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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Als Baumeister der von 1616--1640 erbauten Pfarrkirche in Schnee¬
berg, die in ihrem Hauptplan mit der Annaberger ziemlich übereinstimmt,
wird für die erste Zeit des Bauens ein Meister Hans, für die spätere Fabian
Lobwasser genannt. Der künstlerische Schmuck der Kirche stammt zum
großen Theil erst aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert und ist
daher vom Herausgeber nicht mit abgebildet worden. Das Altarbild aber,
das Mittelstück eines jetzt zerlegten und in der Kirche vertheilten Flügelaltars
vom Jahre 1639 hätte Wohl eine besondere Aufnahme verdient, denn es gehört
zu den allerhervorragendsten Schöpfungen Cranach's;*) ebenso eins oder das
andere der von Martin Krodelum 1680 gemalten, nach Waagen's Urtheil
zum Theil sehr bemerkenswerthen Apostelbilder.

Die Daten, die Andreas über die Erbauung der Marienkirche inZwickau
beibringt, sind richtig. Wenn er von dem Thurme sagt, daß er "noch vor
1406 datirt". so ist das wohl nur ein Druckfehler. Der Herausgeber kann
doch nur meinen, daß nur der Thurm noch aus der Zeit vor dem großen
Brande stamme; dieser fällt aber, wie er vorher selber angeführt, ins Jahr
1403. Wer eine Beschreibung der Kirche und ihrer Bildwerke, vor allem
des Wolgemut'schen Altars sucht, der muß sich wieder an Puttrich (a. a. O.
S. 34 fg.) und an Waagen (a. a. O. S. 61 fg.) wenden. Daß der Altar
übrigens zu den schwächeren Leistungen aus Wolgemut's Werkstatt zählt"),
daß das sogenannte "Heilige Grab", von welchem Tafel 60 einige Theile
bringt, ein großer, aus Lindenholz geschnitzter Sarkophag ist, daß die an der
Thür desselben befindliche Inschrift lautet: "Anno domini 1607 jar ist daß
grad gemacht", und daß daher das eben daselbst befindliche Monogramm M. R.
nicht, wie Waagen annahm, auf den wegen seiner zahlreichen frommen Stiftungen
noch heute verehrten Martin Römer. "Hauptmann zu Zwickau", der nach
urkundlicher Nachricht auch bei Wolgemut den Altar bestellte, sich beziehen
kann, da dieser bereits 1483 starb***), sondern, wie schon das dabei stehende
Schnitzerzeichen beweist, den Namen des Bildschnitzers bezeichnen muß, dies
wie so vieles andere sucht man in den Erläuterungen des Herausgebers
vergebens.

Auf die auf Tafel 29--30 wiedergegebnen Baudenkmäler aus Dip-
poldiswalde die Aufmerksamkeit zum ersten Male gelenkt zu haben, ist
ein Verdienst Andreae's. Blatt 29 zeigt das Aeußere der Stadtkirche, Blatt
30 und 31 Außen- und Jnnensicht der Nicolaikirche auf dem Begräbnißplatze,





'1 Vgl. über diesen Altar Schuchardt, Cranach II, S. 112 -- 122 und über seine merk¬
würdigen Schicksale im dreißigjährigen Kriege das Archiv sür die sächsische Geschichte VII, S. 428
") Vgl. M. Thausing, Dürer. S. 58.
Vgl. über ihn die Mittheilungen des Freiberger Alterthumsvereins auf das Jahr 1869,
S. 721, aber auch S. 72V.
Grenzboten IV. 1876. 63

Als Baumeister der von 1616—1640 erbauten Pfarrkirche in Schnee¬
berg, die in ihrem Hauptplan mit der Annaberger ziemlich übereinstimmt,
wird für die erste Zeit des Bauens ein Meister Hans, für die spätere Fabian
Lobwasser genannt. Der künstlerische Schmuck der Kirche stammt zum
großen Theil erst aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert und ist
daher vom Herausgeber nicht mit abgebildet worden. Das Altarbild aber,
das Mittelstück eines jetzt zerlegten und in der Kirche vertheilten Flügelaltars
vom Jahre 1639 hätte Wohl eine besondere Aufnahme verdient, denn es gehört
zu den allerhervorragendsten Schöpfungen Cranach's;*) ebenso eins oder das
andere der von Martin Krodelum 1680 gemalten, nach Waagen's Urtheil
zum Theil sehr bemerkenswerthen Apostelbilder.

Die Daten, die Andreas über die Erbauung der Marienkirche inZwickau
beibringt, sind richtig. Wenn er von dem Thurme sagt, daß er „noch vor
1406 datirt". so ist das wohl nur ein Druckfehler. Der Herausgeber kann
doch nur meinen, daß nur der Thurm noch aus der Zeit vor dem großen
Brande stamme; dieser fällt aber, wie er vorher selber angeführt, ins Jahr
1403. Wer eine Beschreibung der Kirche und ihrer Bildwerke, vor allem
des Wolgemut'schen Altars sucht, der muß sich wieder an Puttrich (a. a. O.
S. 34 fg.) und an Waagen (a. a. O. S. 61 fg.) wenden. Daß der Altar
übrigens zu den schwächeren Leistungen aus Wolgemut's Werkstatt zählt"),
daß das sogenannte „Heilige Grab", von welchem Tafel 60 einige Theile
bringt, ein großer, aus Lindenholz geschnitzter Sarkophag ist, daß die an der
Thür desselben befindliche Inschrift lautet: „Anno domini 1607 jar ist daß
grad gemacht", und daß daher das eben daselbst befindliche Monogramm M. R.
nicht, wie Waagen annahm, auf den wegen seiner zahlreichen frommen Stiftungen
noch heute verehrten Martin Römer. „Hauptmann zu Zwickau", der nach
urkundlicher Nachricht auch bei Wolgemut den Altar bestellte, sich beziehen
kann, da dieser bereits 1483 starb***), sondern, wie schon das dabei stehende
Schnitzerzeichen beweist, den Namen des Bildschnitzers bezeichnen muß, dies
wie so vieles andere sucht man in den Erläuterungen des Herausgebers
vergebens.

Auf die auf Tafel 29—30 wiedergegebnen Baudenkmäler aus Dip-
poldiswalde die Aufmerksamkeit zum ersten Male gelenkt zu haben, ist
ein Verdienst Andreae's. Blatt 29 zeigt das Aeußere der Stadtkirche, Blatt
30 und 31 Außen- und Jnnensicht der Nicolaikirche auf dem Begräbnißplatze,





'1 Vgl. über diesen Altar Schuchardt, Cranach II, S. 112 — 122 und über seine merk¬
würdigen Schicksale im dreißigjährigen Kriege das Archiv sür die sächsische Geschichte VII, S. 428
") Vgl. M. Thausing, Dürer. S. 58.
Vgl. über ihn die Mittheilungen des Freiberger Alterthumsvereins auf das Jahr 1869,
S. 721, aber auch S. 72V.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/501>, abgerufen am 27.09.2024.