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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Europa viel verbrettete Meinung, zu den Manilacigarren werde Opium ver¬
wendet, ist grundlos.

Von den amerikanischen Tabaken wird der aus Maryland sowie der
aus Ohio, welcher einen gewürzhaften, rauchartigen Duft hat, größtentheils
zu Schneidegut verwendet, da er zu Cigarren nicht fein genug ist. Massen
davon gehen nach Holland, Schweden und Rußland. Der virginische Tabak,
dessen beste Sorte am Jamesflusse wächst, liefert Carotten gut und wird zu
mittelmäßigem Rauchtabak verarbeitet. Der von Kentucky findet vielfach die¬
selbe Verwendung, eignet sich aber auch zur Ctgarrenfabrikation und wird be¬
sonders oft zu Deckblättern genommen. Dasselbe ist vom Seedleaf zu sagen,
einer Tabakssorte, die vorzüglich in Ohio, Connecticut und Pennsylvanien
cultivirt wird und aus Cuba-Samen gezogen ist. Der Tabak von Florida
giebt schönfarbige, zarte, große Deckblätter zu Mittelcigarren. Brasiltabak
eignet sich ebenfalls sehr gut zur Verarbeitung in Cigarren und liefert den
Fabrikanten sowohl Deckblätter und Umblätter als Einlagen. Der beste
Rauchtabak ist der Varinas, früher nach den Körben, in denen man ihn ver¬
schickte, Canaster genannt; er kommt aus Venezuela, und seine Blätter eignen
sich nicht zur Anfertigung von Cigarren, wogegen andere Tabake Venezuelas,
wie Laguayra, Npata und Cumanacoa, trotzdem, daß sie von geringerer
Qualität sind und oft nicht brennen, vielfach bei der Cigarrenfabrication ver¬
wendet werden. Dasselbe/ gilt von dem Esmeralda, der aus Ecuador kommt
Besser und zum Theil sehr gut sind die Tabake von Neugranada: der Giron
Columbia und der diesem sehr ähnliche Palmyra, ferner der Carmen Colum¬
bia und vor Allem der Columbia Ambalema, der in der Provinz Cundina-
Marca gebaut wird und die beliebteste Sorte zur Cigarrenfabrication ist. Er
zeichnet sich durch milden, angenehmen Geschmack und ziemlich feinen Geruch
aus, brennt in der Regel tadellos und wird deshalb mit Havanna- oder
Cuba-Einlage zu feinen Marken verarbeitet, liefert aber auch mit geringerer
Einlage eine rauchbare Mittelcigarre. Ein gutes Deckblatt, bisweilen auch
Schneidegut giebt der Tabak von Domingo, während der von Portorico
nächst dem Varinas den feinsten Rauchtabak liefert.

Die edelsten Cigarren nach Farbe, Geruch und Geschmack erhalten wir
aus der Havanna. Der feinste Tabak wird hier in der Vuelta d' Abajo
(wörtlich: Wendung nach unten) gebaut, welche das Gebiet der kleinen Flüsse
umfaßt, die von den Sierras de los Organos und del Rosario nach der
Südküste hinströmen, und unter denen der Rio Hondo der bedeutendste ist.
Die bekanntesten Ortschaften dieses Bezirks sind San Diego, San Juan de
Atartinez und Pirat de Rio. Die vorzüglichsten Plantagen (spanisch: Vegas)
^egen in den Thälern, welche in den Sommermonaten durch tägliche Regen¬
güsse unter Wasser gesetzt werden, namentlich auf der Fläche, die der Cupa"


Europa viel verbrettete Meinung, zu den Manilacigarren werde Opium ver¬
wendet, ist grundlos.

Von den amerikanischen Tabaken wird der aus Maryland sowie der
aus Ohio, welcher einen gewürzhaften, rauchartigen Duft hat, größtentheils
zu Schneidegut verwendet, da er zu Cigarren nicht fein genug ist. Massen
davon gehen nach Holland, Schweden und Rußland. Der virginische Tabak,
dessen beste Sorte am Jamesflusse wächst, liefert Carotten gut und wird zu
mittelmäßigem Rauchtabak verarbeitet. Der von Kentucky findet vielfach die¬
selbe Verwendung, eignet sich aber auch zur Ctgarrenfabrikation und wird be¬
sonders oft zu Deckblättern genommen. Dasselbe ist vom Seedleaf zu sagen,
einer Tabakssorte, die vorzüglich in Ohio, Connecticut und Pennsylvanien
cultivirt wird und aus Cuba-Samen gezogen ist. Der Tabak von Florida
giebt schönfarbige, zarte, große Deckblätter zu Mittelcigarren. Brasiltabak
eignet sich ebenfalls sehr gut zur Verarbeitung in Cigarren und liefert den
Fabrikanten sowohl Deckblätter und Umblätter als Einlagen. Der beste
Rauchtabak ist der Varinas, früher nach den Körben, in denen man ihn ver¬
schickte, Canaster genannt; er kommt aus Venezuela, und seine Blätter eignen
sich nicht zur Anfertigung von Cigarren, wogegen andere Tabake Venezuelas,
wie Laguayra, Npata und Cumanacoa, trotzdem, daß sie von geringerer
Qualität sind und oft nicht brennen, vielfach bei der Cigarrenfabrication ver¬
wendet werden. Dasselbe/ gilt von dem Esmeralda, der aus Ecuador kommt
Besser und zum Theil sehr gut sind die Tabake von Neugranada: der Giron
Columbia und der diesem sehr ähnliche Palmyra, ferner der Carmen Colum¬
bia und vor Allem der Columbia Ambalema, der in der Provinz Cundina-
Marca gebaut wird und die beliebteste Sorte zur Cigarrenfabrication ist. Er
zeichnet sich durch milden, angenehmen Geschmack und ziemlich feinen Geruch
aus, brennt in der Regel tadellos und wird deshalb mit Havanna- oder
Cuba-Einlage zu feinen Marken verarbeitet, liefert aber auch mit geringerer
Einlage eine rauchbare Mittelcigarre. Ein gutes Deckblatt, bisweilen auch
Schneidegut giebt der Tabak von Domingo, während der von Portorico
nächst dem Varinas den feinsten Rauchtabak liefert.

Die edelsten Cigarren nach Farbe, Geruch und Geschmack erhalten wir
aus der Havanna. Der feinste Tabak wird hier in der Vuelta d' Abajo
(wörtlich: Wendung nach unten) gebaut, welche das Gebiet der kleinen Flüsse
umfaßt, die von den Sierras de los Organos und del Rosario nach der
Südküste hinströmen, und unter denen der Rio Hondo der bedeutendste ist.
Die bekanntesten Ortschaften dieses Bezirks sind San Diego, San Juan de
Atartinez und Pirat de Rio. Die vorzüglichsten Plantagen (spanisch: Vegas)
^egen in den Thälern, welche in den Sommermonaten durch tägliche Regen¬
güsse unter Wasser gesetzt werden, namentlich auf der Fläche, die der Cupa»


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[0391] Europa viel verbrettete Meinung, zu den Manilacigarren werde Opium ver¬ wendet, ist grundlos. Von den amerikanischen Tabaken wird der aus Maryland sowie der aus Ohio, welcher einen gewürzhaften, rauchartigen Duft hat, größtentheils zu Schneidegut verwendet, da er zu Cigarren nicht fein genug ist. Massen davon gehen nach Holland, Schweden und Rußland. Der virginische Tabak, dessen beste Sorte am Jamesflusse wächst, liefert Carotten gut und wird zu mittelmäßigem Rauchtabak verarbeitet. Der von Kentucky findet vielfach die¬ selbe Verwendung, eignet sich aber auch zur Ctgarrenfabrikation und wird be¬ sonders oft zu Deckblättern genommen. Dasselbe ist vom Seedleaf zu sagen, einer Tabakssorte, die vorzüglich in Ohio, Connecticut und Pennsylvanien cultivirt wird und aus Cuba-Samen gezogen ist. Der Tabak von Florida giebt schönfarbige, zarte, große Deckblätter zu Mittelcigarren. Brasiltabak eignet sich ebenfalls sehr gut zur Verarbeitung in Cigarren und liefert den Fabrikanten sowohl Deckblätter und Umblätter als Einlagen. Der beste Rauchtabak ist der Varinas, früher nach den Körben, in denen man ihn ver¬ schickte, Canaster genannt; er kommt aus Venezuela, und seine Blätter eignen sich nicht zur Anfertigung von Cigarren, wogegen andere Tabake Venezuelas, wie Laguayra, Npata und Cumanacoa, trotzdem, daß sie von geringerer Qualität sind und oft nicht brennen, vielfach bei der Cigarrenfabrication ver¬ wendet werden. Dasselbe/ gilt von dem Esmeralda, der aus Ecuador kommt Besser und zum Theil sehr gut sind die Tabake von Neugranada: der Giron Columbia und der diesem sehr ähnliche Palmyra, ferner der Carmen Colum¬ bia und vor Allem der Columbia Ambalema, der in der Provinz Cundina- Marca gebaut wird und die beliebteste Sorte zur Cigarrenfabrication ist. Er zeichnet sich durch milden, angenehmen Geschmack und ziemlich feinen Geruch aus, brennt in der Regel tadellos und wird deshalb mit Havanna- oder Cuba-Einlage zu feinen Marken verarbeitet, liefert aber auch mit geringerer Einlage eine rauchbare Mittelcigarre. Ein gutes Deckblatt, bisweilen auch Schneidegut giebt der Tabak von Domingo, während der von Portorico nächst dem Varinas den feinsten Rauchtabak liefert. Die edelsten Cigarren nach Farbe, Geruch und Geschmack erhalten wir aus der Havanna. Der feinste Tabak wird hier in der Vuelta d' Abajo (wörtlich: Wendung nach unten) gebaut, welche das Gebiet der kleinen Flüsse umfaßt, die von den Sierras de los Organos und del Rosario nach der Südküste hinströmen, und unter denen der Rio Hondo der bedeutendste ist. Die bekanntesten Ortschaften dieses Bezirks sind San Diego, San Juan de Atartinez und Pirat de Rio. Die vorzüglichsten Plantagen (spanisch: Vegas) ^egen in den Thälern, welche in den Sommermonaten durch tägliche Regen¬ güsse unter Wasser gesetzt werden, namentlich auf der Fläche, die der Cupa»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/391>, abgerufen am 27.09.2024.