Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.kommt, um sich einen Krug zu bestellen, ist so gering, daß er nicht seine
kommt, um sich einen Krug zu bestellen, ist so gering, daß er nicht seine
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0332" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136971"/> <p xml:id="ID_1054" prev="#ID_1053"> kommt, um sich einen Krug zu bestellen, ist so gering, daß er nicht seine<lb/> Pfeife Tabak haben müßte; denn es ist eine Bequemlichkeit, die man jetzt<lb/> in jeder Schenke, wo es Wein und Bier giebt, haben kann, und in Apo¬<lb/> thekerläden, Gewürzhandlungen und Mctualienbuden ist man nie ohne Ge¬<lb/> sellschaft, die vom Morgen bis in die Nacht Tabak qualmt. Daneben aber<lb/> giebt es eine Menge Leute, die Häuser und offne Läden haben und von<lb/> nichts anderem als vom Tabaksverkauf leben." Nach demselben Autor gab<lb/> es in London, welches damals noch lange keine Million Einwohner hatte, über<lb/> sieben tausend Tabaksgeschäfte, und das hier jährlich in Rauch aufgehende Geld<lb/> wird von ihm aus 319,373 Pfund veranschlagt. Es war daher nicht, wie Fairholt<lb/> meint, bloße Querköpfigkeit, als König Jakob der Erste schon bald nach seiner<lb/> Thronbesteigung dem Tabak den Krieg erklärte und ihn später als Schrift¬<lb/> steller und zuletzt als gebietender Herr in den Bann that. Wenn er dabei<lb/> durch übergroßen Eifer vor der Nachwelt eine komische Figur spielte, so mag<lb/> ihm zunächst der Ton seiner Zeit, die Grobheiten noch nicht für unschicklich<lb/> hielt, sein Haß gegen Naleigh, der das Tabakrauchen durch sein vornehmes<lb/> Beispiel in die Mode gebracht hatte, und der Umstand, daß seine ersten Aus¬<lb/> lassungen in Sachen des Tabaks nicht nur nichts halfen, sondern von dreisten<lb/> Unterthanen mit Lobpreisungen des garstigen Krautes erwidert wurden, die<lb/> man ihm bei verschiedenen Gelegenheiten in's Gesicht sagte, einigermaßen<lb/> zur Entschuldigung dienen. 1603 veröffentlichte der König seinen „(Gunter-<lb/> blast« to lobaceo", in welchem er das Rauchen als „eine Sitte ekelhaft für<lb/> das Auge, schädlich für das Gehirn, gefährlich für die Lunge und mit ihrem<lb/> schwarzen stinkenden Qualme dem entsetzlichen Rauche der unergründlichen<lb/> Hölle gleichend", verdammte, und 1605 mußte er erleben, daß bei der von<lb/> der Universität Oxford in seinem Beisein abgehaltenen Disputation der Dr.<lb/> Cheynell mit der Pfeife in der Hand auftrat, um die Tugenden des argen<lb/> Krautes auf's Höchste zu rühmen und es über alle anderen Heilmittel zu erheben.<lb/> Einige Jahre später folgte aus der Feder des Königs dem „Gegenwind<lb/> gegen den Tabak" der „NisoeaMus", der Rauchfeind, der in wenig logischer,<lb/> aber um so ungestümerer Weise darthat, daß der Tabak „in seinem ganzen<lb/> Wesen der Hölle gleicht, da er ein stinkendes, ekelhaftes Zeug ist", und im<lb/> Jahre 1621 sang man ihm im Theater bei der Aufführung von Barton<lb/> Holidays „Heirath der Künste" von der Bühne ein Lied entgegen, welches<lb/> den Tabak als Musiker, Sachwalter, Arzt und Reisenden pries und viermal<lb/> in den Refrain ausbrach:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_38" type="poem"> <l> „IIo do^s, sounÄ I louälz^<lb/> Dartb. ii<z'el' ain breoä<lb/> Luon ^ jovial voeä,<lb/> Mbei-Lot to boast so xrouäl^."</l> </lg> </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0332]
kommt, um sich einen Krug zu bestellen, ist so gering, daß er nicht seine
Pfeife Tabak haben müßte; denn es ist eine Bequemlichkeit, die man jetzt
in jeder Schenke, wo es Wein und Bier giebt, haben kann, und in Apo¬
thekerläden, Gewürzhandlungen und Mctualienbuden ist man nie ohne Ge¬
sellschaft, die vom Morgen bis in die Nacht Tabak qualmt. Daneben aber
giebt es eine Menge Leute, die Häuser und offne Läden haben und von
nichts anderem als vom Tabaksverkauf leben." Nach demselben Autor gab
es in London, welches damals noch lange keine Million Einwohner hatte, über
sieben tausend Tabaksgeschäfte, und das hier jährlich in Rauch aufgehende Geld
wird von ihm aus 319,373 Pfund veranschlagt. Es war daher nicht, wie Fairholt
meint, bloße Querköpfigkeit, als König Jakob der Erste schon bald nach seiner
Thronbesteigung dem Tabak den Krieg erklärte und ihn später als Schrift¬
steller und zuletzt als gebietender Herr in den Bann that. Wenn er dabei
durch übergroßen Eifer vor der Nachwelt eine komische Figur spielte, so mag
ihm zunächst der Ton seiner Zeit, die Grobheiten noch nicht für unschicklich
hielt, sein Haß gegen Naleigh, der das Tabakrauchen durch sein vornehmes
Beispiel in die Mode gebracht hatte, und der Umstand, daß seine ersten Aus¬
lassungen in Sachen des Tabaks nicht nur nichts halfen, sondern von dreisten
Unterthanen mit Lobpreisungen des garstigen Krautes erwidert wurden, die
man ihm bei verschiedenen Gelegenheiten in's Gesicht sagte, einigermaßen
zur Entschuldigung dienen. 1603 veröffentlichte der König seinen „(Gunter-
blast« to lobaceo", in welchem er das Rauchen als „eine Sitte ekelhaft für
das Auge, schädlich für das Gehirn, gefährlich für die Lunge und mit ihrem
schwarzen stinkenden Qualme dem entsetzlichen Rauche der unergründlichen
Hölle gleichend", verdammte, und 1605 mußte er erleben, daß bei der von
der Universität Oxford in seinem Beisein abgehaltenen Disputation der Dr.
Cheynell mit der Pfeife in der Hand auftrat, um die Tugenden des argen
Krautes auf's Höchste zu rühmen und es über alle anderen Heilmittel zu erheben.
Einige Jahre später folgte aus der Feder des Königs dem „Gegenwind
gegen den Tabak" der „NisoeaMus", der Rauchfeind, der in wenig logischer,
aber um so ungestümerer Weise darthat, daß der Tabak „in seinem ganzen
Wesen der Hölle gleicht, da er ein stinkendes, ekelhaftes Zeug ist", und im
Jahre 1621 sang man ihm im Theater bei der Aufführung von Barton
Holidays „Heirath der Künste" von der Bühne ein Lied entgegen, welches
den Tabak als Musiker, Sachwalter, Arzt und Reisenden pries und viermal
in den Refrain ausbrach:
„IIo do^s, sounÄ I louälz^
Dartb. ii<z'el' ain breoä
Luon ^ jovial voeä,
Mbei-Lot to boast so xrouäl^."
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |