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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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gegen die Feinde der Religion gebrauche, hätten die Könige in ihren Arsenälen
sorgfältig aufzustapeln; wer das bisher versäumt habe, sei mit Unkenntniß ent¬
schuldigt; es sei aber sehr wichtig!

Schon die abassidischen Khalifen hatten ein eigenes Korps der Naffat^n
(Naphthafeuerwerker), dessen Mitglieder angeblich mit feuerfestem Gewändern be¬
kleidet waren ^ die ihnen gestatteten, durch brennende Trümmer u. dergl. vor¬
zudringen.

Dies sind die wichtigsten Angaben, welche sich über die alte Pyrotechnik
erhalten haben. Ihnen mögen sich einige historische Daten über den Gebrauch
von Feuerwaffen vom 10. Jahrhundert bis gegen Ende der Kreuzzüge anreihen.

941 verbrennen die Griechen einen Theil der Flotte des russischen Czaren Igor
mit Feuer, das aus Rohren ausgestoßen wird, und das die Moskowiter dem
Blitze vergleichen.
1073 greift König Salomon von Ungarn Belgrad mit Feuerrohren an.
1085 haben die Tunisier auf ihren Schiffen Maschinen, und denen sie unter Donner¬
geräusch Feuer schleudern.
1147 verwenden die Araber Feuerröhre gegen Lissabon.
1148 benutzt Plantagenet bei der Belagerung von Montreuil-Bellay griechisches Feuer.
1193 wendet Philipp Angust's Ingenieur Gaubert griechisches Feuer an, um die
englischen Schiffe auf der Rhede von Dieppe zu bekämpfen.
1203 verbrennt Gaubert die Palissadirung von les Andelys mit Feuerwerks-
kvrpern.
1227 wird in einer die Gerechtsame des Hotel-Dieu zu Paris bestimmenden Ordon¬
nanz 1", r<zod.srvlts an salxetrs erwähnt.
1232 bekämpfen sich Tataren und Chinesen mit Feuerrohren.
1238 beschießt Jakob 1. von Aragon Valencia mit brandstiftenden Geschossen.
1247 vertheidigt sich Sevilla außer mit den gewöhnlichen Kriegsmaschinen auch noch
mit Donnermaschinen, deren Projektile die Rüstungen von Mann und Roß
durchdringen.
1249 haben die Aegypter Geschosse, welche Skorpione genannt werden und aus
einer mit Nitrinpulver gefüllten, festgeschnürten Cartouche bestehen; sie steigen
empor, brausen, leuchten und brennen.
1290 belagern die Aegypter Ptolemais mit 300 Maschinen, welche griechisches
Feuer werfen.

Daß die Orientalen und insbesondere die Aegypter so Hervorragendes in
der Pyrotechnik leisteten, hat seinen Hauptgrund wohl darin, daß sich in
Alexandrien, trotz der Zerstörung der weltberühmten Bibliothek, ein wissen¬
schaftliches Leben erhalten hatte, wie es, Konstantinopel ausgenommen, sonst
do'llig ohne Gleichen war. Und doch -- wie kindlich erscheinen uns die chemi¬
schen Vorstellungen der gelehrten Araber! Ihre Theorie von der Pulverwir-


gegen die Feinde der Religion gebrauche, hätten die Könige in ihren Arsenälen
sorgfältig aufzustapeln; wer das bisher versäumt habe, sei mit Unkenntniß ent¬
schuldigt; es sei aber sehr wichtig!

Schon die abassidischen Khalifen hatten ein eigenes Korps der Naffat^n
(Naphthafeuerwerker), dessen Mitglieder angeblich mit feuerfestem Gewändern be¬
kleidet waren ^ die ihnen gestatteten, durch brennende Trümmer u. dergl. vor¬
zudringen.

Dies sind die wichtigsten Angaben, welche sich über die alte Pyrotechnik
erhalten haben. Ihnen mögen sich einige historische Daten über den Gebrauch
von Feuerwaffen vom 10. Jahrhundert bis gegen Ende der Kreuzzüge anreihen.

941 verbrennen die Griechen einen Theil der Flotte des russischen Czaren Igor
mit Feuer, das aus Rohren ausgestoßen wird, und das die Moskowiter dem
Blitze vergleichen.
1073 greift König Salomon von Ungarn Belgrad mit Feuerrohren an.
1085 haben die Tunisier auf ihren Schiffen Maschinen, und denen sie unter Donner¬
geräusch Feuer schleudern.
1147 verwenden die Araber Feuerröhre gegen Lissabon.
1148 benutzt Plantagenet bei der Belagerung von Montreuil-Bellay griechisches Feuer.
1193 wendet Philipp Angust's Ingenieur Gaubert griechisches Feuer an, um die
englischen Schiffe auf der Rhede von Dieppe zu bekämpfen.
1203 verbrennt Gaubert die Palissadirung von les Andelys mit Feuerwerks-
kvrpern.
1227 wird in einer die Gerechtsame des Hotel-Dieu zu Paris bestimmenden Ordon¬
nanz 1», r<zod.srvlts an salxetrs erwähnt.
1232 bekämpfen sich Tataren und Chinesen mit Feuerrohren.
1238 beschießt Jakob 1. von Aragon Valencia mit brandstiftenden Geschossen.
1247 vertheidigt sich Sevilla außer mit den gewöhnlichen Kriegsmaschinen auch noch
mit Donnermaschinen, deren Projektile die Rüstungen von Mann und Roß
durchdringen.
1249 haben die Aegypter Geschosse, welche Skorpione genannt werden und aus
einer mit Nitrinpulver gefüllten, festgeschnürten Cartouche bestehen; sie steigen
empor, brausen, leuchten und brennen.
1290 belagern die Aegypter Ptolemais mit 300 Maschinen, welche griechisches
Feuer werfen.

Daß die Orientalen und insbesondere die Aegypter so Hervorragendes in
der Pyrotechnik leisteten, hat seinen Hauptgrund wohl darin, daß sich in
Alexandrien, trotz der Zerstörung der weltberühmten Bibliothek, ein wissen¬
schaftliches Leben erhalten hatte, wie es, Konstantinopel ausgenommen, sonst
do'llig ohne Gleichen war. Und doch — wie kindlich erscheinen uns die chemi¬
schen Vorstellungen der gelehrten Araber! Ihre Theorie von der Pulverwir-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/357>, abgerufen am 27.09.2024.