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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Wickelungsgeschichte des berühmten Theologen, der direct und indireet zum
Umbildner seiner Wissenschaft geworden ist. indem er uns ihn auf der Schule,
im tübinger Stift und als Schüler Schleiermacher's, dann als Mear und
Repetent zeigt. Dann folgen lehrreiche Blicke auf den Stand der theologischen
Wissenschaft beim Erscheinen des ersten epochemachenden Werkes von Strauß,
auf die Evangelienfrage um die Mitte der dreißiger Jahre, auf die Art und
Weise, wie damals das "Leben Jesu" von Rationalisten, Supranaturalisten und
speculativen Theologen der schellingschen und hegelschen Schule aufgefaßt
wurde, und schließlich auf den Unterschied des Strauß'schen Buches über diesen
Gegenstand von jenen. Ein dritter Abschnitt führt dann die Biographie
weiter. Wir sehen, wie Strauß abgesetzt und an ein Gymnasium versetzt
wird, wie alle Parteien, die Supranaturalisten, die speculativen der positiven
Richtung, die Pietisten in Süddeutschland und die Orthodoxen im Norden
mit Streitschriften gegen ihn zu Felde ziehen, und wie er sich glänzend ver¬
theidigt. Das vierte Kapitel endlich behandelt die Verhandlungen, die der
Berufung Strauß' nach Zürich vorhergingen, diese Berufung selbst, die
Opposition dagegen, die Pensionirung des Berufenen und die darauf folgende
Revolution der Bauern gegen die züricher Regierung. Das letzte Kapitel
ist als die eingehendste Darstellung der Berufung Strauß' an die züricher
Universität, die bis jetzt existirt, von ganz besonderem Werth und Interesse.
Von den Beilagen heben wir eine Reformationspredigt des Candidaten Strauß
und die Vertheidigungsschrift hervor, die der Repetent Strauß in Sachen
seines "Lebens Jesu" beim würtembergischen Studienrathe einreichte. Wir be¬
halten uns einen ausführlichen Bericht über das Buch bis zum Erscheinen
des Schlußbandes vor, der Ende d. I. ausgegeben werden soll. --

Karten vom Kriegsschauplatz im Orient wird jetzt jeder be¬
gehren, der in dem serbisch-türkisch-montenegrinischen Lügenmorast von Sieges¬
depeschen nicht weiter kommt. Eine genaue Karte orientirt uns schneller über
die verschwindende Bedeutung des neuesten glorreichen Sieges, über die Un¬
glaublichkeit der gänzlichen Niederlage, den dieser Pascha oder jener Südslave
erlitten, als alle Leitartikel, Specialdepeschen, Kriegscorrespondenzen u. a.
Wiener Früchtchen der "bestunterrichteten" Wiener Blätter zusammengenommen.
Es darf nicht Wunder nehmen, daß das vorhandene Bedürfniß für Karten
vom Kriegsschauplatze an der untern Donau am besten befriedigt wird von
jener großen kartographischen Anstalt, die auch im deutsch-französischen Kriege
mit der berühmten Reymann'schen Karte das beste lieferte, was nach der
deutschen Generalstabskarte an Speeialblättern über Frankreich zu haben war,
nämlich die Verlagshandlung von Carl Flemming in Glog an. Diese
Anstalt bietet uns zwei Karten vom Kriegsschauplatz: die eine von Handtke
gezeichnet, nicht ganz neu -- freilich passirt dort unten auch nicht viel neues


Wickelungsgeschichte des berühmten Theologen, der direct und indireet zum
Umbildner seiner Wissenschaft geworden ist. indem er uns ihn auf der Schule,
im tübinger Stift und als Schüler Schleiermacher's, dann als Mear und
Repetent zeigt. Dann folgen lehrreiche Blicke auf den Stand der theologischen
Wissenschaft beim Erscheinen des ersten epochemachenden Werkes von Strauß,
auf die Evangelienfrage um die Mitte der dreißiger Jahre, auf die Art und
Weise, wie damals das „Leben Jesu" von Rationalisten, Supranaturalisten und
speculativen Theologen der schellingschen und hegelschen Schule aufgefaßt
wurde, und schließlich auf den Unterschied des Strauß'schen Buches über diesen
Gegenstand von jenen. Ein dritter Abschnitt führt dann die Biographie
weiter. Wir sehen, wie Strauß abgesetzt und an ein Gymnasium versetzt
wird, wie alle Parteien, die Supranaturalisten, die speculativen der positiven
Richtung, die Pietisten in Süddeutschland und die Orthodoxen im Norden
mit Streitschriften gegen ihn zu Felde ziehen, und wie er sich glänzend ver¬
theidigt. Das vierte Kapitel endlich behandelt die Verhandlungen, die der
Berufung Strauß' nach Zürich vorhergingen, diese Berufung selbst, die
Opposition dagegen, die Pensionirung des Berufenen und die darauf folgende
Revolution der Bauern gegen die züricher Regierung. Das letzte Kapitel
ist als die eingehendste Darstellung der Berufung Strauß' an die züricher
Universität, die bis jetzt existirt, von ganz besonderem Werth und Interesse.
Von den Beilagen heben wir eine Reformationspredigt des Candidaten Strauß
und die Vertheidigungsschrift hervor, die der Repetent Strauß in Sachen
seines „Lebens Jesu" beim würtembergischen Studienrathe einreichte. Wir be¬
halten uns einen ausführlichen Bericht über das Buch bis zum Erscheinen
des Schlußbandes vor, der Ende d. I. ausgegeben werden soll. —

Karten vom Kriegsschauplatz im Orient wird jetzt jeder be¬
gehren, der in dem serbisch-türkisch-montenegrinischen Lügenmorast von Sieges¬
depeschen nicht weiter kommt. Eine genaue Karte orientirt uns schneller über
die verschwindende Bedeutung des neuesten glorreichen Sieges, über die Un¬
glaublichkeit der gänzlichen Niederlage, den dieser Pascha oder jener Südslave
erlitten, als alle Leitartikel, Specialdepeschen, Kriegscorrespondenzen u. a.
Wiener Früchtchen der „bestunterrichteten" Wiener Blätter zusammengenommen.
Es darf nicht Wunder nehmen, daß das vorhandene Bedürfniß für Karten
vom Kriegsschauplatze an der untern Donau am besten befriedigt wird von
jener großen kartographischen Anstalt, die auch im deutsch-französischen Kriege
mit der berühmten Reymann'schen Karte das beste lieferte, was nach der
deutschen Generalstabskarte an Speeialblättern über Frankreich zu haben war,
nämlich die Verlagshandlung von Carl Flemming in Glog an. Diese
Anstalt bietet uns zwei Karten vom Kriegsschauplatz: die eine von Handtke
gezeichnet, nicht ganz neu — freilich passirt dort unten auch nicht viel neues


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[0127] Wickelungsgeschichte des berühmten Theologen, der direct und indireet zum Umbildner seiner Wissenschaft geworden ist. indem er uns ihn auf der Schule, im tübinger Stift und als Schüler Schleiermacher's, dann als Mear und Repetent zeigt. Dann folgen lehrreiche Blicke auf den Stand der theologischen Wissenschaft beim Erscheinen des ersten epochemachenden Werkes von Strauß, auf die Evangelienfrage um die Mitte der dreißiger Jahre, auf die Art und Weise, wie damals das „Leben Jesu" von Rationalisten, Supranaturalisten und speculativen Theologen der schellingschen und hegelschen Schule aufgefaßt wurde, und schließlich auf den Unterschied des Strauß'schen Buches über diesen Gegenstand von jenen. Ein dritter Abschnitt führt dann die Biographie weiter. Wir sehen, wie Strauß abgesetzt und an ein Gymnasium versetzt wird, wie alle Parteien, die Supranaturalisten, die speculativen der positiven Richtung, die Pietisten in Süddeutschland und die Orthodoxen im Norden mit Streitschriften gegen ihn zu Felde ziehen, und wie er sich glänzend ver¬ theidigt. Das vierte Kapitel endlich behandelt die Verhandlungen, die der Berufung Strauß' nach Zürich vorhergingen, diese Berufung selbst, die Opposition dagegen, die Pensionirung des Berufenen und die darauf folgende Revolution der Bauern gegen die züricher Regierung. Das letzte Kapitel ist als die eingehendste Darstellung der Berufung Strauß' an die züricher Universität, die bis jetzt existirt, von ganz besonderem Werth und Interesse. Von den Beilagen heben wir eine Reformationspredigt des Candidaten Strauß und die Vertheidigungsschrift hervor, die der Repetent Strauß in Sachen seines „Lebens Jesu" beim würtembergischen Studienrathe einreichte. Wir be¬ halten uns einen ausführlichen Bericht über das Buch bis zum Erscheinen des Schlußbandes vor, der Ende d. I. ausgegeben werden soll. — Karten vom Kriegsschauplatz im Orient wird jetzt jeder be¬ gehren, der in dem serbisch-türkisch-montenegrinischen Lügenmorast von Sieges¬ depeschen nicht weiter kommt. Eine genaue Karte orientirt uns schneller über die verschwindende Bedeutung des neuesten glorreichen Sieges, über die Un¬ glaublichkeit der gänzlichen Niederlage, den dieser Pascha oder jener Südslave erlitten, als alle Leitartikel, Specialdepeschen, Kriegscorrespondenzen u. a. Wiener Früchtchen der „bestunterrichteten" Wiener Blätter zusammengenommen. Es darf nicht Wunder nehmen, daß das vorhandene Bedürfniß für Karten vom Kriegsschauplatze an der untern Donau am besten befriedigt wird von jener großen kartographischen Anstalt, die auch im deutsch-französischen Kriege mit der berühmten Reymann'schen Karte das beste lieferte, was nach der deutschen Generalstabskarte an Speeialblättern über Frankreich zu haben war, nämlich die Verlagshandlung von Carl Flemming in Glog an. Diese Anstalt bietet uns zwei Karten vom Kriegsschauplatz: die eine von Handtke gezeichnet, nicht ganz neu — freilich passirt dort unten auch nicht viel neues

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/127>, abgerufen am 27.09.2024.