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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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als abhängiges Beamtenthum der Staatsgewalt unbedingt ergeben war. Die
Entwicklung der konstitutionellen Idee indeß, unterstützt von den dringendsten
Forderungen der Volkswirtschaft, mußte der eignen Erwerbsthätigkeit der Ne¬
gierung aufs entschiedenste entgegentreten. Wenn Pfeiffer den Rath ertheilt,
daß sich der Staat seiner Domänen entäußere, ja wenn er dies von einem
verschuldeten Staate ohne Nachsicht verlangt, so ist er nicht der Erste auf die¬
sem Wege. Schon längst hat Nan im Prinzip die gleiche Forderung ausge¬
sprochen, nur daß er nicht so entschieden damit herausgeht. Uebrigens ist auch
Pfeiffer nicht der Mann, der, an abstracten Postulaten haftend, den concreten
Umständen nicht Rücksicht zu zollen verstände: auch er bezeichnet die Verhält-
nisse, unter denen eine BeHaltung der Domänen vorerst noch räthlich, ja selbst
die eigne Bewirtschaftung von Seiten des Staats erforderlich sei. Allein die
Grundforderung verliert er niemals aus dem Auge. So verwirft er denn auch
ganz und gar das von früheren Volkswirthen so hoch gerühmte Prinzip der Erb¬
pacht, weil "dadurch dem Staate der Verkauf seiner Domänen erschwert, fast un¬
möglich gemacht werde." Unzweifelhaft sieht er diese Verwaltungsart in zu un¬
günstigem Lichte, denn mehrere der Fehler, welche er ihr vorwirft, sind ihr in der
That nicht nachzuweisen. Wie Rau sie auffaßt, würde sie sich recht wohl als
Uebergangsstadium zur vollständigen Veräußerung der Domänen empfehlen. --
Auch gegenüber dem Pfeifferschen Vorschlage zum Verkauf der Staatswaldun¬
gen stellen wir uns auf Raus Seite und plädiren, wenigstens solange nicht
eine genügende Anzahl von Privatwirthen sich einem gründlichen Studium der
Forstwissenschaft widmet, für Beibehaltung der Doinanuilforsten. Von ganzem
Herzen aber stehen wir zu Pfeiffer, wenn er die von Nan angegebenen Be¬
dingungen bekämpft, unter welchen Staatsmonvpolc noch ferner aufrecht er¬
halten werden könnten. Unsere Zeit ist einstimmig in ihrer Verurtheilung.

Aus eine Deckung des öffentlichen Bedarfs aus dem eignen ErwerbScin-
tvmmen der Regierung ist somit nicht zu rechnen. Das Hauptaugenmerk also
wird auf die Heranziehung des Vermögens der einzelnen Staatsangehörigen zu
richten sein.

Nichts scheint gerechter, als daß der Einzelne, der die Vortheile des Staats¬
vereins genießt, auch die durch seine Antheilnahme verursachten Kosten trage.
Zugleich leuchtet freilich aus den ersten Blick ein, daß nicht im entferntesten die
Möglichkeit gegeben wäre, diese Quote in jedem concreten Falle festzustellen.
Einige Staatseinrichtungen jedoch sind immer vorhanden, welche nachweisbar
der Eine ungleich mehr in Anspruch nimmt, als der Andere. Hier ist die ein¬
fache Forderung der Gerechtigkeit, daß Jeder in jedem einzelnen Falle die pro¬
vocirten Kosten bestreite, damit er auf diese Weise genau nach dem Maße seiner
Benutzung der betreffenden Institute herangezogen werde. Lediglich Sonder¬
interessen sind es, für welche hier die Hilfe des Staats in Anspruch genommen


als abhängiges Beamtenthum der Staatsgewalt unbedingt ergeben war. Die
Entwicklung der konstitutionellen Idee indeß, unterstützt von den dringendsten
Forderungen der Volkswirtschaft, mußte der eignen Erwerbsthätigkeit der Ne¬
gierung aufs entschiedenste entgegentreten. Wenn Pfeiffer den Rath ertheilt,
daß sich der Staat seiner Domänen entäußere, ja wenn er dies von einem
verschuldeten Staate ohne Nachsicht verlangt, so ist er nicht der Erste auf die¬
sem Wege. Schon längst hat Nan im Prinzip die gleiche Forderung ausge¬
sprochen, nur daß er nicht so entschieden damit herausgeht. Uebrigens ist auch
Pfeiffer nicht der Mann, der, an abstracten Postulaten haftend, den concreten
Umständen nicht Rücksicht zu zollen verstände: auch er bezeichnet die Verhält-
nisse, unter denen eine BeHaltung der Domänen vorerst noch räthlich, ja selbst
die eigne Bewirtschaftung von Seiten des Staats erforderlich sei. Allein die
Grundforderung verliert er niemals aus dem Auge. So verwirft er denn auch
ganz und gar das von früheren Volkswirthen so hoch gerühmte Prinzip der Erb¬
pacht, weil „dadurch dem Staate der Verkauf seiner Domänen erschwert, fast un¬
möglich gemacht werde." Unzweifelhaft sieht er diese Verwaltungsart in zu un¬
günstigem Lichte, denn mehrere der Fehler, welche er ihr vorwirft, sind ihr in der
That nicht nachzuweisen. Wie Rau sie auffaßt, würde sie sich recht wohl als
Uebergangsstadium zur vollständigen Veräußerung der Domänen empfehlen. —
Auch gegenüber dem Pfeifferschen Vorschlage zum Verkauf der Staatswaldun¬
gen stellen wir uns auf Raus Seite und plädiren, wenigstens solange nicht
eine genügende Anzahl von Privatwirthen sich einem gründlichen Studium der
Forstwissenschaft widmet, für Beibehaltung der Doinanuilforsten. Von ganzem
Herzen aber stehen wir zu Pfeiffer, wenn er die von Nan angegebenen Be¬
dingungen bekämpft, unter welchen Staatsmonvpolc noch ferner aufrecht er¬
halten werden könnten. Unsere Zeit ist einstimmig in ihrer Verurtheilung.

Aus eine Deckung des öffentlichen Bedarfs aus dem eignen ErwerbScin-
tvmmen der Regierung ist somit nicht zu rechnen. Das Hauptaugenmerk also
wird auf die Heranziehung des Vermögens der einzelnen Staatsangehörigen zu
richten sein.

Nichts scheint gerechter, als daß der Einzelne, der die Vortheile des Staats¬
vereins genießt, auch die durch seine Antheilnahme verursachten Kosten trage.
Zugleich leuchtet freilich aus den ersten Blick ein, daß nicht im entferntesten die
Möglichkeit gegeben wäre, diese Quote in jedem concreten Falle festzustellen.
Einige Staatseinrichtungen jedoch sind immer vorhanden, welche nachweisbar
der Eine ungleich mehr in Anspruch nimmt, als der Andere. Hier ist die ein¬
fache Forderung der Gerechtigkeit, daß Jeder in jedem einzelnen Falle die pro¬
vocirten Kosten bestreite, damit er auf diese Weise genau nach dem Maße seiner
Benutzung der betreffenden Institute herangezogen werde. Lediglich Sonder¬
interessen sind es, für welche hier die Hilfe des Staats in Anspruch genommen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/493>, abgerufen am 27.09.2024.