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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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boten worden. Aller Handel mit den dreizehn Colonien sei abgebrochen, die
Schiffe und das Eigenthum derselben als gute Prise erklärt. Allen gerechten
Beschwerden aber abzuhelfen, werde er Commissaire nach Amerika schicken,
die den Reuigen Amnestie geben dürften. Das Unterhaus schloß sich mit
278 gegen 110 Stimmen an, und das Oberhaus hegte gleiche Gesin¬
nungen, so war das Parlament mit dem Könige einig gegen einen Theil
seiner Unterthanen. Im Ministerium wurden Veränderungen vorgenommen,
Grafton trat ab und erhielt Dartmouth, den freundlichen Vertreter der Un¬
fähigkeit, zum Nachfolger als Geheimstegelbewahrer, für Dartmouth aber
wurde Minister für Amerika Lord Sackville Germain, ein ebenso falscher und
feiger, wie eitler und grausamer Charakter, dabei ein Todfeind des rebelliren-
den Amerika; für den pensionirten Rochfort endlich übernahm der tingere
Lord Weymouth das Portefeuille des Handels. Das nunmehr bestehende
Ministerium war das schlechteste des Jahrhunderts und entbehrte jeder Popu¬
larität und Achtung, war darum auf die Tyrannei gleichsam hingewiesen.
Auch in Irland hegte man keinerlei Neigung zum Kampfe gegen Amerika
und das Parlament ertönte von energischen Gegenreden, trotzdem wurden von
ihm 4000 Mann Truppen mit 120 gegen 76 Stimmen bewilligt. Lord
North brachte nun die Bill ein, die allen Handel mit den 13 Colonien ver¬
bot und die wetteren Wünsche Georg's III. vom 26. Oktober wiederholte,
Mansfield führte abermals den Sieg herbet, ohne jede Abstimmung nahm
man im December 1775 die Bill an.

In Amerika sah man sich indessen von der Rache und Wuth bedroht,
die englischen Beamten scheuten sich nicht die Indianer zum Kriegs mit den
Colonien anzustacheln, in Canada forderte der Gouverneur Carleton überdies
die französischen Bauern auf, sich zu erheben, erklärte das Martialgesetz und
bezeichnete die amerikanischen Grenzer als Verräther. Amerika blieb Nichts
weiter übrig als Canada zu besetzen. Der Ire Richard Montgomery schlug
die Engländer, nahm Se. Johns und Montreal ein (3. und 12. November),
gegen Quebeck wurde von Washington Arnold gesendet und im November
von Montgomery verstärkt, rückte unter entsetzlichen Entbehrungen vorwärts,
wurde durch widrige Winde am Ueberfalle der Stadt durch rasches Uebersetzen
des Lorenz-Stromes gehindert; dann unternahm man in der Nacht des 31.
Decembers den Sturm auf Quebeck, mitten im Erfolge fiel Montgomery,
Arnold erhielt eine schwere Wunde, die ganze Expeditton scheiterte, völlig
demoralisirt liefen die Schaaren auseinander, Canada wurde schleunigst ge¬
räumt, der Heldenzug Montgomery's und Arnold's war ohne Erfolg ge¬
blieben. In Virginien entfesselte der Gouverneur Lord Dunmore die Sklaven
gegen ihre Herren; um letztere zu vernichten, erklärte er'Jene frei, verwüstete


boten worden. Aller Handel mit den dreizehn Colonien sei abgebrochen, die
Schiffe und das Eigenthum derselben als gute Prise erklärt. Allen gerechten
Beschwerden aber abzuhelfen, werde er Commissaire nach Amerika schicken,
die den Reuigen Amnestie geben dürften. Das Unterhaus schloß sich mit
278 gegen 110 Stimmen an, und das Oberhaus hegte gleiche Gesin¬
nungen, so war das Parlament mit dem Könige einig gegen einen Theil
seiner Unterthanen. Im Ministerium wurden Veränderungen vorgenommen,
Grafton trat ab und erhielt Dartmouth, den freundlichen Vertreter der Un¬
fähigkeit, zum Nachfolger als Geheimstegelbewahrer, für Dartmouth aber
wurde Minister für Amerika Lord Sackville Germain, ein ebenso falscher und
feiger, wie eitler und grausamer Charakter, dabei ein Todfeind des rebelliren-
den Amerika; für den pensionirten Rochfort endlich übernahm der tingere
Lord Weymouth das Portefeuille des Handels. Das nunmehr bestehende
Ministerium war das schlechteste des Jahrhunderts und entbehrte jeder Popu¬
larität und Achtung, war darum auf die Tyrannei gleichsam hingewiesen.
Auch in Irland hegte man keinerlei Neigung zum Kampfe gegen Amerika
und das Parlament ertönte von energischen Gegenreden, trotzdem wurden von
ihm 4000 Mann Truppen mit 120 gegen 76 Stimmen bewilligt. Lord
North brachte nun die Bill ein, die allen Handel mit den 13 Colonien ver¬
bot und die wetteren Wünsche Georg's III. vom 26. Oktober wiederholte,
Mansfield führte abermals den Sieg herbet, ohne jede Abstimmung nahm
man im December 1775 die Bill an.

In Amerika sah man sich indessen von der Rache und Wuth bedroht,
die englischen Beamten scheuten sich nicht die Indianer zum Kriegs mit den
Colonien anzustacheln, in Canada forderte der Gouverneur Carleton überdies
die französischen Bauern auf, sich zu erheben, erklärte das Martialgesetz und
bezeichnete die amerikanischen Grenzer als Verräther. Amerika blieb Nichts
weiter übrig als Canada zu besetzen. Der Ire Richard Montgomery schlug
die Engländer, nahm Se. Johns und Montreal ein (3. und 12. November),
gegen Quebeck wurde von Washington Arnold gesendet und im November
von Montgomery verstärkt, rückte unter entsetzlichen Entbehrungen vorwärts,
wurde durch widrige Winde am Ueberfalle der Stadt durch rasches Uebersetzen
des Lorenz-Stromes gehindert; dann unternahm man in der Nacht des 31.
Decembers den Sturm auf Quebeck, mitten im Erfolge fiel Montgomery,
Arnold erhielt eine schwere Wunde, die ganze Expeditton scheiterte, völlig
demoralisirt liefen die Schaaren auseinander, Canada wurde schleunigst ge¬
räumt, der Heldenzug Montgomery's und Arnold's war ohne Erfolg ge¬
blieben. In Virginien entfesselte der Gouverneur Lord Dunmore die Sklaven
gegen ihre Herren; um letztere zu vernichten, erklärte er'Jene frei, verwüstete


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/234>, abgerufen am 27.09.2024.