Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

er in der Jurisprudenz wie in allem, was er angriff, etwas Tüchtiges ge¬
leistet zu haben; denn einem bloßen Scribenten hätte man schwerlich die
Stelle eines Oommissionsr ok LaickruMz? gegeben, die ihm die angenehme
Summe von jährlich tausend Guineen einbrachte. Kurze Zeit im Amte, ge¬
langte Macaulay zu der höchsten Ehre, die ihm als Bürger seines Landes zu
Theil werden konnte, einem Sitz im Ilonse ok vommovs, wo er natürlich
zur Reformpartei gehörte und aufs Kräftigste in die damals so lebhafte Be¬
wegung eingriff. Wie er erst wenige Monate zuvor als Vertheidiger der
freiheitlichen Rechte des Volkes eingetreten war bei der Abstimmung der
Universität Cambridge über die Emancipation der Katholiken, -- so warf er
sich im Unterhause zum Beschützer der angefochtenen Bürgerrechte der Juden
auf. Die Rede, die er über diese Frage am 5. April 1830 gehalten, liest sich
der Form nach wie nur einer seiner besten Essays, -- scharf, schlagend, reich¬
lich mit Antithesen gewürzt, voll der beweiskräftigsten Citate. Die Londoner
Juden ehrten sich mit einer Einladung Macaulay's zu einem ihrer-großen
Dankbälle, welcher der junge Parlamentarier zum nicht geringen Staunen
seiner strenggläubigen Verwandten folgte.

Der für sein ganzes ferneres Leben entscheidende Schritt, der ihm die
Wege zur höchsten staatsmännischen Carriere offen legte, geschah am 1. März
1831, wo er seine erste große Reformrede hielt, die noch heute in den höheren
Schulen Englands zu den besten Stücken jeder guten Chrestomathie zählt.
Der Eindruck der Rede auf das zu enthusiastischem Jubel doch nicht gerade
sehr geneigte englische Parlament war ein überwältigender; der Sprecher
rief ihn zu sich und beglückwünschte ihn; neben Fox, Burke, Canning wurde
sein Name genannt.

Die nächste leder arische Leistung Macaulay's war sein Aufsatz über
Lord Byron, anknüpfend an die damals erschienene Biographie Byron's
von Thomas Moore. Macaulay gesteht selbst, daß er dieses Essay mehr oder
weniger eontrs coeur geschrieben: ,,I never wrots an^tning ^vier less nsart.
I av not illae tre KooK, I av not lito tue Ksro." Und doch welches Meister¬
werk, dieses Essay, welch vollendeter Stil, welche Wärme in diesem, wie er
sich gern einreden wollte, invita Ninerva geschriebenen Nachruf an seinen
großen Landsmann. Wollte der Himmel, daß alle Biographen Lord Byron's,
auch die ihm freundlich gesinnten, von einer so edeln Auffassung des Dichters
ausgegangen wären, wie Macaulay! Wahrscheinlich hat das kritiklose Buch
Moore's mit seiner so stark hervortretenden Selbstberäucherung aus Kosten
Byron's den gestrengen Historiker Macaulay unangenehm berührt, so daß das
I av not like ins noro sich daher schreibt. -- Fünfundzwanzig Jahre später
Äußerte er sich über Byron dahin: "Er war ein schlechter Kerl und ent¬
setzlich affecttrt. Aber was hat ihm auch gefehlt, um einen Charakter zu ver-


er in der Jurisprudenz wie in allem, was er angriff, etwas Tüchtiges ge¬
leistet zu haben; denn einem bloßen Scribenten hätte man schwerlich die
Stelle eines Oommissionsr ok LaickruMz? gegeben, die ihm die angenehme
Summe von jährlich tausend Guineen einbrachte. Kurze Zeit im Amte, ge¬
langte Macaulay zu der höchsten Ehre, die ihm als Bürger seines Landes zu
Theil werden konnte, einem Sitz im Ilonse ok vommovs, wo er natürlich
zur Reformpartei gehörte und aufs Kräftigste in die damals so lebhafte Be¬
wegung eingriff. Wie er erst wenige Monate zuvor als Vertheidiger der
freiheitlichen Rechte des Volkes eingetreten war bei der Abstimmung der
Universität Cambridge über die Emancipation der Katholiken, — so warf er
sich im Unterhause zum Beschützer der angefochtenen Bürgerrechte der Juden
auf. Die Rede, die er über diese Frage am 5. April 1830 gehalten, liest sich
der Form nach wie nur einer seiner besten Essays, — scharf, schlagend, reich¬
lich mit Antithesen gewürzt, voll der beweiskräftigsten Citate. Die Londoner
Juden ehrten sich mit einer Einladung Macaulay's zu einem ihrer-großen
Dankbälle, welcher der junge Parlamentarier zum nicht geringen Staunen
seiner strenggläubigen Verwandten folgte.

Der für sein ganzes ferneres Leben entscheidende Schritt, der ihm die
Wege zur höchsten staatsmännischen Carriere offen legte, geschah am 1. März
1831, wo er seine erste große Reformrede hielt, die noch heute in den höheren
Schulen Englands zu den besten Stücken jeder guten Chrestomathie zählt.
Der Eindruck der Rede auf das zu enthusiastischem Jubel doch nicht gerade
sehr geneigte englische Parlament war ein überwältigender; der Sprecher
rief ihn zu sich und beglückwünschte ihn; neben Fox, Burke, Canning wurde
sein Name genannt.

Die nächste leder arische Leistung Macaulay's war sein Aufsatz über
Lord Byron, anknüpfend an die damals erschienene Biographie Byron's
von Thomas Moore. Macaulay gesteht selbst, daß er dieses Essay mehr oder
weniger eontrs coeur geschrieben: ,,I never wrots an^tning ^vier less nsart.
I av not illae tre KooK, I av not lito tue Ksro." Und doch welches Meister¬
werk, dieses Essay, welch vollendeter Stil, welche Wärme in diesem, wie er
sich gern einreden wollte, invita Ninerva geschriebenen Nachruf an seinen
großen Landsmann. Wollte der Himmel, daß alle Biographen Lord Byron's,
auch die ihm freundlich gesinnten, von einer so edeln Auffassung des Dichters
ausgegangen wären, wie Macaulay! Wahrscheinlich hat das kritiklose Buch
Moore's mit seiner so stark hervortretenden Selbstberäucherung aus Kosten
Byron's den gestrengen Historiker Macaulay unangenehm berührt, so daß das
I av not like ins noro sich daher schreibt. — Fünfundzwanzig Jahre später
Äußerte er sich über Byron dahin: „Er war ein schlechter Kerl und ent¬
setzlich affecttrt. Aber was hat ihm auch gefehlt, um einen Charakter zu ver-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0175" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136286"/>
          <p xml:id="ID_416" prev="#ID_415"> er in der Jurisprudenz wie in allem, was er angriff, etwas Tüchtiges ge¬<lb/>
leistet zu haben; denn einem bloßen Scribenten hätte man schwerlich die<lb/>
Stelle eines Oommissionsr ok LaickruMz? gegeben, die ihm die angenehme<lb/>
Summe von jährlich tausend Guineen einbrachte. Kurze Zeit im Amte, ge¬<lb/>
langte Macaulay zu der höchsten Ehre, die ihm als Bürger seines Landes zu<lb/>
Theil werden konnte, einem Sitz im Ilonse ok vommovs, wo er natürlich<lb/>
zur Reformpartei gehörte und aufs Kräftigste in die damals so lebhafte Be¬<lb/>
wegung eingriff. Wie er erst wenige Monate zuvor als Vertheidiger der<lb/>
freiheitlichen Rechte des Volkes eingetreten war bei der Abstimmung der<lb/>
Universität Cambridge über die Emancipation der Katholiken, &#x2014; so warf er<lb/>
sich im Unterhause zum Beschützer der angefochtenen Bürgerrechte der Juden<lb/>
auf. Die Rede, die er über diese Frage am 5. April 1830 gehalten, liest sich<lb/>
der Form nach wie nur einer seiner besten Essays, &#x2014; scharf, schlagend, reich¬<lb/>
lich mit Antithesen gewürzt, voll der beweiskräftigsten Citate. Die Londoner<lb/>
Juden ehrten sich mit einer Einladung Macaulay's zu einem ihrer-großen<lb/>
Dankbälle, welcher der junge Parlamentarier zum nicht geringen Staunen<lb/>
seiner strenggläubigen Verwandten folgte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_417"> Der für sein ganzes ferneres Leben entscheidende Schritt, der ihm die<lb/>
Wege zur höchsten staatsmännischen Carriere offen legte, geschah am 1. März<lb/>
1831, wo er seine erste große Reformrede hielt, die noch heute in den höheren<lb/>
Schulen Englands zu den besten Stücken jeder guten Chrestomathie zählt.<lb/>
Der Eindruck der Rede auf das zu enthusiastischem Jubel doch nicht gerade<lb/>
sehr geneigte englische Parlament war ein überwältigender; der Sprecher<lb/>
rief ihn zu sich und beglückwünschte ihn; neben Fox, Burke, Canning wurde<lb/>
sein Name genannt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_418" next="#ID_419"> Die nächste leder arische Leistung Macaulay's war sein Aufsatz über<lb/>
Lord Byron, anknüpfend an die damals erschienene Biographie Byron's<lb/>
von Thomas Moore. Macaulay gesteht selbst, daß er dieses Essay mehr oder<lb/>
weniger eontrs coeur geschrieben: ,,I never wrots an^tning ^vier less nsart.<lb/>
I av not illae tre KooK, I av not lito tue Ksro." Und doch welches Meister¬<lb/>
werk, dieses Essay, welch vollendeter Stil, welche Wärme in diesem, wie er<lb/>
sich gern einreden wollte, invita Ninerva geschriebenen Nachruf an seinen<lb/>
großen Landsmann. Wollte der Himmel, daß alle Biographen Lord Byron's,<lb/>
auch die ihm freundlich gesinnten, von einer so edeln Auffassung des Dichters<lb/>
ausgegangen wären, wie Macaulay! Wahrscheinlich hat das kritiklose Buch<lb/>
Moore's mit seiner so stark hervortretenden Selbstberäucherung aus Kosten<lb/>
Byron's den gestrengen Historiker Macaulay unangenehm berührt, so daß das<lb/>
I av not like ins noro sich daher schreibt. &#x2014; Fünfundzwanzig Jahre später<lb/>
Äußerte er sich über Byron dahin: &#x201E;Er war ein schlechter Kerl und ent¬<lb/>
setzlich affecttrt. Aber was hat ihm auch gefehlt, um einen Charakter zu ver-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0175] er in der Jurisprudenz wie in allem, was er angriff, etwas Tüchtiges ge¬ leistet zu haben; denn einem bloßen Scribenten hätte man schwerlich die Stelle eines Oommissionsr ok LaickruMz? gegeben, die ihm die angenehme Summe von jährlich tausend Guineen einbrachte. Kurze Zeit im Amte, ge¬ langte Macaulay zu der höchsten Ehre, die ihm als Bürger seines Landes zu Theil werden konnte, einem Sitz im Ilonse ok vommovs, wo er natürlich zur Reformpartei gehörte und aufs Kräftigste in die damals so lebhafte Be¬ wegung eingriff. Wie er erst wenige Monate zuvor als Vertheidiger der freiheitlichen Rechte des Volkes eingetreten war bei der Abstimmung der Universität Cambridge über die Emancipation der Katholiken, — so warf er sich im Unterhause zum Beschützer der angefochtenen Bürgerrechte der Juden auf. Die Rede, die er über diese Frage am 5. April 1830 gehalten, liest sich der Form nach wie nur einer seiner besten Essays, — scharf, schlagend, reich¬ lich mit Antithesen gewürzt, voll der beweiskräftigsten Citate. Die Londoner Juden ehrten sich mit einer Einladung Macaulay's zu einem ihrer-großen Dankbälle, welcher der junge Parlamentarier zum nicht geringen Staunen seiner strenggläubigen Verwandten folgte. Der für sein ganzes ferneres Leben entscheidende Schritt, der ihm die Wege zur höchsten staatsmännischen Carriere offen legte, geschah am 1. März 1831, wo er seine erste große Reformrede hielt, die noch heute in den höheren Schulen Englands zu den besten Stücken jeder guten Chrestomathie zählt. Der Eindruck der Rede auf das zu enthusiastischem Jubel doch nicht gerade sehr geneigte englische Parlament war ein überwältigender; der Sprecher rief ihn zu sich und beglückwünschte ihn; neben Fox, Burke, Canning wurde sein Name genannt. Die nächste leder arische Leistung Macaulay's war sein Aufsatz über Lord Byron, anknüpfend an die damals erschienene Biographie Byron's von Thomas Moore. Macaulay gesteht selbst, daß er dieses Essay mehr oder weniger eontrs coeur geschrieben: ,,I never wrots an^tning ^vier less nsart. I av not illae tre KooK, I av not lito tue Ksro." Und doch welches Meister¬ werk, dieses Essay, welch vollendeter Stil, welche Wärme in diesem, wie er sich gern einreden wollte, invita Ninerva geschriebenen Nachruf an seinen großen Landsmann. Wollte der Himmel, daß alle Biographen Lord Byron's, auch die ihm freundlich gesinnten, von einer so edeln Auffassung des Dichters ausgegangen wären, wie Macaulay! Wahrscheinlich hat das kritiklose Buch Moore's mit seiner so stark hervortretenden Selbstberäucherung aus Kosten Byron's den gestrengen Historiker Macaulay unangenehm berührt, so daß das I av not like ins noro sich daher schreibt. — Fünfundzwanzig Jahre später Äußerte er sich über Byron dahin: „Er war ein schlechter Kerl und ent¬ setzlich affecttrt. Aber was hat ihm auch gefehlt, um einen Charakter zu ver-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/175
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/175>, abgerufen am 27.09.2024.