Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.Zur Liukommensteucrvei'aulaguNiZ in Preuße" wird verhältnismäßig selten eine Beanstandung vorkommen. Denn die Zahl Daß eine Beanstandung dem, der seine Steuererklärung gewissenhaft, viel¬ Zur Liukommensteucrvei'aulaguNiZ in Preuße» wird verhältnismäßig selten eine Beanstandung vorkommen. Denn die Zahl Daß eine Beanstandung dem, der seine Steuererklärung gewissenhaft, viel¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0480" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224726"/> <fw type="header" place="top"> Zur Liukommensteucrvei'aulaguNiZ in Preuße»</fw><lb/> <p xml:id="ID_1413" prev="#ID_1412"> wird verhältnismäßig selten eine Beanstandung vorkommen. Denn die Zahl<lb/> derer, die hier einen Teil der Einkommensteuer zu hinterziehen beabsichtigen, ist<lb/> jedenfalls sehr klein. Schwieriger aber ist die Feststellung des in dem einzelnen<lb/> Steuerjahre (nach dem Durchschnitt des Ertrags der letzten drei Wirtschafts¬<lb/> jahre) zu versteuernden schwankenden Einkommens, insbesondre ans Handels¬<lb/> und Gewerbe-, aus Landwirtschaftsbetrieb, aus schriftstellerischer, künstlerischer,<lb/> ärztlicher oder Anwaltsthätigkeit, deren Erfolg von unzähligen teils offenkun¬<lb/> diger, überwiegend aber nicht ohne weiteres erkennbaren Umständen — Kon¬<lb/> junkturen — abhängig ist. Diese Feststellung ist vielfach selbst für den sach¬<lb/> verständigsten Kenner eines verwickelten Betriebs so schwierig, daß eine voll¬<lb/> ständige Genauigkeit nicht oder nur schwer erreicht wird, und deshalb liegt auch<lb/> keine Verletzung darin, wenn eine „nach bestem Wissen und Gewissen" abge¬<lb/> gebne Steuererklärung beanstandet wird, und wenn die Steuerbehörden das<lb/> der Erklärung zu Grunde liegende Material, sei es geordnete Buchführung,<lb/> seien es sonstige Beweismittel, einer eingehenden Nachprüfung' unterwerfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1414"> Daß eine Beanstandung dem, der seine Steuererklärung gewissenhaft, viel¬<lb/> leicht in tagelanger Arbeit und nach genauer Berechnung mit Mühe aufgestellt<lb/> hat, peinlich ist und, wenn sie nur zum Beweise der Nichtigkeit der Angaben<lb/> des Zensiten führt, zur Unzufriedenheit gereicht, ist natürlich und kann nichl<lb/> geleugnet werden. Aber die Erfahrungen der Geltungszeit des Gesetzes haben<lb/> deutlich gezeigt, daß die Beanstandung unentbehrlich ist, und daß zahlreiche,<lb/> nach bestem Wissen und Gewissen abgegebne Steuerkläruugen ohne jede Schuld<lb/> des Erklärers infolge durchaus möglicher Irrtümer, namentlich über die be¬<lb/> stehenden Gesetzesbestimmuiigeu, das Steuerpflichtige Einkommen nicht in seinem<lb/> ganzen Umfange dargestellt hatten. Ganz besonders ist das der Fall gewesen<lb/> — das liegt ja in der Natur der Sache — bei allen schwankenden Einnahmen<lb/> aus dem Landwirtschafts- und Gewerbebetrieb, wo eine Buchführung, die jeden<lb/> einzelnen Ertragsposten umfaßte, überhaupt unmöglich oder doch thatsächlich<lb/> nicht vorhanden ist. So mag z. B. in einem Landwirtschaftsbetrieb jeder<lb/> Ausgabeposten (Tagelohn, Anschaffung und Ausbesserung von Inventarien-<lb/> stücken, Vetriebsmaterial usw.) aufgezeichnet werden können; aber eine schrift¬<lb/> liche Fixirung des Ertrags, namentlich alles dessen, was aus der Wirtschaft<lb/> in dem Haushalte des Betriebsinhabers für seine Familie verwandt wird,<lb/> z. B. an Milch, Eiern, Geflügel, Gartenerzengnissen und dergleichen, was<lb/> doch zur steuerpflichtigen Einnahme gehört und uach dem Durchschnittswert<lb/> angerechnet werden muß, wird im allgemeinen durchweg unmöglich sein, und<lb/> insoweit muß dieses Einkommen überall dnrch Schätzung ermittelt werden.<lb/> Daß das aber unter Umständen zutreffender von der Behörde als vom Zensiten<lb/> geschehen wird, kann doch nicht bezweifelt werden, zumal da diese Behörde<lb/> uicht ein Verufsbeamter, sondern eine in der Hauptsache aus Laien gebildete<lb/> Kommission ist.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0480]
Zur Liukommensteucrvei'aulaguNiZ in Preuße»
wird verhältnismäßig selten eine Beanstandung vorkommen. Denn die Zahl
derer, die hier einen Teil der Einkommensteuer zu hinterziehen beabsichtigen, ist
jedenfalls sehr klein. Schwieriger aber ist die Feststellung des in dem einzelnen
Steuerjahre (nach dem Durchschnitt des Ertrags der letzten drei Wirtschafts¬
jahre) zu versteuernden schwankenden Einkommens, insbesondre ans Handels¬
und Gewerbe-, aus Landwirtschaftsbetrieb, aus schriftstellerischer, künstlerischer,
ärztlicher oder Anwaltsthätigkeit, deren Erfolg von unzähligen teils offenkun¬
diger, überwiegend aber nicht ohne weiteres erkennbaren Umständen — Kon¬
junkturen — abhängig ist. Diese Feststellung ist vielfach selbst für den sach¬
verständigsten Kenner eines verwickelten Betriebs so schwierig, daß eine voll¬
ständige Genauigkeit nicht oder nur schwer erreicht wird, und deshalb liegt auch
keine Verletzung darin, wenn eine „nach bestem Wissen und Gewissen" abge¬
gebne Steuererklärung beanstandet wird, und wenn die Steuerbehörden das
der Erklärung zu Grunde liegende Material, sei es geordnete Buchführung,
seien es sonstige Beweismittel, einer eingehenden Nachprüfung' unterwerfen.
Daß eine Beanstandung dem, der seine Steuererklärung gewissenhaft, viel¬
leicht in tagelanger Arbeit und nach genauer Berechnung mit Mühe aufgestellt
hat, peinlich ist und, wenn sie nur zum Beweise der Nichtigkeit der Angaben
des Zensiten führt, zur Unzufriedenheit gereicht, ist natürlich und kann nichl
geleugnet werden. Aber die Erfahrungen der Geltungszeit des Gesetzes haben
deutlich gezeigt, daß die Beanstandung unentbehrlich ist, und daß zahlreiche,
nach bestem Wissen und Gewissen abgegebne Steuerkläruugen ohne jede Schuld
des Erklärers infolge durchaus möglicher Irrtümer, namentlich über die be¬
stehenden Gesetzesbestimmuiigeu, das Steuerpflichtige Einkommen nicht in seinem
ganzen Umfange dargestellt hatten. Ganz besonders ist das der Fall gewesen
— das liegt ja in der Natur der Sache — bei allen schwankenden Einnahmen
aus dem Landwirtschafts- und Gewerbebetrieb, wo eine Buchführung, die jeden
einzelnen Ertragsposten umfaßte, überhaupt unmöglich oder doch thatsächlich
nicht vorhanden ist. So mag z. B. in einem Landwirtschaftsbetrieb jeder
Ausgabeposten (Tagelohn, Anschaffung und Ausbesserung von Inventarien-
stücken, Vetriebsmaterial usw.) aufgezeichnet werden können; aber eine schrift¬
liche Fixirung des Ertrags, namentlich alles dessen, was aus der Wirtschaft
in dem Haushalte des Betriebsinhabers für seine Familie verwandt wird,
z. B. an Milch, Eiern, Geflügel, Gartenerzengnissen und dergleichen, was
doch zur steuerpflichtigen Einnahme gehört und uach dem Durchschnittswert
angerechnet werden muß, wird im allgemeinen durchweg unmöglich sein, und
insoweit muß dieses Einkommen überall dnrch Schätzung ermittelt werden.
Daß das aber unter Umständen zutreffender von der Behörde als vom Zensiten
geschehen wird, kann doch nicht bezweifelt werden, zumal da diese Behörde
uicht ein Verufsbeamter, sondern eine in der Hauptsache aus Laien gebildete
Kommission ist.
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