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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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nicht fortarbeiten zu wollen. Da ich mich somit überzeugte, daß ich hier
nichts ausrichte und unnüzer Weise Zeit und Geld verlieren würde, so ent¬
schloß ich mich in einer der nahen Inseln als Siphanto, Seripho zu versuchen
Arbeiter dingen zu können. Man hatte mir hier viel Hoffnung dazu ge¬
macht, indem besonders auf der letztern viele unbemittelte Einwohner seyn
sollen, welche öfters auswärts Arbeit suchen. Ich suspendirte daher für jetzt
meine hiesigen Arbeiten. Ich habe in denselben, was die Grabungen in dem
Theater selbst anbelangt, auf den rechten Flügel fortgefahren, und wieder
ein gut erhaltenes Fragment, in einem großen Stück der Frontispize einer
der Nebenthüre in der Scene gefunden.

Uebrigens habe ich durch genaue Untersuchung gefunden, daß die Fun¬
damente auf der Rückwand der Scene nichts Interessantes mehr geben, am
Ende aber ein hübscher Streifen von dem Ackerland bleiben wird, der durch
Baumanpflanzungen, dem innern Raum des Theaters, wenn er ausgegraben
sein wird, Zierde und zugleich eine gute Schutzwehr geben würde. Ich habe
auch diesmal wieder die Spuren der Art der Zerstörung des Theaters in
den Oesen gefunden, die zeigen, daß schon früher hier der Marmor hier zu
Kalk gebrannt worden ist. In der zwei Stunden von hier im Fond des
Hafens gelegenen Stadt, habe ich Reste von dem Hauptgesimse der Scene
gefunden; das ist deutlich, daß die Venezianer bey ihrer Erbauung von die¬
sem Theater Materialien anwandten. Außer dem Theater selbst habe ich
in einiger Entfernung hinter demselben nördlich und am Fuß des Hügels,
auf welchem das Kloster S. Elias liegt, eine steinerne Bank entdeckt und
davon auf 11' weit ausgegraben; sie ist in Bogenkrümmung gegen eine aus gr.
Quadersteinen construirte viereckte Terasse gerichtet, die ein Altar, oder irgend
ein Monument getragen haben mag; und läßt sich zusammen als ein hübsches
Ganze denken- Ich habe einen großen Theil der alten Stadt Menar aufge¬
funden, so wie auch die Reste von dorischen Säulen von mittlen Dimen¬
sionen, Ich habe mit meinen Messungen und Zeichnungen mir Materialien
über diesen alten Ort gesammelt, die ich mit der Beendigung des Geschäfts
zu einem Ganzen zu bearbeiten zu können hoffe.

Am 9. Juny Morgens fuhr ich aus einer ki. Bey auf der nördlichen
Küste der Insel ab, mußte aber bald wegen ungünstigen Wind vor Argen-
tiera liegen bleiben, wo ich, da ich dem franz. Consul meinen Besuch machte,
Zeuge von dem heftigsten Schrecken war, den das Gerüchte gelandeter Pira¬
ten in den Einwohnern verbreitete, das sich jedoch als blinder Lärm
auflöste.

Ich kam noch in der Nacht im Porto ti Castro auf der Insel Siphanto
an. Hier mußte ich, bis ich eine Barke fand, zum 12. bleiben. Ich war an
den franz. V. Consul und einen großen Primaten empfohlen. Auch hier


nicht fortarbeiten zu wollen. Da ich mich somit überzeugte, daß ich hier
nichts ausrichte und unnüzer Weise Zeit und Geld verlieren würde, so ent¬
schloß ich mich in einer der nahen Inseln als Siphanto, Seripho zu versuchen
Arbeiter dingen zu können. Man hatte mir hier viel Hoffnung dazu ge¬
macht, indem besonders auf der letztern viele unbemittelte Einwohner seyn
sollen, welche öfters auswärts Arbeit suchen. Ich suspendirte daher für jetzt
meine hiesigen Arbeiten. Ich habe in denselben, was die Grabungen in dem
Theater selbst anbelangt, auf den rechten Flügel fortgefahren, und wieder
ein gut erhaltenes Fragment, in einem großen Stück der Frontispize einer
der Nebenthüre in der Scene gefunden.

Uebrigens habe ich durch genaue Untersuchung gefunden, daß die Fun¬
damente auf der Rückwand der Scene nichts Interessantes mehr geben, am
Ende aber ein hübscher Streifen von dem Ackerland bleiben wird, der durch
Baumanpflanzungen, dem innern Raum des Theaters, wenn er ausgegraben
sein wird, Zierde und zugleich eine gute Schutzwehr geben würde. Ich habe
auch diesmal wieder die Spuren der Art der Zerstörung des Theaters in
den Oesen gefunden, die zeigen, daß schon früher hier der Marmor hier zu
Kalk gebrannt worden ist. In der zwei Stunden von hier im Fond des
Hafens gelegenen Stadt, habe ich Reste von dem Hauptgesimse der Scene
gefunden; das ist deutlich, daß die Venezianer bey ihrer Erbauung von die¬
sem Theater Materialien anwandten. Außer dem Theater selbst habe ich
in einiger Entfernung hinter demselben nördlich und am Fuß des Hügels,
auf welchem das Kloster S. Elias liegt, eine steinerne Bank entdeckt und
davon auf 11' weit ausgegraben; sie ist in Bogenkrümmung gegen eine aus gr.
Quadersteinen construirte viereckte Terasse gerichtet, die ein Altar, oder irgend
ein Monument getragen haben mag; und läßt sich zusammen als ein hübsches
Ganze denken- Ich habe einen großen Theil der alten Stadt Menar aufge¬
funden, so wie auch die Reste von dorischen Säulen von mittlen Dimen¬
sionen, Ich habe mit meinen Messungen und Zeichnungen mir Materialien
über diesen alten Ort gesammelt, die ich mit der Beendigung des Geschäfts
zu einem Ganzen zu bearbeiten zu können hoffe.

Am 9. Juny Morgens fuhr ich aus einer ki. Bey auf der nördlichen
Küste der Insel ab, mußte aber bald wegen ungünstigen Wind vor Argen-
tiera liegen bleiben, wo ich, da ich dem franz. Consul meinen Besuch machte,
Zeuge von dem heftigsten Schrecken war, den das Gerüchte gelandeter Pira¬
ten in den Einwohnern verbreitete, das sich jedoch als blinder Lärm
auflöste.

Ich kam noch in der Nacht im Porto ti Castro auf der Insel Siphanto
an. Hier mußte ich, bis ich eine Barke fand, zum 12. bleiben. Ich war an
den franz. V. Consul und einen großen Primaten empfohlen. Auch hier


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/282>, abgerufen am 27.09.2024.