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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Unsre postdampferliiiien

Südseelinie und entsprechende Kürzung der Beihilfe zu verhandeln. Wie sich
aus der Begründung ergab, zielte der Antrag auch auf die Ablehnung der
von der Negierung in Aussicht genommnen Linie Sunda-Neuguinea ab. Nach¬
dem aber der Staatssekretär des Neichspostamts in mehreren Reden die wirt¬
schaftliche Bedeutung der geplanten Linie dargelegt und auf die aussichtsreiche
Zukunft Neuguineas hingewiesen hatte, wurde die Vorlage vom Reichstage
unverändert angenommen.

Ans Grund des am 20. Mürz 1893 vom Kaiser vollzognen Gesetzes
schloß dann der Reichskanzler mit dem Norddeutschen Lloyd am 10. und 15. Mai
1893 ein Nachtragsabkommen zu dem ursprünglichen Vertrage ab. Von den
Bestimmungen dieses Abkommens gehen uns hier nur die über die dem Unter¬
nehmer bewilligte Beihilfe und über den Fahrplan der Sunda-Neuguinealinie
an. Die dem Norddeutschen Lloyd für die gesamten Verbindlichkeiten zustehende
Vergütung wurde auf 4090000 Mark vereinbart, und zwar mit der Be¬
stimmung, daß diese Vergütung um den Betrag von 5,55 Mark sür die See¬
meile erhöht oder gekürzt werden sollte, wenn der Reichskanzler das Anlaufen
andrer als der in dem Abkommen bezeichneten Häfen verlange und dadurch
eine Verlängerung oder Verkürzung des Kurses (Hin- und Rückreise zusammen¬
genommen) um mehr als 250 Seemeilen herbeigeführt werde. Ein geringerer
Unterschied sollte eine Änderung der Vergütung nicht zur Folge haben. Der
von den Dampfern der neuen Linie einzuhaltende Fahrplan wurde folgender-
maßen festgesetzt: Die Fahrten finden in Zeitabftnnden von je acht Wochen
statt. Die Dampfer haben auf der in Singapore entspringenden und endigenden
Fahrt Vatavici und sonstige Häfen des Sundaarchipels, ferner die wichtigsten
Häfen Neuguineas, nämlich Friedrich-Wilhelmshafen, Stephansort und Finsch-
hafen, sowie Herbertshöh auf der zum Bismarckarchipel gehörenden Insel
Neupommern anzukaufen. Diese Vertragsbestimmungen sind noch heute in
Kraft; auch sind weitere Änderungen in den für die verschiednen Linien ver¬
einbarten Fahrplänen bisher nicht vorgenommen worden.

Wie wir gesehen haben, war die Besitzergreifung mehrerer Gebiete an der
Westküste Afrikas der Grund gewesen, in dem Gesetzentwurfe, der dem Reichs¬
tage am 20. November 1884 vorgelegt worden war, auch für eine Beihilfe
zur Unterhaltung einer Dampferlinie nach Westafrika zu sorgen; die Erwerbung
von Kolonien an der Ostküste Afrikas veranlaßte fünf Jahre später die Neichs-
regierung, mit dem Plane der Unterstützung einer Dampferlinie nach den Hafen¬
plätzen der Ostküste hervorzutreten. Auf einem kühnen Zuge, den Dr. Peters,
Jühlke und Graf Pfeil im Auftrage der "Gesellschaft für deutsche Kolonisation"
im November 1884 von Sansibar aus uuterncchmen, um in Ostafrika Land
zu erwerben, schlössen sie mit den Sultauen der Bergländer Useguha, Nguru
Ussagara und Ukami Schutzverträge ub; schon am 27. Februar 1885 wurde
der erwerbenden Gesellschaft, die sich nun "Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft"


Unsre postdampferliiiien

Südseelinie und entsprechende Kürzung der Beihilfe zu verhandeln. Wie sich
aus der Begründung ergab, zielte der Antrag auch auf die Ablehnung der
von der Negierung in Aussicht genommnen Linie Sunda-Neuguinea ab. Nach¬
dem aber der Staatssekretär des Neichspostamts in mehreren Reden die wirt¬
schaftliche Bedeutung der geplanten Linie dargelegt und auf die aussichtsreiche
Zukunft Neuguineas hingewiesen hatte, wurde die Vorlage vom Reichstage
unverändert angenommen.

Ans Grund des am 20. Mürz 1893 vom Kaiser vollzognen Gesetzes
schloß dann der Reichskanzler mit dem Norddeutschen Lloyd am 10. und 15. Mai
1893 ein Nachtragsabkommen zu dem ursprünglichen Vertrage ab. Von den
Bestimmungen dieses Abkommens gehen uns hier nur die über die dem Unter¬
nehmer bewilligte Beihilfe und über den Fahrplan der Sunda-Neuguinealinie
an. Die dem Norddeutschen Lloyd für die gesamten Verbindlichkeiten zustehende
Vergütung wurde auf 4090000 Mark vereinbart, und zwar mit der Be¬
stimmung, daß diese Vergütung um den Betrag von 5,55 Mark sür die See¬
meile erhöht oder gekürzt werden sollte, wenn der Reichskanzler das Anlaufen
andrer als der in dem Abkommen bezeichneten Häfen verlange und dadurch
eine Verlängerung oder Verkürzung des Kurses (Hin- und Rückreise zusammen¬
genommen) um mehr als 250 Seemeilen herbeigeführt werde. Ein geringerer
Unterschied sollte eine Änderung der Vergütung nicht zur Folge haben. Der
von den Dampfern der neuen Linie einzuhaltende Fahrplan wurde folgender-
maßen festgesetzt: Die Fahrten finden in Zeitabftnnden von je acht Wochen
statt. Die Dampfer haben auf der in Singapore entspringenden und endigenden
Fahrt Vatavici und sonstige Häfen des Sundaarchipels, ferner die wichtigsten
Häfen Neuguineas, nämlich Friedrich-Wilhelmshafen, Stephansort und Finsch-
hafen, sowie Herbertshöh auf der zum Bismarckarchipel gehörenden Insel
Neupommern anzukaufen. Diese Vertragsbestimmungen sind noch heute in
Kraft; auch sind weitere Änderungen in den für die verschiednen Linien ver¬
einbarten Fahrplänen bisher nicht vorgenommen worden.

Wie wir gesehen haben, war die Besitzergreifung mehrerer Gebiete an der
Westküste Afrikas der Grund gewesen, in dem Gesetzentwurfe, der dem Reichs¬
tage am 20. November 1884 vorgelegt worden war, auch für eine Beihilfe
zur Unterhaltung einer Dampferlinie nach Westafrika zu sorgen; die Erwerbung
von Kolonien an der Ostküste Afrikas veranlaßte fünf Jahre später die Neichs-
regierung, mit dem Plane der Unterstützung einer Dampferlinie nach den Hafen¬
plätzen der Ostküste hervorzutreten. Auf einem kühnen Zuge, den Dr. Peters,
Jühlke und Graf Pfeil im Auftrage der „Gesellschaft für deutsche Kolonisation"
im November 1884 von Sansibar aus uuterncchmen, um in Ostafrika Land
zu erwerben, schlössen sie mit den Sultauen der Bergländer Useguha, Nguru
Ussagara und Ukami Schutzverträge ub; schon am 27. Februar 1885 wurde
der erwerbenden Gesellschaft, die sich nun „Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft"


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/120>, abgerufen am 27.09.2024.