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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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und mühsam, wirft aber auch bisweilen hohe Erträge ab, und immer ist sie
lohnend, wenn der Preis für den Centner nicht unter 6 Thaler herabgeht.
Die frischen Tabaksblätter enthalten, wie alle Pflanzentheile, Prolötnkörperchen,
welche beim Rauchen die Verbrennung hindern und den üblen Geruch ver¬
breiten, den man "Kneller" nennt. Zur Entfernung derselben dient eine
Gährung, das "Schwitzen", die dadurch bewirkt wird, daß man die getrockneten
Blätter anfeuchtet und dann auf einander schichtet, wodurch zugleich ein
Theil des später zu besprechenden Nicotins entfernt wird.

Die zum Rauchen bestimmten Blätter werden entweder nach vorgängiger
Anfeuchtung auf einer Maschine zu Kraustabak zerschnitten oder in der
Spinnmühle zu Rollentabak gedreht oder zu Cigarren verarbeitet. In letzterem
Falle werden zunächst den Blättern, nachdem sie naß gemacht worden, die
Hauptrippen genommen und die entrippten Blätter über einander gelegt und
gepreßt. Die so zugerichteten Blätter geben die äußerste Umhüllung der
Cigarre, das Deckblatt. Unter diesem liegt das nicht entrippte Umblatt,
und dann folgt als Innerstes die Einlage, die, während das Deck- und Um¬
blatt im feuchten Zustande verarbeitet werden, sorgfältig trocken gehalten
wird. Manche Tabakssvrten erfordern noch eine besondere Behandlung. Der
fette Kentucky - Tabak z. B. muß vor der Verarbeitung erst vierundzwanzig
Stunden in Wasser eingeweicht und dann ausgepreßt und getrocknet werden,
durch welchen Proceß er den größten Theil seiner narkotischen Bestandtheile
verliert. Andere in Klumpen zusammengedrückte Tabake, wie der schwere bra¬
silianische, können nicht eher zu Cigarren verarbeitet werden, als bis sie durch
Dämpfe aufgelockert sind. Die zur Einlage bestimmten Blätter werden der
Länge nach in die Hand genommen und in das Umblatt gewickelt, worauf
der Arbeiter das einen schmalen Streifen bildende Deckblatt spiralförmig
darum windet und das eine Ende zu einer Spitze zusammendreht, die mit
einem aus Stärkemehl und Cichorien bestehenden Klebstoff haltbar gemacht
wird. Die fertigen Cigarren legt man auf "Horden", d. h. mit Leinwand
oder Bindfaden überspannte Rahmen, damit sie einigermaßen trocknen. Dann
folgt das Sortiren nach der Farbe, deren Verschiedenheit die verschiedene
Güte der Cigarre ausdrückt. Manche Sorte zerfällt in zwanzig und mehr
Nuancen, im Allgemeinen aber gilt, daß die braunen Cigarren die besten
sind. Je mehr ihre Farbe sich einerseits dem Gelb, andrerseits dem Schwarz
nähert, desto weniger taugen sie nach Geruch und Geschmack. Auch ein
fahles Grün verspricht nichts Gutes. Zu fest gewickelte Cigarren brennen
ebenso schlecht wie zu locker gearbeitete, jene lassen zu wenig Luft hindurch,
bei diesen kommt der Rauch zu heiß in den Mund, auch brennen sie leicht
schief. Von der Horde kommen die Cigarren in Kistchen von Cedernholz,
in denen sie an einem luftigen, trocknen und warmen, aber nicht heißen Orte


und mühsam, wirft aber auch bisweilen hohe Erträge ab, und immer ist sie
lohnend, wenn der Preis für den Centner nicht unter 6 Thaler herabgeht.
Die frischen Tabaksblätter enthalten, wie alle Pflanzentheile, Prolötnkörperchen,
welche beim Rauchen die Verbrennung hindern und den üblen Geruch ver¬
breiten, den man „Kneller" nennt. Zur Entfernung derselben dient eine
Gährung, das „Schwitzen", die dadurch bewirkt wird, daß man die getrockneten
Blätter anfeuchtet und dann auf einander schichtet, wodurch zugleich ein
Theil des später zu besprechenden Nicotins entfernt wird.

Die zum Rauchen bestimmten Blätter werden entweder nach vorgängiger
Anfeuchtung auf einer Maschine zu Kraustabak zerschnitten oder in der
Spinnmühle zu Rollentabak gedreht oder zu Cigarren verarbeitet. In letzterem
Falle werden zunächst den Blättern, nachdem sie naß gemacht worden, die
Hauptrippen genommen und die entrippten Blätter über einander gelegt und
gepreßt. Die so zugerichteten Blätter geben die äußerste Umhüllung der
Cigarre, das Deckblatt. Unter diesem liegt das nicht entrippte Umblatt,
und dann folgt als Innerstes die Einlage, die, während das Deck- und Um¬
blatt im feuchten Zustande verarbeitet werden, sorgfältig trocken gehalten
wird. Manche Tabakssvrten erfordern noch eine besondere Behandlung. Der
fette Kentucky - Tabak z. B. muß vor der Verarbeitung erst vierundzwanzig
Stunden in Wasser eingeweicht und dann ausgepreßt und getrocknet werden,
durch welchen Proceß er den größten Theil seiner narkotischen Bestandtheile
verliert. Andere in Klumpen zusammengedrückte Tabake, wie der schwere bra¬
silianische, können nicht eher zu Cigarren verarbeitet werden, als bis sie durch
Dämpfe aufgelockert sind. Die zur Einlage bestimmten Blätter werden der
Länge nach in die Hand genommen und in das Umblatt gewickelt, worauf
der Arbeiter das einen schmalen Streifen bildende Deckblatt spiralförmig
darum windet und das eine Ende zu einer Spitze zusammendreht, die mit
einem aus Stärkemehl und Cichorien bestehenden Klebstoff haltbar gemacht
wird. Die fertigen Cigarren legt man auf „Horden", d. h. mit Leinwand
oder Bindfaden überspannte Rahmen, damit sie einigermaßen trocknen. Dann
folgt das Sortiren nach der Farbe, deren Verschiedenheit die verschiedene
Güte der Cigarre ausdrückt. Manche Sorte zerfällt in zwanzig und mehr
Nuancen, im Allgemeinen aber gilt, daß die braunen Cigarren die besten
sind. Je mehr ihre Farbe sich einerseits dem Gelb, andrerseits dem Schwarz
nähert, desto weniger taugen sie nach Geruch und Geschmack. Auch ein
fahles Grün verspricht nichts Gutes. Zu fest gewickelte Cigarren brennen
ebenso schlecht wie zu locker gearbeitete, jene lassen zu wenig Luft hindurch,
bei diesen kommt der Rauch zu heiß in den Mund, auch brennen sie leicht
schief. Von der Horde kommen die Cigarren in Kistchen von Cedernholz,
in denen sie an einem luftigen, trocknen und warmen, aber nicht heißen Orte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/388>, abgerufen am 27.09.2024.