Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

klärung, wie Franklin gewollt, wohl aber mit der Ermächtigung zur Kaperei
aller britischen Schiffe und Ladungen, begnügte sich also mit dem einfachen
Vergeltungsrechte und bezeichnete am 23. März Georg III. als die Ursache
des Zerwürfnisses zwischen Amerika und Britannien.

Ferner verbot man aus Humanität unbedingt die Einführung von Sklaven
in die dreizehn Colonien und legte so die Grundidee zur späteren Emanci¬
pation der Schwarzen; den 6. April endlich eröffneten die 13 Colonien ihren
Handel dem ganzen Erdkreise, soweit er nicht britisch sei, erklärten also ihre
volle Souveränität in Sachen des Verkehrs mit dem Auslande. Trotzdem
wollten Viele noch nichts von der offenen Verkündigung der Unabhängigkeit
wissen, jedenfalls aber nicht alle Riegel vor das Thor der Versöhnung schieben,
bevor die Colonien auswärtiger Hülfe gewiß seien.

Und wirklich gelang es jetzt die Bedenken in Versailles und Madrid so
weit zu beschwichtigen, daß beide Höfe heimliche Subsidiengelder an die 13
Colonien gelangen ließen, im Juni 1776.

In Südcarolina sprach jetzt Gadsden am 10. Februar für Amerikas
totale Unabhängigkeit, stieß aber auf allgemeine Verblüffung, denn so weit
glaubte man nicht gehen zu dürfen, und auch nach Errichtung der neuen
Konstitution für die Colonie am 26. März gab man den Gedanken an Aussöh¬
nung mit England nicht auf. Nordcarolina hingegen ermächtigte am 12.
April seine Abgeordneten zum Continentalcongresfe, mit denen der anderen
Colonien die Unabhängigkeit Amerikas zu erklären und aus Bündnisse mit
dem Auslande anzutragen, wagte also den weitesten Schritt, der bisher ge¬
plant werden. Rhode-Island entband seine Bewohner am 4. Mai der Un¬
terthanenpflicht gegen den König und schuf somit eine eigene Republik. Andere
Colonien hingegen, wie z. B. Pennsylvanien, zeigten sich weit ruhiger und
conservativer, scheuten vor Gewaltschritten zurück. Für den ganzen Süden
war von hohem Einflüsse die Anrede des Oberrichters von Südcarolina an
die Geschwornen -- William Henry Drayton legte ihnen im April 1776
rechtlich dar, Georg III. habe durch seine Gewaltmaßregeln für sich und seine
Familie die Herrschaft in Amerika verwirkt, und der Thron sei erledigt. Im
Mai stellte John Adams, der glühende Apostel colonialer Freiheit, auf dem
Congresse in Philadelphia den Antrag, jede der dreizehn Colonien möge sich eine
Regierung wählen, und siegte hiermit am 10. Mai. Vollständig unterdrückte
man jetzt die Autorität der Krone in den Colonien, verweigerte ihr den Eid,
und das Volk nahm selbst seine Regierung in die Hand. John Adams rief
aus: "Der gordische Knoten ist zerhauen", und überlegte bereits die best mög¬
liche Constitution für den neuen Freistaat.

In Virginien war die königliche Autorität wie weggeweht, man riß sich
von England los und bevollmächtigte die Deputirten dem Congresse die Er-


klärung, wie Franklin gewollt, wohl aber mit der Ermächtigung zur Kaperei
aller britischen Schiffe und Ladungen, begnügte sich also mit dem einfachen
Vergeltungsrechte und bezeichnete am 23. März Georg III. als die Ursache
des Zerwürfnisses zwischen Amerika und Britannien.

Ferner verbot man aus Humanität unbedingt die Einführung von Sklaven
in die dreizehn Colonien und legte so die Grundidee zur späteren Emanci¬
pation der Schwarzen; den 6. April endlich eröffneten die 13 Colonien ihren
Handel dem ganzen Erdkreise, soweit er nicht britisch sei, erklärten also ihre
volle Souveränität in Sachen des Verkehrs mit dem Auslande. Trotzdem
wollten Viele noch nichts von der offenen Verkündigung der Unabhängigkeit
wissen, jedenfalls aber nicht alle Riegel vor das Thor der Versöhnung schieben,
bevor die Colonien auswärtiger Hülfe gewiß seien.

Und wirklich gelang es jetzt die Bedenken in Versailles und Madrid so
weit zu beschwichtigen, daß beide Höfe heimliche Subsidiengelder an die 13
Colonien gelangen ließen, im Juni 1776.

In Südcarolina sprach jetzt Gadsden am 10. Februar für Amerikas
totale Unabhängigkeit, stieß aber auf allgemeine Verblüffung, denn so weit
glaubte man nicht gehen zu dürfen, und auch nach Errichtung der neuen
Konstitution für die Colonie am 26. März gab man den Gedanken an Aussöh¬
nung mit England nicht auf. Nordcarolina hingegen ermächtigte am 12.
April seine Abgeordneten zum Continentalcongresfe, mit denen der anderen
Colonien die Unabhängigkeit Amerikas zu erklären und aus Bündnisse mit
dem Auslande anzutragen, wagte also den weitesten Schritt, der bisher ge¬
plant werden. Rhode-Island entband seine Bewohner am 4. Mai der Un¬
terthanenpflicht gegen den König und schuf somit eine eigene Republik. Andere
Colonien hingegen, wie z. B. Pennsylvanien, zeigten sich weit ruhiger und
conservativer, scheuten vor Gewaltschritten zurück. Für den ganzen Süden
war von hohem Einflüsse die Anrede des Oberrichters von Südcarolina an
die Geschwornen — William Henry Drayton legte ihnen im April 1776
rechtlich dar, Georg III. habe durch seine Gewaltmaßregeln für sich und seine
Familie die Herrschaft in Amerika verwirkt, und der Thron sei erledigt. Im
Mai stellte John Adams, der glühende Apostel colonialer Freiheit, auf dem
Congresse in Philadelphia den Antrag, jede der dreizehn Colonien möge sich eine
Regierung wählen, und siegte hiermit am 10. Mai. Vollständig unterdrückte
man jetzt die Autorität der Krone in den Colonien, verweigerte ihr den Eid,
und das Volk nahm selbst seine Regierung in die Hand. John Adams rief
aus: „Der gordische Knoten ist zerhauen", und überlegte bereits die best mög¬
liche Constitution für den neuen Freistaat.

In Virginien war die königliche Autorität wie weggeweht, man riß sich
von England los und bevollmächtigte die Deputirten dem Congresse die Er-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0236" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136347"/>
          <p xml:id="ID_578" prev="#ID_577"> klärung, wie Franklin gewollt, wohl aber mit der Ermächtigung zur Kaperei<lb/>
aller britischen Schiffe und Ladungen, begnügte sich also mit dem einfachen<lb/>
Vergeltungsrechte und bezeichnete am 23. März Georg III. als die Ursache<lb/>
des Zerwürfnisses zwischen Amerika und Britannien.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_579"> Ferner verbot man aus Humanität unbedingt die Einführung von Sklaven<lb/>
in die dreizehn Colonien und legte so die Grundidee zur späteren Emanci¬<lb/>
pation der Schwarzen; den 6. April endlich eröffneten die 13 Colonien ihren<lb/>
Handel dem ganzen Erdkreise, soweit er nicht britisch sei, erklärten also ihre<lb/>
volle Souveränität in Sachen des Verkehrs mit dem Auslande. Trotzdem<lb/>
wollten Viele noch nichts von der offenen Verkündigung der Unabhängigkeit<lb/>
wissen, jedenfalls aber nicht alle Riegel vor das Thor der Versöhnung schieben,<lb/>
bevor die Colonien auswärtiger Hülfe gewiß seien.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_580"> Und wirklich gelang es jetzt die Bedenken in Versailles und Madrid so<lb/>
weit zu beschwichtigen, daß beide Höfe heimliche Subsidiengelder an die 13<lb/>
Colonien gelangen ließen, im Juni 1776.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_581"> In Südcarolina sprach jetzt Gadsden am 10. Februar für Amerikas<lb/>
totale Unabhängigkeit, stieß aber auf allgemeine Verblüffung, denn so weit<lb/>
glaubte man nicht gehen zu dürfen, und auch nach Errichtung der neuen<lb/>
Konstitution für die Colonie am 26. März gab man den Gedanken an Aussöh¬<lb/>
nung mit England nicht auf. Nordcarolina hingegen ermächtigte am 12.<lb/>
April seine Abgeordneten zum Continentalcongresfe, mit denen der anderen<lb/>
Colonien die Unabhängigkeit Amerikas zu erklären und aus Bündnisse mit<lb/>
dem Auslande anzutragen, wagte also den weitesten Schritt, der bisher ge¬<lb/>
plant werden. Rhode-Island entband seine Bewohner am 4. Mai der Un¬<lb/>
terthanenpflicht gegen den König und schuf somit eine eigene Republik. Andere<lb/>
Colonien hingegen, wie z. B. Pennsylvanien, zeigten sich weit ruhiger und<lb/>
conservativer, scheuten vor Gewaltschritten zurück. Für den ganzen Süden<lb/>
war von hohem Einflüsse die Anrede des Oberrichters von Südcarolina an<lb/>
die Geschwornen &#x2014; William Henry Drayton legte ihnen im April 1776<lb/>
rechtlich dar, Georg III. habe durch seine Gewaltmaßregeln für sich und seine<lb/>
Familie die Herrschaft in Amerika verwirkt, und der Thron sei erledigt. Im<lb/>
Mai stellte John Adams, der glühende Apostel colonialer Freiheit, auf dem<lb/>
Congresse in Philadelphia den Antrag, jede der dreizehn Colonien möge sich eine<lb/>
Regierung wählen, und siegte hiermit am 10. Mai. Vollständig unterdrückte<lb/>
man jetzt die Autorität der Krone in den Colonien, verweigerte ihr den Eid,<lb/>
und das Volk nahm selbst seine Regierung in die Hand. John Adams rief<lb/>
aus: &#x201E;Der gordische Knoten ist zerhauen", und überlegte bereits die best mög¬<lb/>
liche Constitution für den neuen Freistaat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_582" next="#ID_583"> In Virginien war die königliche Autorität wie weggeweht, man riß sich<lb/>
von England los und bevollmächtigte die Deputirten dem Congresse die Er-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0236] klärung, wie Franklin gewollt, wohl aber mit der Ermächtigung zur Kaperei aller britischen Schiffe und Ladungen, begnügte sich also mit dem einfachen Vergeltungsrechte und bezeichnete am 23. März Georg III. als die Ursache des Zerwürfnisses zwischen Amerika und Britannien. Ferner verbot man aus Humanität unbedingt die Einführung von Sklaven in die dreizehn Colonien und legte so die Grundidee zur späteren Emanci¬ pation der Schwarzen; den 6. April endlich eröffneten die 13 Colonien ihren Handel dem ganzen Erdkreise, soweit er nicht britisch sei, erklärten also ihre volle Souveränität in Sachen des Verkehrs mit dem Auslande. Trotzdem wollten Viele noch nichts von der offenen Verkündigung der Unabhängigkeit wissen, jedenfalls aber nicht alle Riegel vor das Thor der Versöhnung schieben, bevor die Colonien auswärtiger Hülfe gewiß seien. Und wirklich gelang es jetzt die Bedenken in Versailles und Madrid so weit zu beschwichtigen, daß beide Höfe heimliche Subsidiengelder an die 13 Colonien gelangen ließen, im Juni 1776. In Südcarolina sprach jetzt Gadsden am 10. Februar für Amerikas totale Unabhängigkeit, stieß aber auf allgemeine Verblüffung, denn so weit glaubte man nicht gehen zu dürfen, und auch nach Errichtung der neuen Konstitution für die Colonie am 26. März gab man den Gedanken an Aussöh¬ nung mit England nicht auf. Nordcarolina hingegen ermächtigte am 12. April seine Abgeordneten zum Continentalcongresfe, mit denen der anderen Colonien die Unabhängigkeit Amerikas zu erklären und aus Bündnisse mit dem Auslande anzutragen, wagte also den weitesten Schritt, der bisher ge¬ plant werden. Rhode-Island entband seine Bewohner am 4. Mai der Un¬ terthanenpflicht gegen den König und schuf somit eine eigene Republik. Andere Colonien hingegen, wie z. B. Pennsylvanien, zeigten sich weit ruhiger und conservativer, scheuten vor Gewaltschritten zurück. Für den ganzen Süden war von hohem Einflüsse die Anrede des Oberrichters von Südcarolina an die Geschwornen — William Henry Drayton legte ihnen im April 1776 rechtlich dar, Georg III. habe durch seine Gewaltmaßregeln für sich und seine Familie die Herrschaft in Amerika verwirkt, und der Thron sei erledigt. Im Mai stellte John Adams, der glühende Apostel colonialer Freiheit, auf dem Congresse in Philadelphia den Antrag, jede der dreizehn Colonien möge sich eine Regierung wählen, und siegte hiermit am 10. Mai. Vollständig unterdrückte man jetzt die Autorität der Krone in den Colonien, verweigerte ihr den Eid, und das Volk nahm selbst seine Regierung in die Hand. John Adams rief aus: „Der gordische Knoten ist zerhauen", und überlegte bereits die best mög¬ liche Constitution für den neuen Freistaat. In Virginien war die königliche Autorität wie weggeweht, man riß sich von England los und bevollmächtigte die Deputirten dem Congresse die Er-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/236
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/236>, abgerufen am 27.09.2024.