschiednen Lebens- und Berufs- gewvhnheiten schweizerischer Fischer, Jäger und Hirte» vor nahezu fünfhundert Jahren hineinzudenken, und erst wenn dies mit Hilfe von Herdenglocken, Musik und den schönsten Dekorationen und Menschenstimmen, die man hat auftreiben können, geschehen ist, kommt der „graue Talvogt heraugebraust, Schatten von Wolken laufen über die Szene," und das Unwetter, das den See bis in seine innersten Tiefen aufrühren wird, zieht herauf. Mau suche sich uicht mit der Be¬ merkung herauszureden, der Zuschauer solle sich, da Schillers Tell ein Schauspiel und keine Oper sei, mit den melischer Leistungen der Schauspieler begnügen und nicht auch noch die Herbeiziehung von Operukräften verlangen, denn solche Aus¬ reden führen zu nichts, und wenn man das „O wie so sanft" der Oberouschen Meermädchen durch Tänzerinnen singen ließe, nnter den: Vorwande, daß es sich dabei um ein auf der Flut Wogen und Gaukeln handle, so würde das Publikum mit Recht sagen, es könne verlangen, daß die Meermädchen von den schönsten Ballett¬ tänzerinnen getanzt und von den besten Sängerinnen gesungen würden. Wo wirk¬ licher Kunstgenuß in Frage kommt, ist kein Opfer zu groß, wo es sich dagegen nur um Appareilleu und Versatzstücke aus Pappe und Holz handelt, ist es um jeden Quadrntzeutimeter Raum, den man der freie» Bewegung der Schauspieler entzieht, schade. Natürlich kommen infolge der rechts und links aufgetürmten Felsen die Lnuden- bergischeu Reiter zu Fuß an, was — jeder Zuschauer empfindet es — die Dring-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/44>, abgerufen am 23.11.2024.