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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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den anderen Theil des griechischen Feiertags, das Theater mit dem Besitzer
des Ackers zu besuchen; ich fand es noch in dem Zustand, in dem ich es im
vorigen Jahre verlassen hatte, doch mußte ich zu meinem großen Verdruß
sehen, daß von den Fragmenten einiger Cornicher der Scene mehrere Theile
muthwilltgerweise abgeschlagen worden waren. Der Ackerbesitzer entschuldigte
sich damit, daß, bevor dieser Ort gegen den freiwilligen Zugang versichert
worden sein würde, ihm es unmöglich würde, solchen Unfug zu verhindern,
den gewöhnlich die ihn besuchenden Schiffsleute hier so wie anderwärts an den
Gebäuden der Alterthümer verüben.

Ich nahm mein Quartier in dem zunächst über dem Theater gelegenen
Einsiedlerkloster des si. Elias, das auf der Stelle eines alten Tempels erbaut
ist; wo ich meine Arbeiter, um sie besser unter meinen Augen zu haben, mit
Verwilligung der Eremiten in der Kirche einquartirte.

Freitag den 16. Mai fing ich mit denselben die Arbeit im Theater selbst
an. Ich mußte bald erfahren, daß die hiesigen Leute sehr unzufrieden damit
waren, fremde Arbeiter genommen zu haben, da sie glaubten, von mir sich
einen großen Gewinnst zu machen. Da sie von meiner Sendung gehört
hatten, sagten sie, "Ah, nun kommt er gerade wo wir das Getreide schneiden
werden, nun wollen wir ihm auch schon einen Thaler Taglohn abnehmen.
Sie suchten meine Leute auf alle Art unzufrieden gegen mich und die Arbeit
zu machen, und warfen ihnen vor, daß sie Thoren seien, mir für 70 Paras
zu arbeiten, was auch wirklich bald anfing üble Folge auf ihre Stimmung
zu haben; dazu kam noch, daß ein wirklicher Brodmangel hier herrschte.
Ich gab mir alle Mühe, Getreide zu billigem Kauf für sie zu fin¬
den, obschon gegen meinen Akkord mich für ihren Lebensunterhalt zu küm¬
mern, doch die natürl. Billigkeit forderte mich unter diesen Umständen dazu
auf; mit vieler Mühe gelang es mir auch, daß sie eigentlich keine Noth
litten, und Erwartung der nahen Ernte sollte ihnen Hoffnung zur baldigen
Erleichterung ihrer Nahrungsmittel machen, allein mit alterten mochte ich
doch die Unannehmlichkeit haben, daß mir am 21. Mai. drei Männer aus der
Arbeit liefen und ich sie mit Hülfe der Gerichte im Moment, wo sie sich ein-
barkiren wollten, zurückbringen lies.

Am 22. Mai benutzte ich die Gelegenheit durch das englische Kriegs-
Brigg die Wespe unter Commando des Cap. Woolridge Sr. k. Hh.
dem Kronprinzen Bericht von meinem hiesigen Aufenthalt zu geben; ich
hatte den Brief über Malta nach Neapel an den k. b. Gesandten Grafen
Jenison empfohlen.

Donnerstag den 29. Mai.

Sehr schlimm bin ich mit meinen Atheniensern gefahren, die mir ohner¬
achtet einer menschenfreundlichen Behandlung sehr viel Herzeleid machen. Ja


den anderen Theil des griechischen Feiertags, das Theater mit dem Besitzer
des Ackers zu besuchen; ich fand es noch in dem Zustand, in dem ich es im
vorigen Jahre verlassen hatte, doch mußte ich zu meinem großen Verdruß
sehen, daß von den Fragmenten einiger Cornicher der Scene mehrere Theile
muthwilltgerweise abgeschlagen worden waren. Der Ackerbesitzer entschuldigte
sich damit, daß, bevor dieser Ort gegen den freiwilligen Zugang versichert
worden sein würde, ihm es unmöglich würde, solchen Unfug zu verhindern,
den gewöhnlich die ihn besuchenden Schiffsleute hier so wie anderwärts an den
Gebäuden der Alterthümer verüben.

Ich nahm mein Quartier in dem zunächst über dem Theater gelegenen
Einsiedlerkloster des si. Elias, das auf der Stelle eines alten Tempels erbaut
ist; wo ich meine Arbeiter, um sie besser unter meinen Augen zu haben, mit
Verwilligung der Eremiten in der Kirche einquartirte.

Freitag den 16. Mai fing ich mit denselben die Arbeit im Theater selbst
an. Ich mußte bald erfahren, daß die hiesigen Leute sehr unzufrieden damit
waren, fremde Arbeiter genommen zu haben, da sie glaubten, von mir sich
einen großen Gewinnst zu machen. Da sie von meiner Sendung gehört
hatten, sagten sie, „Ah, nun kommt er gerade wo wir das Getreide schneiden
werden, nun wollen wir ihm auch schon einen Thaler Taglohn abnehmen.
Sie suchten meine Leute auf alle Art unzufrieden gegen mich und die Arbeit
zu machen, und warfen ihnen vor, daß sie Thoren seien, mir für 70 Paras
zu arbeiten, was auch wirklich bald anfing üble Folge auf ihre Stimmung
zu haben; dazu kam noch, daß ein wirklicher Brodmangel hier herrschte.
Ich gab mir alle Mühe, Getreide zu billigem Kauf für sie zu fin¬
den, obschon gegen meinen Akkord mich für ihren Lebensunterhalt zu küm¬
mern, doch die natürl. Billigkeit forderte mich unter diesen Umständen dazu
auf; mit vieler Mühe gelang es mir auch, daß sie eigentlich keine Noth
litten, und Erwartung der nahen Ernte sollte ihnen Hoffnung zur baldigen
Erleichterung ihrer Nahrungsmittel machen, allein mit alterten mochte ich
doch die Unannehmlichkeit haben, daß mir am 21. Mai. drei Männer aus der
Arbeit liefen und ich sie mit Hülfe der Gerichte im Moment, wo sie sich ein-
barkiren wollten, zurückbringen lies.

Am 22. Mai benutzte ich die Gelegenheit durch das englische Kriegs-
Brigg die Wespe unter Commando des Cap. Woolridge Sr. k. Hh.
dem Kronprinzen Bericht von meinem hiesigen Aufenthalt zu geben; ich
hatte den Brief über Malta nach Neapel an den k. b. Gesandten Grafen
Jenison empfohlen.

Donnerstag den 29. Mai.

Sehr schlimm bin ich mit meinen Atheniensern gefahren, die mir ohner¬
achtet einer menschenfreundlichen Behandlung sehr viel Herzeleid machen. Ja


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[0280] den anderen Theil des griechischen Feiertags, das Theater mit dem Besitzer des Ackers zu besuchen; ich fand es noch in dem Zustand, in dem ich es im vorigen Jahre verlassen hatte, doch mußte ich zu meinem großen Verdruß sehen, daß von den Fragmenten einiger Cornicher der Scene mehrere Theile muthwilltgerweise abgeschlagen worden waren. Der Ackerbesitzer entschuldigte sich damit, daß, bevor dieser Ort gegen den freiwilligen Zugang versichert worden sein würde, ihm es unmöglich würde, solchen Unfug zu verhindern, den gewöhnlich die ihn besuchenden Schiffsleute hier so wie anderwärts an den Gebäuden der Alterthümer verüben. Ich nahm mein Quartier in dem zunächst über dem Theater gelegenen Einsiedlerkloster des si. Elias, das auf der Stelle eines alten Tempels erbaut ist; wo ich meine Arbeiter, um sie besser unter meinen Augen zu haben, mit Verwilligung der Eremiten in der Kirche einquartirte. Freitag den 16. Mai fing ich mit denselben die Arbeit im Theater selbst an. Ich mußte bald erfahren, daß die hiesigen Leute sehr unzufrieden damit waren, fremde Arbeiter genommen zu haben, da sie glaubten, von mir sich einen großen Gewinnst zu machen. Da sie von meiner Sendung gehört hatten, sagten sie, „Ah, nun kommt er gerade wo wir das Getreide schneiden werden, nun wollen wir ihm auch schon einen Thaler Taglohn abnehmen. Sie suchten meine Leute auf alle Art unzufrieden gegen mich und die Arbeit zu machen, und warfen ihnen vor, daß sie Thoren seien, mir für 70 Paras zu arbeiten, was auch wirklich bald anfing üble Folge auf ihre Stimmung zu haben; dazu kam noch, daß ein wirklicher Brodmangel hier herrschte. Ich gab mir alle Mühe, Getreide zu billigem Kauf für sie zu fin¬ den, obschon gegen meinen Akkord mich für ihren Lebensunterhalt zu küm¬ mern, doch die natürl. Billigkeit forderte mich unter diesen Umständen dazu auf; mit vieler Mühe gelang es mir auch, daß sie eigentlich keine Noth litten, und Erwartung der nahen Ernte sollte ihnen Hoffnung zur baldigen Erleichterung ihrer Nahrungsmittel machen, allein mit alterten mochte ich doch die Unannehmlichkeit haben, daß mir am 21. Mai. drei Männer aus der Arbeit liefen und ich sie mit Hülfe der Gerichte im Moment, wo sie sich ein- barkiren wollten, zurückbringen lies. Am 22. Mai benutzte ich die Gelegenheit durch das englische Kriegs- Brigg die Wespe unter Commando des Cap. Woolridge Sr. k. Hh. dem Kronprinzen Bericht von meinem hiesigen Aufenthalt zu geben; ich hatte den Brief über Malta nach Neapel an den k. b. Gesandten Grafen Jenison empfohlen. Donnerstag den 29. Mai. Sehr schlimm bin ich mit meinen Atheniensern gefahren, die mir ohner¬ achtet einer menschenfreundlichen Behandlung sehr viel Herzeleid machen. Ja

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/280>, abgerufen am 27.09.2024.