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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Stamme an, doch giebt es auch eine Anzahl von Rumänen, die meist Acker¬
bauer sind, ferner Armenier, Griechen und Bulgaren, die in der Regel
Handel treiben, endlich in Belgrad einige Deutsche. Unter den Städten des
Landes nimmt Belgrad mit circa 25,000 Einwohnern und seinen Bildungs¬
anstalten höherer Klasse den ersten Rang ein. Es ist die Residenz des Fürsten,
der Sitz der weltlichen und der geistlichen Centralbehörden und die Haupt¬
handelsniederlage zwischen Konstantinopel und Salonik auf der einen und
Pest und Wien auf der andern Seite. Die zweitgrößte Stadt. Semendria,
hat ungefähr 12,000 Einwohner. Sonst sind nur noch Nove Bazar mit
9000, Uschitscha mit 7000, Rissa mit 5000 und das kleine Kragujewatsch zu
erwähnen, wo die Skupschtina tagt. Mehr als neun Zehntel der Serben
wohnen in kleinen Dörfern als Viehzüchter.

Im Kriege muß jeder waffenfähige Mann ins Feld ziehen. Die Armee
besteht aus dem stehenden Heere und der Landwehr oder der Nationalarmee.

Jenes gliedert sich wie folgt: Stäbe 43 Offiziere, Infanterie 4 Bataillone,
die zusammen 103 Offiziere und 1600 Unteroffiziere und Gemeine zählen,
Reiterei 2 Escadrons, 66 Offiziere und 320 Unteroffiziere und Gemeine,
Artillerie 8 Batterien mit 100 Offizieren, 1090 Gemeinen und 48 Geschützen,
endlich ein Bataillon Genietruppen mit 36 Offizieren und 600 Gemeinen,
Summa: 315 Offiziere und 3610 Gemeine und Unteroffiziere. Die Dienst¬
pflicht erstreckt sich über zwei Jahre. Außerdem gehören zu diesem Theile
des Heeres der Sanitätsdienst mit 30 Offizieren und 96 Gemeinen, der Thier¬
arzneidienst mit 8 Offizieren und 28 Gemeinen und der Train, der nur aus
76 Mann besteht.

Nach neueren glaubenswürdiger Nachrichten ist der Stand der Nattonal-
armee folgender: Erste Klasse 18 Brigaden Infanterie mit zusammen 81
Bataillonen, die nominell 800, in Wirklichkeit aber nur etwa 700 Mann
stark sind, 33 Escadrons Reiterei, 18 Compagnien Feld-Artillerie, 4 Com¬
pagnien Festungsartillerie, 1 Bataillon Pontoniere, 17 Compagnien Pioniere
mit einer Feuerwerks- und einigen Handwerker-Abtheilungen, im Ganzen
ungefähr 80,000 Combattanten; zweite Klasse 34 Bataillone Infanterie, 18
Compagnien Feldartillerie, 17 Compagnien Pioniere, im Ganzen nicht ganz
40.000 Mann. Die Dienstpflicht umfaßt in der ersten Klasse alle brauch¬
baren Männer vom 18. bis zum 36., in der zweiten alle Waffenfähigen vom 35.
bis zum 60. Lebensjahre; jene soll binnen 10, diese binnen 12 Tagen mobil
werden. Im Frieden herrscht eine scharfe Controle über die Wehrpflichtigen.
Jedermann hat seine Waffen bei sich. Unsere Quelle rühmt der serbischen
Armee ein hohes militärisches Ehrgefühl nach. Die stehende Armee wird
im Kriege nicht mehr wie früher in die Nationalarmee aufgelöst, sondern
bildet eine Gardebrigade für sich. Die Nationalarmee hat bis zum Bataillons-


Grenzboten III. 1870. 18

Stamme an, doch giebt es auch eine Anzahl von Rumänen, die meist Acker¬
bauer sind, ferner Armenier, Griechen und Bulgaren, die in der Regel
Handel treiben, endlich in Belgrad einige Deutsche. Unter den Städten des
Landes nimmt Belgrad mit circa 25,000 Einwohnern und seinen Bildungs¬
anstalten höherer Klasse den ersten Rang ein. Es ist die Residenz des Fürsten,
der Sitz der weltlichen und der geistlichen Centralbehörden und die Haupt¬
handelsniederlage zwischen Konstantinopel und Salonik auf der einen und
Pest und Wien auf der andern Seite. Die zweitgrößte Stadt. Semendria,
hat ungefähr 12,000 Einwohner. Sonst sind nur noch Nove Bazar mit
9000, Uschitscha mit 7000, Rissa mit 5000 und das kleine Kragujewatsch zu
erwähnen, wo die Skupschtina tagt. Mehr als neun Zehntel der Serben
wohnen in kleinen Dörfern als Viehzüchter.

Im Kriege muß jeder waffenfähige Mann ins Feld ziehen. Die Armee
besteht aus dem stehenden Heere und der Landwehr oder der Nationalarmee.

Jenes gliedert sich wie folgt: Stäbe 43 Offiziere, Infanterie 4 Bataillone,
die zusammen 103 Offiziere und 1600 Unteroffiziere und Gemeine zählen,
Reiterei 2 Escadrons, 66 Offiziere und 320 Unteroffiziere und Gemeine,
Artillerie 8 Batterien mit 100 Offizieren, 1090 Gemeinen und 48 Geschützen,
endlich ein Bataillon Genietruppen mit 36 Offizieren und 600 Gemeinen,
Summa: 315 Offiziere und 3610 Gemeine und Unteroffiziere. Die Dienst¬
pflicht erstreckt sich über zwei Jahre. Außerdem gehören zu diesem Theile
des Heeres der Sanitätsdienst mit 30 Offizieren und 96 Gemeinen, der Thier¬
arzneidienst mit 8 Offizieren und 28 Gemeinen und der Train, der nur aus
76 Mann besteht.

Nach neueren glaubenswürdiger Nachrichten ist der Stand der Nattonal-
armee folgender: Erste Klasse 18 Brigaden Infanterie mit zusammen 81
Bataillonen, die nominell 800, in Wirklichkeit aber nur etwa 700 Mann
stark sind, 33 Escadrons Reiterei, 18 Compagnien Feld-Artillerie, 4 Com¬
pagnien Festungsartillerie, 1 Bataillon Pontoniere, 17 Compagnien Pioniere
mit einer Feuerwerks- und einigen Handwerker-Abtheilungen, im Ganzen
ungefähr 80,000 Combattanten; zweite Klasse 34 Bataillone Infanterie, 18
Compagnien Feldartillerie, 17 Compagnien Pioniere, im Ganzen nicht ganz
40.000 Mann. Die Dienstpflicht umfaßt in der ersten Klasse alle brauch¬
baren Männer vom 18. bis zum 36., in der zweiten alle Waffenfähigen vom 35.
bis zum 60. Lebensjahre; jene soll binnen 10, diese binnen 12 Tagen mobil
werden. Im Frieden herrscht eine scharfe Controle über die Wehrpflichtigen.
Jedermann hat seine Waffen bei sich. Unsere Quelle rühmt der serbischen
Armee ein hohes militärisches Ehrgefühl nach. Die stehende Armee wird
im Kriege nicht mehr wie früher in die Nationalarmee aufgelöst, sondern
bildet eine Gardebrigade für sich. Die Nationalarmee hat bis zum Bataillons-


Grenzboten III. 1870. 18
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[0145] Stamme an, doch giebt es auch eine Anzahl von Rumänen, die meist Acker¬ bauer sind, ferner Armenier, Griechen und Bulgaren, die in der Regel Handel treiben, endlich in Belgrad einige Deutsche. Unter den Städten des Landes nimmt Belgrad mit circa 25,000 Einwohnern und seinen Bildungs¬ anstalten höherer Klasse den ersten Rang ein. Es ist die Residenz des Fürsten, der Sitz der weltlichen und der geistlichen Centralbehörden und die Haupt¬ handelsniederlage zwischen Konstantinopel und Salonik auf der einen und Pest und Wien auf der andern Seite. Die zweitgrößte Stadt. Semendria, hat ungefähr 12,000 Einwohner. Sonst sind nur noch Nove Bazar mit 9000, Uschitscha mit 7000, Rissa mit 5000 und das kleine Kragujewatsch zu erwähnen, wo die Skupschtina tagt. Mehr als neun Zehntel der Serben wohnen in kleinen Dörfern als Viehzüchter. Im Kriege muß jeder waffenfähige Mann ins Feld ziehen. Die Armee besteht aus dem stehenden Heere und der Landwehr oder der Nationalarmee. Jenes gliedert sich wie folgt: Stäbe 43 Offiziere, Infanterie 4 Bataillone, die zusammen 103 Offiziere und 1600 Unteroffiziere und Gemeine zählen, Reiterei 2 Escadrons, 66 Offiziere und 320 Unteroffiziere und Gemeine, Artillerie 8 Batterien mit 100 Offizieren, 1090 Gemeinen und 48 Geschützen, endlich ein Bataillon Genietruppen mit 36 Offizieren und 600 Gemeinen, Summa: 315 Offiziere und 3610 Gemeine und Unteroffiziere. Die Dienst¬ pflicht erstreckt sich über zwei Jahre. Außerdem gehören zu diesem Theile des Heeres der Sanitätsdienst mit 30 Offizieren und 96 Gemeinen, der Thier¬ arzneidienst mit 8 Offizieren und 28 Gemeinen und der Train, der nur aus 76 Mann besteht. Nach neueren glaubenswürdiger Nachrichten ist der Stand der Nattonal- armee folgender: Erste Klasse 18 Brigaden Infanterie mit zusammen 81 Bataillonen, die nominell 800, in Wirklichkeit aber nur etwa 700 Mann stark sind, 33 Escadrons Reiterei, 18 Compagnien Feld-Artillerie, 4 Com¬ pagnien Festungsartillerie, 1 Bataillon Pontoniere, 17 Compagnien Pioniere mit einer Feuerwerks- und einigen Handwerker-Abtheilungen, im Ganzen ungefähr 80,000 Combattanten; zweite Klasse 34 Bataillone Infanterie, 18 Compagnien Feldartillerie, 17 Compagnien Pioniere, im Ganzen nicht ganz 40.000 Mann. Die Dienstpflicht umfaßt in der ersten Klasse alle brauch¬ baren Männer vom 18. bis zum 36., in der zweiten alle Waffenfähigen vom 35. bis zum 60. Lebensjahre; jene soll binnen 10, diese binnen 12 Tagen mobil werden. Im Frieden herrscht eine scharfe Controle über die Wehrpflichtigen. Jedermann hat seine Waffen bei sich. Unsere Quelle rühmt der serbischen Armee ein hohes militärisches Ehrgefühl nach. Die stehende Armee wird im Kriege nicht mehr wie früher in die Nationalarmee aufgelöst, sondern bildet eine Gardebrigade für sich. Die Nationalarmee hat bis zum Bataillons- Grenzboten III. 1870. 18

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/145>, abgerufen am 27.09.2024.