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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Tabaksfabriken, und die Zahl der Verkaufsstellen für deren Producte beträgt
in Paris über 1200."

Wieder ein anderer Statistiker will herausgerechnet haben, daß man im
Jahre 1874 in Frankreich rund 742 Millionen Cigarren und 468 Millionen
Cigaretten geraucht hätte, woraus, angenommen, daß alle Franzosen mit
Einschluß der Weiber und Kinder dieser Gewohnheit huldigten, folgen würde,
daß bei unsern Nachbarn in diesem Jahre jedermann seine 20 Cigarren
nebst 13 Cigaretten consumirt hätte.

In Oesterreich wurden in den letzten Jahren durchschnittlich etwa tausend
Millionen Cigarren jährlich in Asche verwandelt, an welcher Metamorphose
Wien allein mit zweiundfünfzig Millionen Stück betheiligt war. Im Laufe
des letzten Decenniums hat sich die Nachfrage nach Cigarren hier, wie wohl
allerwärts, namentlich in Mitteldeutschland, um hundert Procent gesteigert
und die nach Rollen - und Kraustabak im Verhältniß hierzu vermindert.
Die meisten Cigarren raucht wohl schon seit geraumer Zeit Hamburg, dessen
Bevölkerung sich zu der von Wien wie 1 zu 3 verhält, während sein jährlicher
Cigarrenverbrauch auf 18 Millionen Stück veranschlagt worden ist. Die
wenigsten Tabaksläden endlich unter allen Großstädten Europas hat Rom
aufzuweisen.

Der Tabak ist eine Pflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse
mit großen, weichen, abwechselnden Blättern und trichterförmigen fünflappigen
Blüthen, die in Rispen am Ende des Stengels stehen und fünf Staubgefäße
enthalten. Die Früchte sind Kapseln mit zwei bis vier Fächern und vielen
Samenkörnern. Man hat einige fünfzig Arten beschrieben, die aber nur
Varietäten von einigen Hauptarten sind. Dahin gehören der virginische oder
gemeine, der Maryland- und der Bauern- oder Veilchentabak. Der virginische
Tabak wird 5 bis 6 Fuß hoch, ist mit drüsigen Haaren bedeckt und hat 6
bis 18 Zoll lange und 4 bis 8 Zoll breite, lanzettförmig zugespitzte Blätter,
deren Adern von der Mittelrippe im spitzen Winkel verlaufen, und rosenrothe
Glockenblumen in weit ausgebretteten Rispen. Die besten Varietäten sind
der breitblätterige, der weißrippige mit aufrechtstehenden, der Hängetabak mit
ungestielten hängenden Blättern und der Baumeanaster, dessen Blätter gestielt
sind. Der Maryland-Tabak hat zunächst einen dickeren Stengel als der vir¬
ginische, dann eiförmige spitzzulaufende Blätter, deren Adern sich von der
Mittelrippe fast im rechten Winkel nach dem Rande hinziehen, und deren
herzförmige Basis geöhrt ist, endlich rothe Blüthen, die dicht beisammen
stehen. Seine bekanntesten Varietäten sind der Straßburger und der amersforter,
der podolische, der ungarische und der türkische Tabak. Der Bauerntabak hat
gestielte, eirunde, stumpfe Blätter und grünlich-gelbe Blüthen mit abgerundeten


Tabaksfabriken, und die Zahl der Verkaufsstellen für deren Producte beträgt
in Paris über 1200."

Wieder ein anderer Statistiker will herausgerechnet haben, daß man im
Jahre 1874 in Frankreich rund 742 Millionen Cigarren und 468 Millionen
Cigaretten geraucht hätte, woraus, angenommen, daß alle Franzosen mit
Einschluß der Weiber und Kinder dieser Gewohnheit huldigten, folgen würde,
daß bei unsern Nachbarn in diesem Jahre jedermann seine 20 Cigarren
nebst 13 Cigaretten consumirt hätte.

In Oesterreich wurden in den letzten Jahren durchschnittlich etwa tausend
Millionen Cigarren jährlich in Asche verwandelt, an welcher Metamorphose
Wien allein mit zweiundfünfzig Millionen Stück betheiligt war. Im Laufe
des letzten Decenniums hat sich die Nachfrage nach Cigarren hier, wie wohl
allerwärts, namentlich in Mitteldeutschland, um hundert Procent gesteigert
und die nach Rollen - und Kraustabak im Verhältniß hierzu vermindert.
Die meisten Cigarren raucht wohl schon seit geraumer Zeit Hamburg, dessen
Bevölkerung sich zu der von Wien wie 1 zu 3 verhält, während sein jährlicher
Cigarrenverbrauch auf 18 Millionen Stück veranschlagt worden ist. Die
wenigsten Tabaksläden endlich unter allen Großstädten Europas hat Rom
aufzuweisen.

Der Tabak ist eine Pflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse
mit großen, weichen, abwechselnden Blättern und trichterförmigen fünflappigen
Blüthen, die in Rispen am Ende des Stengels stehen und fünf Staubgefäße
enthalten. Die Früchte sind Kapseln mit zwei bis vier Fächern und vielen
Samenkörnern. Man hat einige fünfzig Arten beschrieben, die aber nur
Varietäten von einigen Hauptarten sind. Dahin gehören der virginische oder
gemeine, der Maryland- und der Bauern- oder Veilchentabak. Der virginische
Tabak wird 5 bis 6 Fuß hoch, ist mit drüsigen Haaren bedeckt und hat 6
bis 18 Zoll lange und 4 bis 8 Zoll breite, lanzettförmig zugespitzte Blätter,
deren Adern von der Mittelrippe im spitzen Winkel verlaufen, und rosenrothe
Glockenblumen in weit ausgebretteten Rispen. Die besten Varietäten sind
der breitblätterige, der weißrippige mit aufrechtstehenden, der Hängetabak mit
ungestielten hängenden Blättern und der Baumeanaster, dessen Blätter gestielt
sind. Der Maryland-Tabak hat zunächst einen dickeren Stengel als der vir¬
ginische, dann eiförmige spitzzulaufende Blätter, deren Adern sich von der
Mittelrippe fast im rechten Winkel nach dem Rande hinziehen, und deren
herzförmige Basis geöhrt ist, endlich rothe Blüthen, die dicht beisammen
stehen. Seine bekanntesten Varietäten sind der Straßburger und der amersforter,
der podolische, der ungarische und der türkische Tabak. Der Bauerntabak hat
gestielte, eirunde, stumpfe Blätter und grünlich-gelbe Blüthen mit abgerundeten


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[0386] Tabaksfabriken, und die Zahl der Verkaufsstellen für deren Producte beträgt in Paris über 1200." Wieder ein anderer Statistiker will herausgerechnet haben, daß man im Jahre 1874 in Frankreich rund 742 Millionen Cigarren und 468 Millionen Cigaretten geraucht hätte, woraus, angenommen, daß alle Franzosen mit Einschluß der Weiber und Kinder dieser Gewohnheit huldigten, folgen würde, daß bei unsern Nachbarn in diesem Jahre jedermann seine 20 Cigarren nebst 13 Cigaretten consumirt hätte. In Oesterreich wurden in den letzten Jahren durchschnittlich etwa tausend Millionen Cigarren jährlich in Asche verwandelt, an welcher Metamorphose Wien allein mit zweiundfünfzig Millionen Stück betheiligt war. Im Laufe des letzten Decenniums hat sich die Nachfrage nach Cigarren hier, wie wohl allerwärts, namentlich in Mitteldeutschland, um hundert Procent gesteigert und die nach Rollen - und Kraustabak im Verhältniß hierzu vermindert. Die meisten Cigarren raucht wohl schon seit geraumer Zeit Hamburg, dessen Bevölkerung sich zu der von Wien wie 1 zu 3 verhält, während sein jährlicher Cigarrenverbrauch auf 18 Millionen Stück veranschlagt worden ist. Die wenigsten Tabaksläden endlich unter allen Großstädten Europas hat Rom aufzuweisen. Der Tabak ist eine Pflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse mit großen, weichen, abwechselnden Blättern und trichterförmigen fünflappigen Blüthen, die in Rispen am Ende des Stengels stehen und fünf Staubgefäße enthalten. Die Früchte sind Kapseln mit zwei bis vier Fächern und vielen Samenkörnern. Man hat einige fünfzig Arten beschrieben, die aber nur Varietäten von einigen Hauptarten sind. Dahin gehören der virginische oder gemeine, der Maryland- und der Bauern- oder Veilchentabak. Der virginische Tabak wird 5 bis 6 Fuß hoch, ist mit drüsigen Haaren bedeckt und hat 6 bis 18 Zoll lange und 4 bis 8 Zoll breite, lanzettförmig zugespitzte Blätter, deren Adern von der Mittelrippe im spitzen Winkel verlaufen, und rosenrothe Glockenblumen in weit ausgebretteten Rispen. Die besten Varietäten sind der breitblätterige, der weißrippige mit aufrechtstehenden, der Hängetabak mit ungestielten hängenden Blättern und der Baumeanaster, dessen Blätter gestielt sind. Der Maryland-Tabak hat zunächst einen dickeren Stengel als der vir¬ ginische, dann eiförmige spitzzulaufende Blätter, deren Adern sich von der Mittelrippe fast im rechten Winkel nach dem Rande hinziehen, und deren herzförmige Basis geöhrt ist, endlich rothe Blüthen, die dicht beisammen stehen. Seine bekanntesten Varietäten sind der Straßburger und der amersforter, der podolische, der ungarische und der türkische Tabak. Der Bauerntabak hat gestielte, eirunde, stumpfe Blätter und grünlich-gelbe Blüthen mit abgerundeten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/386>, abgerufen am 27.09.2024.