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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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dann eingestellt, und der Blitz würde Briefträger werden"--Anspielungen auf
die Eisenbahn und den elektrischen Telegraphen, die natürlich Einschaltungen
aus der neuesten Zeit sind. Ferner: "Auf dem Kirchhofe in der Stadt würde
man stehen und die Windmühle vor Uetze sehen können, was in diesem Sä-
eulo eingetroffen ist, indem die dazwischenliegenden Häuser in Asche gelegt
und nicht wieder aufgebaut wurden. Eine Kuh in Burgdorf würde ein
Kalb mit zwei Köpfen zur Welt bringen, von denen der eine blöken, der
andere singen würde." -- "Auch das hat sich bestätigt", bemerkt unsere Broschüre.
Was der Kalbskopf gesungen, ist nicht verzeichnet. Vermuthlich das "Han¬
noveranerlied." "Die Linde am Kirchhofe vor dem hannoverschen Thor
würde vom Winde niedergebrochen werden, was 17S7. der eiserne Klöppel
in der großen Glocke zu Burgdorf würde zerspringen, was 1715 geschehen,
als man zur Kirche geläutet."

"Einst stand Wickenthies des Nachts auf und ging (wie die Vorgeschichten¬
seher im Westphälischen und Holsteinischen) umher. Als er wiederkam, fragte
ihn seine Frau, was er gesehen habe. Darauf nannte er ein Haus, aus
welchem eine vornehme Leiche getragen worden, meinte aber, er wisse nicht,
wer das sein solle, da in dem Hause ein armer Mann wohne. Da aber
kam ein fremder Pfarrer, starb in dem Hause und wurde mit derselben An¬
zahl von Leidtragenden beerdigt, welche der Spökenkieker gesehen hatte. Als
er ein andres Mal des Nachts umhergegangen, erschien er des Morgens
beim Amtmann und berichtete, heute würde man einen Kerl auf's Amt
bringen mit gelben krausen Haaren und in einem braunen Kamisol, der
würde gerädert werden. Wie er noch mit dem Amtmann redet, bringt man
einen jungen Menschen von seiner Beschreibung, welcher ergriffen worden,
wie er seinen alten Vater todtgeschlagen. Derselbige wurde im vorigen
Sanuto vor Burgdorf wirklich gerädert."

Das angebliche "Prognostikon" aber ist folgendes:

Zu einer Zeit, die Wickenthies nicht genau angeben kann, "wird guter Rath
und Feuerung sehr theuer werden. Dann wird ein Krieg entstehen unter den
deutschen Völkern, die Heere werden hin und herziehen in den Ländern, und
kein Mensch wird daraus klug werden. Große Feindseligkeiten werden in
Hannover vorerst nicht stattfinden, später aber werden sich fremde Völker
einmischen, und dann wird der Krieg furchtbar werden. (Dieser Satz ist
ohne Zweifel erst nach den Ereignissen des Sommers von 1866 eingeschoben
und drückt die damaligen Hoffnungen der Welfischen auf Frankreich oder
Rußland aus.) Ein Holz, die Hasseltanne, wird von undeutschem Kriegs¬
volke ganz abgehauen werden. Zu Großen-Burgwedel wird ein Scharmützel
stattfinden. Dann werden die Heere sich bei Burgdorf, auf dem Hagenfelde,
welches entweder mit Buchweizen oder mit Misthaufen bedeckt sein wird,


dann eingestellt, und der Blitz würde Briefträger werden"—Anspielungen auf
die Eisenbahn und den elektrischen Telegraphen, die natürlich Einschaltungen
aus der neuesten Zeit sind. Ferner: „Auf dem Kirchhofe in der Stadt würde
man stehen und die Windmühle vor Uetze sehen können, was in diesem Sä-
eulo eingetroffen ist, indem die dazwischenliegenden Häuser in Asche gelegt
und nicht wieder aufgebaut wurden. Eine Kuh in Burgdorf würde ein
Kalb mit zwei Köpfen zur Welt bringen, von denen der eine blöken, der
andere singen würde." — „Auch das hat sich bestätigt", bemerkt unsere Broschüre.
Was der Kalbskopf gesungen, ist nicht verzeichnet. Vermuthlich das „Han¬
noveranerlied." „Die Linde am Kirchhofe vor dem hannoverschen Thor
würde vom Winde niedergebrochen werden, was 17S7. der eiserne Klöppel
in der großen Glocke zu Burgdorf würde zerspringen, was 1715 geschehen,
als man zur Kirche geläutet."

„Einst stand Wickenthies des Nachts auf und ging (wie die Vorgeschichten¬
seher im Westphälischen und Holsteinischen) umher. Als er wiederkam, fragte
ihn seine Frau, was er gesehen habe. Darauf nannte er ein Haus, aus
welchem eine vornehme Leiche getragen worden, meinte aber, er wisse nicht,
wer das sein solle, da in dem Hause ein armer Mann wohne. Da aber
kam ein fremder Pfarrer, starb in dem Hause und wurde mit derselben An¬
zahl von Leidtragenden beerdigt, welche der Spökenkieker gesehen hatte. Als
er ein andres Mal des Nachts umhergegangen, erschien er des Morgens
beim Amtmann und berichtete, heute würde man einen Kerl auf's Amt
bringen mit gelben krausen Haaren und in einem braunen Kamisol, der
würde gerädert werden. Wie er noch mit dem Amtmann redet, bringt man
einen jungen Menschen von seiner Beschreibung, welcher ergriffen worden,
wie er seinen alten Vater todtgeschlagen. Derselbige wurde im vorigen
Sanuto vor Burgdorf wirklich gerädert."

Das angebliche „Prognostikon" aber ist folgendes:

Zu einer Zeit, die Wickenthies nicht genau angeben kann, „wird guter Rath
und Feuerung sehr theuer werden. Dann wird ein Krieg entstehen unter den
deutschen Völkern, die Heere werden hin und herziehen in den Ländern, und
kein Mensch wird daraus klug werden. Große Feindseligkeiten werden in
Hannover vorerst nicht stattfinden, später aber werden sich fremde Völker
einmischen, und dann wird der Krieg furchtbar werden. (Dieser Satz ist
ohne Zweifel erst nach den Ereignissen des Sommers von 1866 eingeschoben
und drückt die damaligen Hoffnungen der Welfischen auf Frankreich oder
Rußland aus.) Ein Holz, die Hasseltanne, wird von undeutschem Kriegs¬
volke ganz abgehauen werden. Zu Großen-Burgwedel wird ein Scharmützel
stattfinden. Dann werden die Heere sich bei Burgdorf, auf dem Hagenfelde,
welches entweder mit Buchweizen oder mit Misthaufen bedeckt sein wird,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/377>, abgerufen am 27.09.2024.