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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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gebaut, ist wenig aromatisch, sehr narkotisch und liefert hauptsächlich Schnupf¬
tabak. Dieselben Eigenschaften besitzt der französische, der aus den Departe¬
ments Jsle et Vilaine, Lot, Lot et Garonne, Nord, Pas de Calais, Bouches
du RH6ne, Var und Gironde kommt, und dem der von Algier beizuzählen
ist, wo man schon 1832 zwei Millionen Kilogramme Tabak erzeugte. Der
beste deutsche Tabak wird in der Gegend von Worms, Speyer und Mann¬
heim gebaut. Er erfreut sich starken Absatzes nach dem Auslande, besonders
nach Oesterreich, Spanien, England und (in fertigen Cigarren) selbst nach
den Vereinigten Staaten. Der ungarische Tabak zeichnet sich durch gute
Farbe und Wohlgeruch aus, was namentlich von dem aus der Nachbarschaft
von Fünfkirchen gilt. Der türkische Tabak, der gewöhnlich geschnitten, aber
seit einiger Zeit auch viel in Blättern in den Handel kommt, zerfällt in sehr
verschiedene Sorten, von denen die besten in Macedonien und Bosnien er¬
zeugt werden. Der Jawasch ist mild, der Orta mittelstark, der Dunbar Ukko
scharf, der sert sehr stark. Besonders beliebt ist der hochgelbe Giobek und
dur lichtbraune Sultansky, Wohlfeilere türkische Tabake sind der dunkle
Samsun und der hellere Basra. Verwandt mit dem türkischen ist der syrische
Tabak oder Latakiah, der in drei Klassen zerfällt: Dschebeli, die vornehmste,
die auf den Vorbergen des Taurus wächst, ihren Wohlgeruch aber durch
Räucherung über Feuern erhält, auf welche Aloe, Sandelholz, Bernstein, Benzoe-
harz und ähnliche aromatische Stoffe geworfen werden, Suri und Beledi (Land¬
oder Bauerntabak). Dschebeli und Suri werden in Häuten frisch geschlachteter
Gazellen verpackt und haben (vom Rauche, dem man sie ausgesetzt hat) eine
dunkelbraune Farbe, während der Beledi grünlich aussieht. Der persische
Tabak oder Tumbekt ist sehr mild und wird nur aus Wasserpfeifen (Nargileh
oder Schischi) geraucht, und zwar zieht man den Dampf dabei im Orient
nicht blos in den Mund, sondern in die Lunge ein.

Indische Tabake sind der Akayab und der Cortngo, beide aus dem eng¬
lischen Ostindien, der Javatabak, der meist zu Cigarren verarbeitet wird, ein
schönes Deckblatt liefert und sich durch einen eigenthümlichen gewürzhaften
Geruch auszeichnet, endlich der Manilatabak, der ebenfalls größtentheils zur
Fabrikation von Cigarren verwendet wird, vortrefflich brennt und einen
außerordentlich milden und lieblichen Geruch und Geschmack besitzt. Er
wird auf den Inseln des malayischen Archipels und in ganz Indien fast
ausschließlich geraucht, und es werden von ihm jährlich an tausend Millionen
Stück Cigarren und über hunderttausend Centner Blätter auf den Markt
gebracht. Die Regierung kauft die ganze Ernte von den Pflanzern um einen
festgesetzten Preis und läßt sodann in drei großen Fabriken mit etwa 20,000
Arbeitern die Cigarren anfertigen, wozu sonst niemand befugt ist. Die in


gebaut, ist wenig aromatisch, sehr narkotisch und liefert hauptsächlich Schnupf¬
tabak. Dieselben Eigenschaften besitzt der französische, der aus den Departe¬
ments Jsle et Vilaine, Lot, Lot et Garonne, Nord, Pas de Calais, Bouches
du RH6ne, Var und Gironde kommt, und dem der von Algier beizuzählen
ist, wo man schon 1832 zwei Millionen Kilogramme Tabak erzeugte. Der
beste deutsche Tabak wird in der Gegend von Worms, Speyer und Mann¬
heim gebaut. Er erfreut sich starken Absatzes nach dem Auslande, besonders
nach Oesterreich, Spanien, England und (in fertigen Cigarren) selbst nach
den Vereinigten Staaten. Der ungarische Tabak zeichnet sich durch gute
Farbe und Wohlgeruch aus, was namentlich von dem aus der Nachbarschaft
von Fünfkirchen gilt. Der türkische Tabak, der gewöhnlich geschnitten, aber
seit einiger Zeit auch viel in Blättern in den Handel kommt, zerfällt in sehr
verschiedene Sorten, von denen die besten in Macedonien und Bosnien er¬
zeugt werden. Der Jawasch ist mild, der Orta mittelstark, der Dunbar Ukko
scharf, der sert sehr stark. Besonders beliebt ist der hochgelbe Giobek und
dur lichtbraune Sultansky, Wohlfeilere türkische Tabake sind der dunkle
Samsun und der hellere Basra. Verwandt mit dem türkischen ist der syrische
Tabak oder Latakiah, der in drei Klassen zerfällt: Dschebeli, die vornehmste,
die auf den Vorbergen des Taurus wächst, ihren Wohlgeruch aber durch
Räucherung über Feuern erhält, auf welche Aloe, Sandelholz, Bernstein, Benzoe-
harz und ähnliche aromatische Stoffe geworfen werden, Suri und Beledi (Land¬
oder Bauerntabak). Dschebeli und Suri werden in Häuten frisch geschlachteter
Gazellen verpackt und haben (vom Rauche, dem man sie ausgesetzt hat) eine
dunkelbraune Farbe, während der Beledi grünlich aussieht. Der persische
Tabak oder Tumbekt ist sehr mild und wird nur aus Wasserpfeifen (Nargileh
oder Schischi) geraucht, und zwar zieht man den Dampf dabei im Orient
nicht blos in den Mund, sondern in die Lunge ein.

Indische Tabake sind der Akayab und der Cortngo, beide aus dem eng¬
lischen Ostindien, der Javatabak, der meist zu Cigarren verarbeitet wird, ein
schönes Deckblatt liefert und sich durch einen eigenthümlichen gewürzhaften
Geruch auszeichnet, endlich der Manilatabak, der ebenfalls größtentheils zur
Fabrikation von Cigarren verwendet wird, vortrefflich brennt und einen
außerordentlich milden und lieblichen Geruch und Geschmack besitzt. Er
wird auf den Inseln des malayischen Archipels und in ganz Indien fast
ausschließlich geraucht, und es werden von ihm jährlich an tausend Millionen
Stück Cigarren und über hunderttausend Centner Blätter auf den Markt
gebracht. Die Regierung kauft die ganze Ernte von den Pflanzern um einen
festgesetzten Preis und läßt sodann in drei großen Fabriken mit etwa 20,000
Arbeitern die Cigarren anfertigen, wozu sonst niemand befugt ist. Die in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/390>, abgerufen am 27.09.2024.