Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Fabrikinspektoren zunehmen. Auch der leiseste Schein, als ob die obersten Träger Die Erhöhung der Offiziersgehalte. Endlich scheint es Ernst zu werden Nun wenden sich verschiedne Stimmen gegen die Art der Gehaltserhöhung Wenn man den Sekondeleutnant von der Gehaltserhöhung ausschließt, so läßt Maßgebliches und Unmaßgebliches Fabrikinspektoren zunehmen. Auch der leiseste Schein, als ob die obersten Träger Die Erhöhung der Offiziersgehalte. Endlich scheint es Ernst zu werden Nun wenden sich verschiedne Stimmen gegen die Art der Gehaltserhöhung Wenn man den Sekondeleutnant von der Gehaltserhöhung ausschließt, so läßt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0210" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224456"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_553" prev="#ID_552"> Fabrikinspektoren zunehmen. Auch der leiseste Schein, als ob die obersten Träger<lb/> der Staatsgewalt heute von Arbeitgebereinflüssen, morgen vom Gegenteil beherrscht<lb/> würden, ist verderblich. Dos sollte auch Herr von Stumm nie vergessen. Nicht<lb/> in Jahr und Tag wird ein Erfolg zu erreichen sein, und nie vollständig, ideal.<lb/> Wer das verlangt und nur dann zugreifen will, der versteht die Aufgabe nicht.<lb/> Aber aus der gefährlichen Krisis, aus der zur Auslösung führenden Verwirrung<lb/> tonnen wir in Deutschland noch herauskomme», wenn der Staat und in ihm die<lb/> noch nicht unheilbar Verrannten aufwachen und ihre Pflicht thun. Das wünschen<lb/> wir im Interesse des „neuen" Kurses.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Die Erhöhung der Offiziersgehalte. </head> <p xml:id="ID_554"> Endlich scheint es Ernst zu werden<lb/> mit der Erhöhung der Offiziersgehnlte. Die Stimmen der öffentlichen Blätter<lb/> stellen sich der seit Jahren immer brennender gewordnen Frage im allgemeinen<lb/> nicht' mehr so feindlich gegenüber. Muß es doch selbst dem Blödester endlich klar<lb/> werden, daß nicht „Militarismus" die Anforderung an deu Reichstag stellt, die<lb/> Thätigkeit der Offiziere entsprechend der aufgewendeten geistigen und körperlichen<lb/> Anstrengung und im richtigen Verhältnis zu den heutigen Lebensgewohnheiten zu<lb/> belohnen. Der Offizierberuf ist gewiß ein idealer. Aber die Zeiten sind vorüber,<lb/> wo der Heerbann aufgeboten wurde, während Führer und Mannschaften in Friedens¬<lb/> zeiten ihren Unterhalt mit friedlicher Beschäftigung erwarben. Der Offizierstand<lb/> ergänzt sich ans allen Ständen; wer den-Beruf ergreift, ergreift thu auf Lebenszeit<lb/> und will damit auch seinen Unterhalt erwerben. Daß die Besoldung der Offiziere<lb/> aber seit Jahrzehnten nicht mehr zu ihrem Unterhalt ausreicht, darüber ist wohl<lb/> niemand im Zweifel. Ebenso wenig kann bei unsern Finanzverhältnissen ein<lb/> Zweifel bestehen, daß die Mittel zu der Gehaltserhöhung flüssig gemacht werden<lb/> können.</p><lb/> <p xml:id="ID_555"> Nun wenden sich verschiedne Stimmen gegen die Art der Gehaltserhöhung<lb/> und ihre Grenzen. Bis jetzt verlautet darüber, daß die Erhöhung die Gehalte der<lb/> Premierleutnauts, der Hauptleute und der Stabsoffiziere bis zu deu Regiments¬<lb/> kommandeuren und Obersten umfassen soll. Da ist es zunächst doch wohl richtig,<lb/> daß die niedern Grade bedacht werden sollen. Denn der Hanptnachteil der jetzigen<lb/> Gehaltsverhältnisse ist der, daß die niedern Grade, namentlich Leutnants und Haupt-<lb/> leute zweiter Klasse mit ihrem jetzigen Gehalt anerkanntermaßen auch beim besten<lb/> Willen und einer oft asketischen Lebensweise nicht auskomme» könne». Sie müssen<lb/> Eltern und Verwandte — und das ist oft noch der günstigste Fall — in Anspruch<lb/> nehmen, und sobald sie in die höhern Gehaltsstufen vom Hauptmann erster Klasse<lb/> an eingerückt sind, an das Abzählen denken. Glücklich die, denen das gelingt, und<lb/> die nicht dnrch schwierige Verhältnisse, Krankheiten in der eignen Familie usw. ver¬<lb/> hindert werden, ihre Schulden zu tilgen. Sonst kommen sie nie zur Ruhe und<lb/> zum Genusse des Gehalts der höhern Stellen. Derartige Zustände aber wirken<lb/> auf die Freudigkeit im Dienste, und mancher, der mit Leib und Seele Soldat ist,<lb/> sieht sich genötigt, vorzeitig auszuscheiden.</p><lb/> <p xml:id="ID_556" next="#ID_557"> Wenn man den Sekondeleutnant von der Gehaltserhöhung ausschließt, so läßt<lb/> sich dagegen im ganzen dess'ath nichts einwenden, weil er meist i» dem Alter steht,<lb/> wo die Söhne auch in andern Ständen noch der väterlichen Unterstützung bedürfen.<lb/> Der Premierleuwant aber steht bereits den Dreißigern nahe oder schon drin. Er<lb/> muß von seinem Gehalte leben können, und dazu ist die bestimmte Summe, man<lb/> spricht von 1800 Mark jährlich, also 160 Mark monatlich, wahrlich nicht zu viel.<lb/> Bekommt doch ein einigermaßen brauchbarer Kaufmannsdiener ebenso visi, ohne daß</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0210]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Fabrikinspektoren zunehmen. Auch der leiseste Schein, als ob die obersten Träger
der Staatsgewalt heute von Arbeitgebereinflüssen, morgen vom Gegenteil beherrscht
würden, ist verderblich. Dos sollte auch Herr von Stumm nie vergessen. Nicht
in Jahr und Tag wird ein Erfolg zu erreichen sein, und nie vollständig, ideal.
Wer das verlangt und nur dann zugreifen will, der versteht die Aufgabe nicht.
Aber aus der gefährlichen Krisis, aus der zur Auslösung führenden Verwirrung
tonnen wir in Deutschland noch herauskomme», wenn der Staat und in ihm die
noch nicht unheilbar Verrannten aufwachen und ihre Pflicht thun. Das wünschen
wir im Interesse des „neuen" Kurses.
Die Erhöhung der Offiziersgehalte. Endlich scheint es Ernst zu werden
mit der Erhöhung der Offiziersgehnlte. Die Stimmen der öffentlichen Blätter
stellen sich der seit Jahren immer brennender gewordnen Frage im allgemeinen
nicht' mehr so feindlich gegenüber. Muß es doch selbst dem Blödester endlich klar
werden, daß nicht „Militarismus" die Anforderung an deu Reichstag stellt, die
Thätigkeit der Offiziere entsprechend der aufgewendeten geistigen und körperlichen
Anstrengung und im richtigen Verhältnis zu den heutigen Lebensgewohnheiten zu
belohnen. Der Offizierberuf ist gewiß ein idealer. Aber die Zeiten sind vorüber,
wo der Heerbann aufgeboten wurde, während Führer und Mannschaften in Friedens¬
zeiten ihren Unterhalt mit friedlicher Beschäftigung erwarben. Der Offizierstand
ergänzt sich ans allen Ständen; wer den-Beruf ergreift, ergreift thu auf Lebenszeit
und will damit auch seinen Unterhalt erwerben. Daß die Besoldung der Offiziere
aber seit Jahrzehnten nicht mehr zu ihrem Unterhalt ausreicht, darüber ist wohl
niemand im Zweifel. Ebenso wenig kann bei unsern Finanzverhältnissen ein
Zweifel bestehen, daß die Mittel zu der Gehaltserhöhung flüssig gemacht werden
können.
Nun wenden sich verschiedne Stimmen gegen die Art der Gehaltserhöhung
und ihre Grenzen. Bis jetzt verlautet darüber, daß die Erhöhung die Gehalte der
Premierleutnauts, der Hauptleute und der Stabsoffiziere bis zu deu Regiments¬
kommandeuren und Obersten umfassen soll. Da ist es zunächst doch wohl richtig,
daß die niedern Grade bedacht werden sollen. Denn der Hanptnachteil der jetzigen
Gehaltsverhältnisse ist der, daß die niedern Grade, namentlich Leutnants und Haupt-
leute zweiter Klasse mit ihrem jetzigen Gehalt anerkanntermaßen auch beim besten
Willen und einer oft asketischen Lebensweise nicht auskomme» könne». Sie müssen
Eltern und Verwandte — und das ist oft noch der günstigste Fall — in Anspruch
nehmen, und sobald sie in die höhern Gehaltsstufen vom Hauptmann erster Klasse
an eingerückt sind, an das Abzählen denken. Glücklich die, denen das gelingt, und
die nicht dnrch schwierige Verhältnisse, Krankheiten in der eignen Familie usw. ver¬
hindert werden, ihre Schulden zu tilgen. Sonst kommen sie nie zur Ruhe und
zum Genusse des Gehalts der höhern Stellen. Derartige Zustände aber wirken
auf die Freudigkeit im Dienste, und mancher, der mit Leib und Seele Soldat ist,
sieht sich genötigt, vorzeitig auszuscheiden.
Wenn man den Sekondeleutnant von der Gehaltserhöhung ausschließt, so läßt
sich dagegen im ganzen dess'ath nichts einwenden, weil er meist i» dem Alter steht,
wo die Söhne auch in andern Ständen noch der väterlichen Unterstützung bedürfen.
Der Premierleuwant aber steht bereits den Dreißigern nahe oder schon drin. Er
muß von seinem Gehalte leben können, und dazu ist die bestimmte Summe, man
spricht von 1800 Mark jährlich, also 160 Mark monatlich, wahrlich nicht zu viel.
Bekommt doch ein einigermaßen brauchbarer Kaufmannsdiener ebenso visi, ohne daß
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