Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Flanke, und dieser Moment hätte verhängnißvoll werden können, wenn nicht
Thierstein rechtzeitig mit seiner wieder geordneten Reiterei eingegriffen hätte.
Sein kräftiger Schock warf die Cavallerie Galleatto's sofort in die Flucht.
Sie wandte sich nach der Furth von Tomblaine und überschritt hier die
Meurthe. um Metz oder Luxemburg zu erreichen; aber was in dieser Richtung
entfloh, fiel später meist bei Bouxicres in die Hände Campo-Basso's.*) --
Auf solche Weise degagirt, setzte Wilhelm Herder seinen Angriff gegen die
Dornhecke fort. Die burgundischen Schützen, welche hinter dieser standen,
räumten sie bald und zogen sich auf den Gewalthaufen zurück.

Unterdessen war aber auch der Kampf auf dem rechten Flügel der bur-
gundischen Stellung entbrannt. Als hier Jost von Lalain die leichten Reiter
b-nakte. welche die Spitze des lothringischen Gewalchausens bildeten und
unter dem Commando zweier französischer Capitales standen, da warf er sich
sofort unter dem lauten Rufe "Vivo Lom-Zogns!" mit seinen schweren nieder¬
ländischen Homines d'armes gegen sie. sprengte sie und ritt nun auf die
"achfolgenden Büchsenschützen ein. Aber diese empfingen ihn mit kräftigem
Feuer, das ihn zwang, umzukehren und sich rückwärts zu sammeln, wobei
^ sich, um gegen den die rechte Flanke treffenden Angriff des feindlichen Ge¬
walthaufens Front zu haben, derart aufstellte, daß er mit dem Centrum
Karl's einen Haken bildete. Inzwischen vermochte sich Rene's Gewalthaufe
ungestört zu entwickeln, und nun gingen die lothringischen Harnischreiter
gegen Lalain zum Angriff vor und trieben ihn nach kurzem Kampfe vom
Schlachtfelde.

So waren denn also beide Reiterflügel und die Artillerie der Burgunder
außer Gefecht gesetzt und Kar! war auf das Fußvolk seines Centrums und die
wenig Hundert Pferde seiner Garde beschränkt. Auf diesen Torso eines
Heeres brachen gleichzeitig von rechts und links die Massen der Verbündeten
ein- Jetzt aber, da die wachsende Gefahr ihm den persönlichen Kampf in
nächste Aussicht stellte, erfüllte sich Karl der Kühne mit allem Ernst des
Augenblicks. Wie er sich nun den Helm aufschnallen ließ (was gewöhnlich
"se in solchem Augenblicke geschah), da löste das Helmkleinod. der goldene
^u. sich ah und fiel dem Fürsten auf den Sattel. "Lignum vel!" sprach
Herzog tief betroffen; doch unerschrocken fuhr er fort, seine Befehle zu
ertheilen und überall ordnend und anfeuernd einzugreifen. Mit ihm wett¬
eiferten Rubempre und der Graf von Nassau. Corday und der Marquis von
NeufMtel. Es war nur noch ein Verzweiflungskampf; denn die Feinde,übermächtig und siegesfroh, umzingelten ihn: die Vorhut von links, der
Gewalthaufe von rechts, und bald entspann sich ein furchtbares Handgemenge.



*) LKromyus nu Koi I,om-> XI.

Flanke, und dieser Moment hätte verhängnißvoll werden können, wenn nicht
Thierstein rechtzeitig mit seiner wieder geordneten Reiterei eingegriffen hätte.
Sein kräftiger Schock warf die Cavallerie Galleatto's sofort in die Flucht.
Sie wandte sich nach der Furth von Tomblaine und überschritt hier die
Meurthe. um Metz oder Luxemburg zu erreichen; aber was in dieser Richtung
entfloh, fiel später meist bei Bouxicres in die Hände Campo-Basso's.*) —
Auf solche Weise degagirt, setzte Wilhelm Herder seinen Angriff gegen die
Dornhecke fort. Die burgundischen Schützen, welche hinter dieser standen,
räumten sie bald und zogen sich auf den Gewalthaufen zurück.

Unterdessen war aber auch der Kampf auf dem rechten Flügel der bur-
gundischen Stellung entbrannt. Als hier Jost von Lalain die leichten Reiter
b-nakte. welche die Spitze des lothringischen Gewalchausens bildeten und
unter dem Commando zweier französischer Capitales standen, da warf er sich
sofort unter dem lauten Rufe „Vivo Lom-Zogns!» mit seinen schweren nieder¬
ländischen Homines d'armes gegen sie. sprengte sie und ritt nun auf die
"achfolgenden Büchsenschützen ein. Aber diese empfingen ihn mit kräftigem
Feuer, das ihn zwang, umzukehren und sich rückwärts zu sammeln, wobei
^ sich, um gegen den die rechte Flanke treffenden Angriff des feindlichen Ge¬
walthaufens Front zu haben, derart aufstellte, daß er mit dem Centrum
Karl's einen Haken bildete. Inzwischen vermochte sich Rene's Gewalthaufe
ungestört zu entwickeln, und nun gingen die lothringischen Harnischreiter
gegen Lalain zum Angriff vor und trieben ihn nach kurzem Kampfe vom
Schlachtfelde.

So waren denn also beide Reiterflügel und die Artillerie der Burgunder
außer Gefecht gesetzt und Kar! war auf das Fußvolk seines Centrums und die
wenig Hundert Pferde seiner Garde beschränkt. Auf diesen Torso eines
Heeres brachen gleichzeitig von rechts und links die Massen der Verbündeten
ein- Jetzt aber, da die wachsende Gefahr ihm den persönlichen Kampf in
nächste Aussicht stellte, erfüllte sich Karl der Kühne mit allem Ernst des
Augenblicks. Wie er sich nun den Helm aufschnallen ließ (was gewöhnlich
"se in solchem Augenblicke geschah), da löste das Helmkleinod. der goldene
^u. sich ah und fiel dem Fürsten auf den Sattel. „Lignum vel!" sprach
Herzog tief betroffen; doch unerschrocken fuhr er fort, seine Befehle zu
ertheilen und überall ordnend und anfeuernd einzugreifen. Mit ihm wett¬
eiferten Rubempre und der Graf von Nassau. Corday und der Marquis von
NeufMtel. Es war nur noch ein Verzweiflungskampf; denn die Feinde,übermächtig und siegesfroh, umzingelten ihn: die Vorhut von links, der
Gewalthaufe von rechts, und bald entspann sich ein furchtbares Handgemenge.



*) LKromyus nu Koi I,om-> XI.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0141" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135194"/>
          <note xml:id="FID_117" place="foot"/><lb/>
          <p xml:id="ID_381" prev="#ID_380"> Flanke, und dieser Moment hätte verhängnißvoll werden können, wenn nicht<lb/>
Thierstein rechtzeitig mit seiner wieder geordneten Reiterei eingegriffen hätte.<lb/>
Sein kräftiger Schock warf die Cavallerie Galleatto's sofort in die Flucht.<lb/>
Sie wandte sich nach der Furth von Tomblaine und überschritt hier die<lb/>
Meurthe. um Metz oder Luxemburg zu erreichen; aber was in dieser Richtung<lb/>
entfloh, fiel später meist bei Bouxicres in die Hände Campo-Basso's.*) &#x2014;<lb/>
Auf solche Weise degagirt, setzte Wilhelm Herder seinen Angriff gegen die<lb/>
Dornhecke fort. Die burgundischen Schützen, welche hinter dieser standen,<lb/>
räumten sie bald und zogen sich auf den Gewalthaufen zurück.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_382"> Unterdessen war aber auch der Kampf auf dem rechten Flügel der bur-<lb/>
gundischen Stellung entbrannt. Als hier Jost von Lalain die leichten Reiter<lb/>
b-nakte. welche die Spitze des lothringischen Gewalchausens bildeten und<lb/>
unter dem Commando zweier französischer Capitales standen, da warf er sich<lb/>
sofort unter dem lauten Rufe &#x201E;Vivo Lom-Zogns!» mit seinen schweren nieder¬<lb/>
ländischen Homines d'armes gegen sie. sprengte sie und ritt nun auf die<lb/>
"achfolgenden Büchsenschützen ein. Aber diese empfingen ihn mit kräftigem<lb/>
Feuer, das ihn zwang, umzukehren und sich rückwärts zu sammeln, wobei<lb/>
^ sich, um gegen den die rechte Flanke treffenden Angriff des feindlichen Ge¬<lb/>
walthaufens Front zu haben, derart aufstellte, daß er mit dem Centrum<lb/>
Karl's einen Haken bildete. Inzwischen vermochte sich Rene's Gewalthaufe<lb/>
ungestört zu entwickeln, und nun gingen die lothringischen Harnischreiter<lb/>
gegen Lalain zum Angriff vor und trieben ihn nach kurzem Kampfe vom<lb/>
Schlachtfelde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_383" next="#ID_384"> So waren denn also beide Reiterflügel und die Artillerie der Burgunder<lb/>
außer Gefecht gesetzt und Kar! war auf das Fußvolk seines Centrums und die<lb/>
wenig Hundert Pferde seiner Garde beschränkt. Auf diesen Torso eines<lb/>
Heeres brachen gleichzeitig von rechts und links die Massen der Verbündeten<lb/>
ein- Jetzt aber, da die wachsende Gefahr ihm den persönlichen Kampf in<lb/>
nächste Aussicht stellte, erfüllte sich Karl der Kühne mit allem Ernst des<lb/>
Augenblicks. Wie er sich nun den Helm aufschnallen ließ (was gewöhnlich<lb/>
"se in solchem Augenblicke geschah), da löste das Helmkleinod. der goldene<lb/>
^u. sich ah und fiel dem Fürsten auf den Sattel. &#x201E;Lignum vel!" sprach<lb/>
Herzog tief betroffen; doch unerschrocken fuhr er fort, seine Befehle zu<lb/>
ertheilen und überall ordnend und anfeuernd einzugreifen. Mit ihm wett¬<lb/>
eiferten Rubempre und der Graf von Nassau. Corday und der Marquis von<lb/>
NeufMtel. Es war nur noch ein Verzweiflungskampf; denn die Feinde,übermächtig und siegesfroh, umzingelten ihn: die Vorhut von links, der<lb/>
Gewalthaufe von rechts, und bald entspann sich ein furchtbares Handgemenge.</p><lb/>
          <note xml:id="FID_118" place="foot"> *) LKromyus nu Koi I,om-&gt; XI.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0141] Flanke, und dieser Moment hätte verhängnißvoll werden können, wenn nicht Thierstein rechtzeitig mit seiner wieder geordneten Reiterei eingegriffen hätte. Sein kräftiger Schock warf die Cavallerie Galleatto's sofort in die Flucht. Sie wandte sich nach der Furth von Tomblaine und überschritt hier die Meurthe. um Metz oder Luxemburg zu erreichen; aber was in dieser Richtung entfloh, fiel später meist bei Bouxicres in die Hände Campo-Basso's.*) — Auf solche Weise degagirt, setzte Wilhelm Herder seinen Angriff gegen die Dornhecke fort. Die burgundischen Schützen, welche hinter dieser standen, räumten sie bald und zogen sich auf den Gewalthaufen zurück. Unterdessen war aber auch der Kampf auf dem rechten Flügel der bur- gundischen Stellung entbrannt. Als hier Jost von Lalain die leichten Reiter b-nakte. welche die Spitze des lothringischen Gewalchausens bildeten und unter dem Commando zweier französischer Capitales standen, da warf er sich sofort unter dem lauten Rufe „Vivo Lom-Zogns!» mit seinen schweren nieder¬ ländischen Homines d'armes gegen sie. sprengte sie und ritt nun auf die "achfolgenden Büchsenschützen ein. Aber diese empfingen ihn mit kräftigem Feuer, das ihn zwang, umzukehren und sich rückwärts zu sammeln, wobei ^ sich, um gegen den die rechte Flanke treffenden Angriff des feindlichen Ge¬ walthaufens Front zu haben, derart aufstellte, daß er mit dem Centrum Karl's einen Haken bildete. Inzwischen vermochte sich Rene's Gewalthaufe ungestört zu entwickeln, und nun gingen die lothringischen Harnischreiter gegen Lalain zum Angriff vor und trieben ihn nach kurzem Kampfe vom Schlachtfelde. So waren denn also beide Reiterflügel und die Artillerie der Burgunder außer Gefecht gesetzt und Kar! war auf das Fußvolk seines Centrums und die wenig Hundert Pferde seiner Garde beschränkt. Auf diesen Torso eines Heeres brachen gleichzeitig von rechts und links die Massen der Verbündeten ein- Jetzt aber, da die wachsende Gefahr ihm den persönlichen Kampf in nächste Aussicht stellte, erfüllte sich Karl der Kühne mit allem Ernst des Augenblicks. Wie er sich nun den Helm aufschnallen ließ (was gewöhnlich "se in solchem Augenblicke geschah), da löste das Helmkleinod. der goldene ^u. sich ah und fiel dem Fürsten auf den Sattel. „Lignum vel!" sprach Herzog tief betroffen; doch unerschrocken fuhr er fort, seine Befehle zu ertheilen und überall ordnend und anfeuernd einzugreifen. Mit ihm wett¬ eiferten Rubempre und der Graf von Nassau. Corday und der Marquis von NeufMtel. Es war nur noch ein Verzweiflungskampf; denn die Feinde,übermächtig und siegesfroh, umzingelten ihn: die Vorhut von links, der Gewalthaufe von rechts, und bald entspann sich ein furchtbares Handgemenge. *) LKromyus nu Koi I,om-> XI.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/141
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/141>, abgerufen am 27.09.2024.