Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.Francisco angebotenen Renochsen benutzt hatte und ziemlich zerschlagen in In welch "treffender" Weise wir dem liebenswürdigen Mischblut dankten, Francisco angebotenen Renochsen benutzt hatte und ziemlich zerschlagen in In welch „treffender" Weise wir dem liebenswürdigen Mischblut dankten, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0108" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136747"/> <p xml:id="ID_285" prev="#ID_284"> Francisco angebotenen Renochsen benutzt hatte und ziemlich zerschlagen in<lb/> Muda ankam, machte den alten weißhaarigen Soda durch das Geschenk einer<lb/> preußischen Jnfanterieuniform ganz närrisch vor Freuden, und wir hatten<lb/> später wirklich das Vergnügen, den Mann in dienstlichen Angelegenheiten zu<lb/> Pungo an Dongo in preußische Uniform gekröpft zu treffen. Nach ebenso<lb/> anstrengendem Marsch erreichten wir am Abend des sechsten Reisetages<lb/> Kiongo. in dessen Nähe wir den sich unterhalb Dondos mit dem Coanza<lb/> vereinigenden Mukesa als ziemlich breiten Bach überschritten. — Kaum<lb/> hatten wir dort vor dem Hause eines Mulatten campirt, als sich der Besuch<lb/> eines Weißen einstellte, der sich zwischen unserem in Reihen aufgestellten<lb/> Gepäck umher drückte, die Menge desselben — so schien es — bewundernd,<lb/> hie und da die Festigkeit eines Blechkofsers oder eines Sackes untersuchend<lb/> und mit heiliger Scheu unsere Waffen anstarrend. Ohne uns den Zweck<lb/> seines Kommens und seiner Gepäckrevision — es konnte ja ein Beamter der<lb/> Geduld lehrenden Alfandega (Zoll-Behörde) sein — mitzutheilen, war der Be¬<lb/> such so unbemerkt und plötzlich, wie er gekommen, auch wieder verduftet. —<lb/> Wie uns mitgetheilt wurde, sollte das eines jener ihrer Würde so gänzlich<lb/> vergessenden Subjecte sein, die sich mit spitzbübischen Negern zusammenthun,<lb/> um vorüberziehende Weiße, deren Waffenmacht nicht furchtgebietend genug ist,<lb/> zu plündern. Bei uns schien der gute Mann eines besseren belehrt zu sein, denn<lb/> wohl nur die Aussicht, statt Beute etwas bleierne Erfrischung zu erhalten, hat ihn<lb/> von seinem Versuch zurückgehalten. — Unser Wirth steckte augenscheinlich mit<lb/> dem Weißen unter einer Decke, hatte aber später, obgleich er wußte, daß wir<lb/> nicht blind gewesen seien, doch die wahrhaft pyramidale Frechheit, uns seine<lb/> Dienste als — Führer ins „unbekannte Innere" anzubieten.</p><lb/> <p xml:id="ID_286" next="#ID_287"> In welch „treffender" Weise wir dem liebenswürdigen Mischblut dankten,<lb/> darf sich der Leser in ziemlich lebhaften Farben ausmalen. — Die Nacht in<lb/> Kiongo überraschte uns mit einem echt tropischen Regen; doch schlief ich so<lb/> fest, daß mich erst das im Bette selbst angesammelte Wasser erweckte. Flugs<lb/> ging es mit Zurücklassung der Betten ins Haus, wo wir den Rest der<lb/> Nacht auf Matten gelagert an der Erde zubrachten. Die fühlbare Folge<lb/> dieses Nachtlagers in Kiongo war ein Tage währendes höchst unangenehmes —<lb/> „Jucken." — Am frühen Morgen vor die Thür tretend, sah ich eine „Idylle",<lb/> die sich mir unauslöschlich eingeprägt hat: „Mutterglück!" Eine Negerin<lb/> nährte ihr auf dem Schooß liegendes, nein, strampelndes Kind, indem sie<lb/> einen ziemlich steifen Maismehlbrei händevoll in den Mund des Kindes hin¬<lb/> einstrich und dann nach Art des Wurststopfens unserer Hausfrauen die Dosis<lb/> mit dem Daumen in den Hals hinunterschob. Ob das Kind um sich schlug,<lb/> schrie und weinte, oder vielmehr wegen Luftmangels nur krampfhafte Anstreng¬<lb/> ungen dazu machte, war der Frau Mama ziemlich gleichgültig. — Der Regen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0108]
Francisco angebotenen Renochsen benutzt hatte und ziemlich zerschlagen in
Muda ankam, machte den alten weißhaarigen Soda durch das Geschenk einer
preußischen Jnfanterieuniform ganz närrisch vor Freuden, und wir hatten
später wirklich das Vergnügen, den Mann in dienstlichen Angelegenheiten zu
Pungo an Dongo in preußische Uniform gekröpft zu treffen. Nach ebenso
anstrengendem Marsch erreichten wir am Abend des sechsten Reisetages
Kiongo. in dessen Nähe wir den sich unterhalb Dondos mit dem Coanza
vereinigenden Mukesa als ziemlich breiten Bach überschritten. — Kaum
hatten wir dort vor dem Hause eines Mulatten campirt, als sich der Besuch
eines Weißen einstellte, der sich zwischen unserem in Reihen aufgestellten
Gepäck umher drückte, die Menge desselben — so schien es — bewundernd,
hie und da die Festigkeit eines Blechkofsers oder eines Sackes untersuchend
und mit heiliger Scheu unsere Waffen anstarrend. Ohne uns den Zweck
seines Kommens und seiner Gepäckrevision — es konnte ja ein Beamter der
Geduld lehrenden Alfandega (Zoll-Behörde) sein — mitzutheilen, war der Be¬
such so unbemerkt und plötzlich, wie er gekommen, auch wieder verduftet. —
Wie uns mitgetheilt wurde, sollte das eines jener ihrer Würde so gänzlich
vergessenden Subjecte sein, die sich mit spitzbübischen Negern zusammenthun,
um vorüberziehende Weiße, deren Waffenmacht nicht furchtgebietend genug ist,
zu plündern. Bei uns schien der gute Mann eines besseren belehrt zu sein, denn
wohl nur die Aussicht, statt Beute etwas bleierne Erfrischung zu erhalten, hat ihn
von seinem Versuch zurückgehalten. — Unser Wirth steckte augenscheinlich mit
dem Weißen unter einer Decke, hatte aber später, obgleich er wußte, daß wir
nicht blind gewesen seien, doch die wahrhaft pyramidale Frechheit, uns seine
Dienste als — Führer ins „unbekannte Innere" anzubieten.
In welch „treffender" Weise wir dem liebenswürdigen Mischblut dankten,
darf sich der Leser in ziemlich lebhaften Farben ausmalen. — Die Nacht in
Kiongo überraschte uns mit einem echt tropischen Regen; doch schlief ich so
fest, daß mich erst das im Bette selbst angesammelte Wasser erweckte. Flugs
ging es mit Zurücklassung der Betten ins Haus, wo wir den Rest der
Nacht auf Matten gelagert an der Erde zubrachten. Die fühlbare Folge
dieses Nachtlagers in Kiongo war ein Tage währendes höchst unangenehmes —
„Jucken." — Am frühen Morgen vor die Thür tretend, sah ich eine „Idylle",
die sich mir unauslöschlich eingeprägt hat: „Mutterglück!" Eine Negerin
nährte ihr auf dem Schooß liegendes, nein, strampelndes Kind, indem sie
einen ziemlich steifen Maismehlbrei händevoll in den Mund des Kindes hin¬
einstrich und dann nach Art des Wurststopfens unserer Hausfrauen die Dosis
mit dem Daumen in den Hals hinunterschob. Ob das Kind um sich schlug,
schrie und weinte, oder vielmehr wegen Luftmangels nur krampfhafte Anstreng¬
ungen dazu machte, war der Frau Mama ziemlich gleichgültig. — Der Regen
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