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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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zeug an. Das Maß des zweiten Madfaa muß bis zu dem Loche reichen it. h.
der durch die Mündung getriebene Holzpfropf muß bis unter das Zündloch reichen);
geht er tiefer herab, so wäre das ein Fehler. Der Schütze nehme sich Wohl
in Acht!"

Den Zeichnungen nach ist die Seele des Madfaa in der Regel ebenso breit
als tief.

Während alle die bisher aufgeführten Feuerwerkskörper und auch der
Madfaa als Handwaffen gebraucht wurden, waren bombenartige Geschosse
bestimmt, bei Belagerungen mit Wurfmaschinen über die Mauern geschleu¬
dert zu werden. Diese Geschosse erscheinen als eiserne Kesselgefäße ver¬
schiedenster Gestalt mit Oeffnungen, welche die Flammen hervorschlagen ließen.*)
Bei dem sogenannten "Feuer-El" war ein Gefäß dieser Art, jedoch in leichterer
Hülle, mit zwei Raketen in Verbindung gebracht, welche das El bewegten,
sodaß es keiner Wurfmaschine bedürfte. Ein Manuskript der Petersburger
Bibliothek, welches aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts stammt, und
dessen Verfasser wahrscheinlich Sehens-Eddin-Mohcimmed ist, bringt mehrere
Feuerwaffen entschieden modernen Prinzipes: Zunächst den schon bekannten
hölzernen Madfaa, dann aber auch eine Handschußwaffe, von der es heißt:
"Beschreibung einer Lanze, aus der du, wenn du angesichts des Feindes bist,
einen Pfeil hervorgehen lassen kannst, der sich sogleich in seine Brust heften
wird." Es scheint dies eine Nachahmung der chinesischen Waffe zu sein, welche
im 13. Jahrhundert unter dem Namen "To-lo-tsiang" vorkommt und als ein
mit Pulver und Schrot geladenes Bambusrohr geschildert wird.**) Schems-
Eddin-Mohammed beschreibt die Anfertigung eines solchen Feuerrohres. Er
empfiehlt, eine dicke Lanze ihrer Länge nach in einer Weite von etwa 4 Fingern
auszuhöhlen und einen kleinen eisernen Madfaa hineinzuthun. Dieser und
ebenso die Lanze müssen an einer Seite durchbohrt sein, und hier seien Madfaa
und Rohr durch einen seidenen Faden zusammenzubinden, der den Madfaa in
der Lanze zurückhalte, während der Pfeil hinausgeschleudert werde. Schon aus




*) Ganz ähnlich erscheint das chinesische "ho-pao" (Schlcudcrfeuer), von dem der Jesuit
Gaubil berichtet. Es wurde zuerst 1232 bei der Belagerung von Kai-foung-fu angewendet.
Die geworfenen Geschosse hatten die Gestalt von Schröpfköpfen und sie explodirten mit
einem Knalle, den man 10 Meilen weit hörte.
**) Es heißt nämlich in der Geschichte der Dynastie sung: "Im ersten Jahre der
Periode Kai-Khing (1259 n, Chr.) stellte man die "tho-lo-tsiang" genannte Waffe her, d> h.
die Lanze des ungestümen Feuers. Dabei ward in ein langes Bambusrohr eine Handvoll
Körner eingeführt; dann wurde Feuer daran gelegt, eine heftige Flamme brach hervor, und
zuletzt wurden die Körner mit einem Geräusche wie das eines Pao's hinausgestoßen und
verbreiteten sich auf eine Enfernung von ungefähr 160 Schritt." (Rveusil ass 24 Kiswriens
I" VIüuv 127, 14.) "Pao" ist eine Maschine, mit welcher Steine geschleudert wurden.
zeug an. Das Maß des zweiten Madfaa muß bis zu dem Loche reichen it. h.
der durch die Mündung getriebene Holzpfropf muß bis unter das Zündloch reichen);
geht er tiefer herab, so wäre das ein Fehler. Der Schütze nehme sich Wohl
in Acht!"

Den Zeichnungen nach ist die Seele des Madfaa in der Regel ebenso breit
als tief.

Während alle die bisher aufgeführten Feuerwerkskörper und auch der
Madfaa als Handwaffen gebraucht wurden, waren bombenartige Geschosse
bestimmt, bei Belagerungen mit Wurfmaschinen über die Mauern geschleu¬
dert zu werden. Diese Geschosse erscheinen als eiserne Kesselgefäße ver¬
schiedenster Gestalt mit Oeffnungen, welche die Flammen hervorschlagen ließen.*)
Bei dem sogenannten „Feuer-El" war ein Gefäß dieser Art, jedoch in leichterer
Hülle, mit zwei Raketen in Verbindung gebracht, welche das El bewegten,
sodaß es keiner Wurfmaschine bedürfte. Ein Manuskript der Petersburger
Bibliothek, welches aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts stammt, und
dessen Verfasser wahrscheinlich Sehens-Eddin-Mohcimmed ist, bringt mehrere
Feuerwaffen entschieden modernen Prinzipes: Zunächst den schon bekannten
hölzernen Madfaa, dann aber auch eine Handschußwaffe, von der es heißt:
„Beschreibung einer Lanze, aus der du, wenn du angesichts des Feindes bist,
einen Pfeil hervorgehen lassen kannst, der sich sogleich in seine Brust heften
wird." Es scheint dies eine Nachahmung der chinesischen Waffe zu sein, welche
im 13. Jahrhundert unter dem Namen „To-lo-tsiang" vorkommt und als ein
mit Pulver und Schrot geladenes Bambusrohr geschildert wird.**) Schems-
Eddin-Mohammed beschreibt die Anfertigung eines solchen Feuerrohres. Er
empfiehlt, eine dicke Lanze ihrer Länge nach in einer Weite von etwa 4 Fingern
auszuhöhlen und einen kleinen eisernen Madfaa hineinzuthun. Dieser und
ebenso die Lanze müssen an einer Seite durchbohrt sein, und hier seien Madfaa
und Rohr durch einen seidenen Faden zusammenzubinden, der den Madfaa in
der Lanze zurückhalte, während der Pfeil hinausgeschleudert werde. Schon aus




*) Ganz ähnlich erscheint das chinesische „ho-pao" (Schlcudcrfeuer), von dem der Jesuit
Gaubil berichtet. Es wurde zuerst 1232 bei der Belagerung von Kai-foung-fu angewendet.
Die geworfenen Geschosse hatten die Gestalt von Schröpfköpfen und sie explodirten mit
einem Knalle, den man 10 Meilen weit hörte.
**) Es heißt nämlich in der Geschichte der Dynastie sung: „Im ersten Jahre der
Periode Kai-Khing (1259 n, Chr.) stellte man die „tho-lo-tsiang" genannte Waffe her, d> h.
die Lanze des ungestümen Feuers. Dabei ward in ein langes Bambusrohr eine Handvoll
Körner eingeführt; dann wurde Feuer daran gelegt, eine heftige Flamme brach hervor, und
zuletzt wurden die Körner mit einem Geräusche wie das eines Pao's hinausgestoßen und
verbreiteten sich auf eine Enfernung von ungefähr 160 Schritt." (Rveusil ass 24 Kiswriens
I» VIüuv 127, 14.) „Pao" ist eine Maschine, mit welcher Steine geschleudert wurden.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/355>, abgerufen am 27.09.2024.