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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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welche in einem Jahre gemacht werden, den dazu erforderlichen Metallvorrath
um das Vielfache übersteigen. Ich habe einmal einen Versuch angestellt, das
Zahlenverhältniß des Kapitals, der Transactionen und des Geldvorrathes
verschiedener Länder annähernd zu schätzen und habe gefunden, daß die Um¬
laufsmittel in Oesterreich und Deutschland im höchsten Falle 10 pCt. und in
England sogar kaum 8 pCt. der Transactionen umfassen und daß der Geld¬
vorrath in den ersteren Ländern nur 2 pCt. und in Großbritannien sogar
nur 1 pCt. des Gesammtvermögens bildet. Der Unterschied zwischen den
beiden Ländern rührt von dem Gebrauch der OnseKs und des (HierinZ-Zons"
in England her. Bei dieser natürlichen Grenze, innerhalb welcher sich die
Verwendung des Geldes bewegt, kommen auch Schwankungen im Bedarf vor,
je nach dem wechselnden Umfang der Transactionen und je nach der Wirk¬
samkeit der Surrogate, welche an Stelle der Umlaufsmittel verwendet werden
und von denen wir soeben zwei genannt haben. Besteht nun das Circula-
tionsmedium in einem Lande aus Metall-Geld, so werden die Schwankungen
in den Ansätzen folgende Wirkung haben. Vermindern sich die Transactionen,
so sammelt sich mehr baares Geld in den Cassen auf, namentlich in den
Baarschätzen der Banken und es wird ein Bruchtheil mehr Geld in seiner
Eigenschaft als Capital verfügbar und ausgeboten, der Discontosatz sinkt
und wenn er längere Zeit niedrig bleibt, dann fließt Capital in Gestalt von
Geld ins Ausland ab, um dort zum Kauf von Wechseln oder Werthpapieren
oder zu irgend einer andern gewinnbringenden Anlage verwendet zu werden,
solange bis das Gleichgewicht zwischen Ansätzen und Umlaufsmitteln wieder
hergestellt ist. Unter solchen Umständen reizt die verhältnißmäßige Fülle an
Geld auch nicht selten einerseits zu einer Wiedervermehrung der Umsätze,
andererseits zu einer Steigerung der Preise, und diese letztere lockt ausländische
Producenten, von diesen höheren Preisen zu profitiren und durch den Ver¬
kauf importirter Waaren baares Geld zurückzuziehen. Damit wird also auf
drei Wegen das Gleichgewicht zwischen Ansätzen und Umlaufsmitteln ange¬
strebt. Vermehrer sich dagegen die Umsätze eines bestimmten Münzgebietes
und reicht der Vorrath an Metallgeld zu ihrer Vermittelung nicht mehr aus,
dann steigt die Nachfrage nach Geld, der Preis der Waaren erlangt die
Tendenz zu sinken, der Discontosatz steigt und beide Bewegungen wirken als
Pumpe, um Geldcapital aus dem Auslande hereinzuziehen, bis das Gleich¬
gewicht wieder hergestellt ist. Man darf dabei nicht übersehen, daß neben
dieser Bewegung der Variationen und Vibrationen der Umlaufsmittel auch
noch die Bewegung des Capitals in Gestalt von Waaren und Edelmetallen
und von Schuldtiteln (Wechseln, Untier, Obligationen, Staatspapieren) ein¬
hergeht, daß beide zuweilen in einander laufen und namentlich in der Preis¬
bewegung genau analysirt und getrennt werden müssen, wenn man nicht zu


welche in einem Jahre gemacht werden, den dazu erforderlichen Metallvorrath
um das Vielfache übersteigen. Ich habe einmal einen Versuch angestellt, das
Zahlenverhältniß des Kapitals, der Transactionen und des Geldvorrathes
verschiedener Länder annähernd zu schätzen und habe gefunden, daß die Um¬
laufsmittel in Oesterreich und Deutschland im höchsten Falle 10 pCt. und in
England sogar kaum 8 pCt. der Transactionen umfassen und daß der Geld¬
vorrath in den ersteren Ländern nur 2 pCt. und in Großbritannien sogar
nur 1 pCt. des Gesammtvermögens bildet. Der Unterschied zwischen den
beiden Ländern rührt von dem Gebrauch der OnseKs und des (HierinZ-Zons«
in England her. Bei dieser natürlichen Grenze, innerhalb welcher sich die
Verwendung des Geldes bewegt, kommen auch Schwankungen im Bedarf vor,
je nach dem wechselnden Umfang der Transactionen und je nach der Wirk¬
samkeit der Surrogate, welche an Stelle der Umlaufsmittel verwendet werden
und von denen wir soeben zwei genannt haben. Besteht nun das Circula-
tionsmedium in einem Lande aus Metall-Geld, so werden die Schwankungen
in den Ansätzen folgende Wirkung haben. Vermindern sich die Transactionen,
so sammelt sich mehr baares Geld in den Cassen auf, namentlich in den
Baarschätzen der Banken und es wird ein Bruchtheil mehr Geld in seiner
Eigenschaft als Capital verfügbar und ausgeboten, der Discontosatz sinkt
und wenn er längere Zeit niedrig bleibt, dann fließt Capital in Gestalt von
Geld ins Ausland ab, um dort zum Kauf von Wechseln oder Werthpapieren
oder zu irgend einer andern gewinnbringenden Anlage verwendet zu werden,
solange bis das Gleichgewicht zwischen Ansätzen und Umlaufsmitteln wieder
hergestellt ist. Unter solchen Umständen reizt die verhältnißmäßige Fülle an
Geld auch nicht selten einerseits zu einer Wiedervermehrung der Umsätze,
andererseits zu einer Steigerung der Preise, und diese letztere lockt ausländische
Producenten, von diesen höheren Preisen zu profitiren und durch den Ver¬
kauf importirter Waaren baares Geld zurückzuziehen. Damit wird also auf
drei Wegen das Gleichgewicht zwischen Ansätzen und Umlaufsmitteln ange¬
strebt. Vermehrer sich dagegen die Umsätze eines bestimmten Münzgebietes
und reicht der Vorrath an Metallgeld zu ihrer Vermittelung nicht mehr aus,
dann steigt die Nachfrage nach Geld, der Preis der Waaren erlangt die
Tendenz zu sinken, der Discontosatz steigt und beide Bewegungen wirken als
Pumpe, um Geldcapital aus dem Auslande hereinzuziehen, bis das Gleich¬
gewicht wieder hergestellt ist. Man darf dabei nicht übersehen, daß neben
dieser Bewegung der Variationen und Vibrationen der Umlaufsmittel auch
noch die Bewegung des Capitals in Gestalt von Waaren und Edelmetallen
und von Schuldtiteln (Wechseln, Untier, Obligationen, Staatspapieren) ein¬
hergeht, daß beide zuweilen in einander laufen und namentlich in der Preis¬
bewegung genau analysirt und getrennt werden müssen, wenn man nicht zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/16>, abgerufen am 27.09.2024.