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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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gescheut. So wurde auch Horv^es bereits im frühen Alter ein enthusiastischer
Verfechter nationaler Politik und mit seiner ganzen Persönlichkeit für die For¬
derungen der Magyaren einzutreten gewohnt. Die eigenthümlichen Verhältnisse
des Landes und zufällige Beziehungen erleichterten ihm die politische Laufbahn.
Den einundzwanzigjähriger Priester wählt der Csongrader Comitat zum Notar
und führt ihn auf diese Art in das öffentliche Leben ein. Später, als Erzieher
in adeligen Häusern lernte er die Hoffnungen und Ziele der ungarischen Großen
kennen und den politischen Liberalismus, welcher in den aristokratischen Kreisen
Pesths keineswegs verpönt war, verstehen. Zum Lehrer der ungarischen Lite¬
ratur an der theresianischen Ritteracadcmie in Wien ernannt, brachte es sein
Amt mit sich, für die Macht seines Volkes, für die Größe seines Vaterlandes
zu schwärmen. Wie hätte er sonst den Eifer der Schüler für die Erlernung
der magyarischen Sprache entzünden sollen? Im Jahre 1847 wurde sein Name
zuerst in weiteren Kreisen genannt. Ausersehen, bei der Leichenfeier des Pala-
tinus in Wien die Rede zu halten, benutzte Horv-M diese Gelegenheit, um alle
Beschwerden seiner Nation, gleichzeitig auch alle Wünsche und Hoffnungen un¬
umwunden auszusprechen. Die Rede durfte nicht gedruckt werden, erregte bei der
Umgebung des Hofes kein geringes Mißfallen, gewann ihm dafür aber die
Herzen seiner Landsleute. Bald nach den Märztagen 1848 finden wir Hvrvath
in Pesth, dem nationalen Ministerium unbedingt ergebe", das ihn für seine
Anhänglichkeit mit dem gerade erledigten Czanadcr Bisthum belohnte. Wie so
Viele an sich gemäßigte Männer ließ sich auch Horvu-es von dem Strom der Ereig¬
nisse Wetter treiben, als es ursprünglich sein Wille war. Die wiener Negierung,
durch die ersten, günstigen Kriegserfolgc, die unblutige Eroberung der Haupt¬
stadt übermüthig geworden, baute ihren Gegnern keine goldenen Brücken. Wenn
Ludwig Batthyiini, zum Danke für seine Mäßigung, für sein beharrliches Wi¬
derstreben gegen Kossuths radicale Pläne dem Henker überliefert wurde, so war
es klüger, die ferneren Chancen der Revolution zu benutzen. Schlimmeres
als der Tod konnte ja auch, siel man schließlich in die Hände der Oestreicher,
mißlang der Aufstand, niemanden treffen. Horv-Z-es wurde, theilweise gegen
seinen Willen. Anhänger Kossuths. Er übernahm 1849 das Portefeuille des
Cultus, von ihm ging die Krcuzzugspredigt gegen die Nüssen, die Anordnung
des Bußtags, um die Gefahr vom Vaterlande abzuwenden, aus. Nach dem
Tage von Vilagos und Arad flüchtete Horv-M). Im Hause der Wittwe Bat-
thyänis zu Zürich fand er ein Asyl. Literarisch unermüdlich thätig, erlebte er
noch die Wiederherstellung der ungarischen Verfassung und kehrte, nachdem das
Unglaubliche wahr geworden, der in ekkgiö gesenkte Andrü.ssy, der Leiter der
Regierung, Dttik gewissermaßen Rede.rkönig geworden war, in sein Vaterland
zurück. Sein Bisthum ist ihm aber bis jetzt noch nicht zurückgegeben worden.

Diese biographische Skizze erleichtert das Verständniß des Werkes, welches


gescheut. So wurde auch Horv^es bereits im frühen Alter ein enthusiastischer
Verfechter nationaler Politik und mit seiner ganzen Persönlichkeit für die For¬
derungen der Magyaren einzutreten gewohnt. Die eigenthümlichen Verhältnisse
des Landes und zufällige Beziehungen erleichterten ihm die politische Laufbahn.
Den einundzwanzigjähriger Priester wählt der Csongrader Comitat zum Notar
und führt ihn auf diese Art in das öffentliche Leben ein. Später, als Erzieher
in adeligen Häusern lernte er die Hoffnungen und Ziele der ungarischen Großen
kennen und den politischen Liberalismus, welcher in den aristokratischen Kreisen
Pesths keineswegs verpönt war, verstehen. Zum Lehrer der ungarischen Lite¬
ratur an der theresianischen Ritteracadcmie in Wien ernannt, brachte es sein
Amt mit sich, für die Macht seines Volkes, für die Größe seines Vaterlandes
zu schwärmen. Wie hätte er sonst den Eifer der Schüler für die Erlernung
der magyarischen Sprache entzünden sollen? Im Jahre 1847 wurde sein Name
zuerst in weiteren Kreisen genannt. Ausersehen, bei der Leichenfeier des Pala-
tinus in Wien die Rede zu halten, benutzte Horv-M diese Gelegenheit, um alle
Beschwerden seiner Nation, gleichzeitig auch alle Wünsche und Hoffnungen un¬
umwunden auszusprechen. Die Rede durfte nicht gedruckt werden, erregte bei der
Umgebung des Hofes kein geringes Mißfallen, gewann ihm dafür aber die
Herzen seiner Landsleute. Bald nach den Märztagen 1848 finden wir Hvrvath
in Pesth, dem nationalen Ministerium unbedingt ergebe», das ihn für seine
Anhänglichkeit mit dem gerade erledigten Czanadcr Bisthum belohnte. Wie so
Viele an sich gemäßigte Männer ließ sich auch Horvu-es von dem Strom der Ereig¬
nisse Wetter treiben, als es ursprünglich sein Wille war. Die wiener Negierung,
durch die ersten, günstigen Kriegserfolgc, die unblutige Eroberung der Haupt¬
stadt übermüthig geworden, baute ihren Gegnern keine goldenen Brücken. Wenn
Ludwig Batthyiini, zum Danke für seine Mäßigung, für sein beharrliches Wi¬
derstreben gegen Kossuths radicale Pläne dem Henker überliefert wurde, so war
es klüger, die ferneren Chancen der Revolution zu benutzen. Schlimmeres
als der Tod konnte ja auch, siel man schließlich in die Hände der Oestreicher,
mißlang der Aufstand, niemanden treffen. Horv-Z-es wurde, theilweise gegen
seinen Willen. Anhänger Kossuths. Er übernahm 1849 das Portefeuille des
Cultus, von ihm ging die Krcuzzugspredigt gegen die Nüssen, die Anordnung
des Bußtags, um die Gefahr vom Vaterlande abzuwenden, aus. Nach dem
Tage von Vilagos und Arad flüchtete Horv-M). Im Hause der Wittwe Bat-
thyänis zu Zürich fand er ein Asyl. Literarisch unermüdlich thätig, erlebte er
noch die Wiederherstellung der ungarischen Verfassung und kehrte, nachdem das
Unglaubliche wahr geworden, der in ekkgiö gesenkte Andrü.ssy, der Leiter der
Regierung, Dttik gewissermaßen Rede.rkönig geworden war, in sein Vaterland
zurück. Sein Bisthum ist ihm aber bis jetzt noch nicht zurückgegeben worden.

Diese biographische Skizze erleichtert das Verständniß des Werkes, welches


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/6>, abgerufen am 27.09.2024.