Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.Der juristische Zopf eine einheitliche Ordnung brächte, dieses Sammelsurium Don Gelegenheits- und Das alles ist ja aber nur natürlich. Wer dem Kreise, in dem er zu Gewiß ist es richtig, daß auch hier der rein technische Betrieb, wie jeder Was ist die natürliche Folgerung aus diesem Sachverhalt? Doch nur Der juristische Zopf eine einheitliche Ordnung brächte, dieses Sammelsurium Don Gelegenheits- und Das alles ist ja aber nur natürlich. Wer dem Kreise, in dem er zu Gewiß ist es richtig, daß auch hier der rein technische Betrieb, wie jeder Was ist die natürliche Folgerung aus diesem Sachverhalt? Doch nur <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0023" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224269"/> <fw type="header" place="top"> Der juristische Zopf</fw><lb/> <p xml:id="ID_64" prev="#ID_63"> eine einheitliche Ordnung brächte, dieses Sammelsurium Don Gelegenheits- und<lb/> Verlegenhcitsbestimmungen zu einem vernünftigen System umarbeitete? Dio¬<lb/> genes, stecke deine Laterne an und suche unter unsern juristischen Eisenbahn-<lb/> becimten, ob du diesen Mann finden kannst! Was haben wir dagegen erlebt!<lb/> Einführung von allerhand Erschwerungen des Verkehrs, die Bahnsteigsperre,<lb/> das nie zu kontrollirende, zweifellos immer wieder Übertretens Verbot der<lb/> Übertragung der ^Rückfahrkarten, die zum Teil geradezu erheiternd wirkende<lb/> Buntheit in der Einzelgestaltung der Rundreise- und Sommerfahrkarten, über<lb/> die ab und zu von der Presse unter der Rubrik „Tarifkuriosa der Eisenbahn¬<lb/> verwaltung" berichtet wird, den unverständlichen Widerstand gegen die Ein¬<lb/> führung der in Süddeutschland längst bestehenden längern Giltigkeit für die<lb/> Rückfahrkarten usw., lauter Maßregeln, die durchaus nicht von volkswirt¬<lb/> schaftlicher Einsicht, wohl aber von einer sehr starken Ausprägung der Ansicht<lb/> Zeugnis ablegen, daß das Eisenbahnwesen ein dankbares Gebiet für den Erlaß<lb/> von allerhand die Bewegungsfreiheit einschränkenden Verordnungen bilde,<lb/> das die Bureaukratie des grünen Tisches sich schlechterdings nicht entgehen<lb/> lassen dürfe.</p><lb/> <p xml:id="ID_65"> Das alles ist ja aber nur natürlich. Wer dem Kreise, in dem er zu<lb/> thun hat, innerlich sern steht, der hält sich an die Äußerlichkeiten. Das ist<lb/> die eigentliche Signatur unsrer Eisenbahnbüreaukratie. Sie verfällt um so<lb/> eher auf die Ausbrütung solcher verkehrshindernder „Reglements," als der<lb/> laufende Geschäftsbetrieb hinsichtlich des Verkehrs ja nur dem Namen nach in<lb/> den Händen der juristischen Regierungsräte, in Wahrheit in den Händen der<lb/> Eisenbahnsekretäre ruht; diese verrichten — das ist ein öffentliches Geheimnis —<lb/> die laufende Arbeit thatsächlich fast ganz selbständig.</p><lb/> <p xml:id="ID_66"> Gewiß ist es richtig, daß auch hier der rein technische Betrieb, wie jeder<lb/> einseitige Betrieb, die Gefahr in sich birgt, den Blick zu verengen. Ebenso ist<lb/> es zweifellos, daß die Bedürfnisse des technischen Betriebs nur die eine Seite<lb/> des Eisenbahnwesens bilden, und daß eine entscheidende Bedeutung darin die<lb/> kaufmännisch-volkswirtschaftliche Seite hat. Aber eine juristische Seite läßt<lb/> sich dem Eisenbahnbetrieb eigentlich nirgends abgewinnen, auf keinen Fall spielt<lb/> das Recht darin eine Hauptrolle.</p><lb/> <p xml:id="ID_67" next="#ID_68"> Was ist die natürliche Folgerung aus diesem Sachverhalt? Doch nur<lb/> die, daß die Eisenbahnbehörden aus Männern von betriebstechnischer und von<lb/> kaufmännisch-volkswirtschaftlicher Vorbildung zusammengesetzt sein, daß in die<lb/> leitenden Stellen Männer berufen werden müßten, die, aus der einen dieser<lb/> beiden Klassen hervorgegangen, doch auch für die andre Seite sich den nötigen<lb/> freien Blick bewahrt haben. Diese volkswirtschaftlich-kaufmännische Vorbildung<lb/> aber wäre jedenfalls andrer Art, als die, über die unsre Eisenbahnasfessoren<lb/> zur Zeit verfügen. Es würde zweckmäßigerweise eine halb akademische, halb<lb/> aus der Kenntnis des praktischen Lebens hervorgegangn Bildung sein müssen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0023]
Der juristische Zopf
eine einheitliche Ordnung brächte, dieses Sammelsurium Don Gelegenheits- und
Verlegenhcitsbestimmungen zu einem vernünftigen System umarbeitete? Dio¬
genes, stecke deine Laterne an und suche unter unsern juristischen Eisenbahn-
becimten, ob du diesen Mann finden kannst! Was haben wir dagegen erlebt!
Einführung von allerhand Erschwerungen des Verkehrs, die Bahnsteigsperre,
das nie zu kontrollirende, zweifellos immer wieder Übertretens Verbot der
Übertragung der ^Rückfahrkarten, die zum Teil geradezu erheiternd wirkende
Buntheit in der Einzelgestaltung der Rundreise- und Sommerfahrkarten, über
die ab und zu von der Presse unter der Rubrik „Tarifkuriosa der Eisenbahn¬
verwaltung" berichtet wird, den unverständlichen Widerstand gegen die Ein¬
führung der in Süddeutschland längst bestehenden längern Giltigkeit für die
Rückfahrkarten usw., lauter Maßregeln, die durchaus nicht von volkswirt¬
schaftlicher Einsicht, wohl aber von einer sehr starken Ausprägung der Ansicht
Zeugnis ablegen, daß das Eisenbahnwesen ein dankbares Gebiet für den Erlaß
von allerhand die Bewegungsfreiheit einschränkenden Verordnungen bilde,
das die Bureaukratie des grünen Tisches sich schlechterdings nicht entgehen
lassen dürfe.
Das alles ist ja aber nur natürlich. Wer dem Kreise, in dem er zu
thun hat, innerlich sern steht, der hält sich an die Äußerlichkeiten. Das ist
die eigentliche Signatur unsrer Eisenbahnbüreaukratie. Sie verfällt um so
eher auf die Ausbrütung solcher verkehrshindernder „Reglements," als der
laufende Geschäftsbetrieb hinsichtlich des Verkehrs ja nur dem Namen nach in
den Händen der juristischen Regierungsräte, in Wahrheit in den Händen der
Eisenbahnsekretäre ruht; diese verrichten — das ist ein öffentliches Geheimnis —
die laufende Arbeit thatsächlich fast ganz selbständig.
Gewiß ist es richtig, daß auch hier der rein technische Betrieb, wie jeder
einseitige Betrieb, die Gefahr in sich birgt, den Blick zu verengen. Ebenso ist
es zweifellos, daß die Bedürfnisse des technischen Betriebs nur die eine Seite
des Eisenbahnwesens bilden, und daß eine entscheidende Bedeutung darin die
kaufmännisch-volkswirtschaftliche Seite hat. Aber eine juristische Seite läßt
sich dem Eisenbahnbetrieb eigentlich nirgends abgewinnen, auf keinen Fall spielt
das Recht darin eine Hauptrolle.
Was ist die natürliche Folgerung aus diesem Sachverhalt? Doch nur
die, daß die Eisenbahnbehörden aus Männern von betriebstechnischer und von
kaufmännisch-volkswirtschaftlicher Vorbildung zusammengesetzt sein, daß in die
leitenden Stellen Männer berufen werden müßten, die, aus der einen dieser
beiden Klassen hervorgegangen, doch auch für die andre Seite sich den nötigen
freien Blick bewahrt haben. Diese volkswirtschaftlich-kaufmännische Vorbildung
aber wäre jedenfalls andrer Art, als die, über die unsre Eisenbahnasfessoren
zur Zeit verfügen. Es würde zweckmäßigerweise eine halb akademische, halb
aus der Kenntnis des praktischen Lebens hervorgegangn Bildung sein müssen,
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