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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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gezogene WPfünder in Construction, und mit der Zeit werden sich noch stärkere
Kaliber als nothwendig herausstellen.

Ein Abschluß des Wettkampfes zwischen Panzer und Kanone oder wenig¬
stens die näheren Details desselben lassen sich gegenwärtig noch nicht voraus¬
sehen; durch neue Erfindungen im Gebiet der Schiffsconstruction und der Pan-
zersabrikation wird man die Panzerstärke noch immer weiter vermehren und die
Artillerie wird diese Resultate immer noch zu Paralysiren vermögen. Eine an¬
dere Frage aber ist, ob man für die größten Geschütze auch Schiffe wird bauen
können, welche, ohne durch übermäßige Dimensionen unhandlich zu werden,
diese zu tragen und ihren Rückprall auszuhalten im Stande sind; den Küsten¬
batterien, wenn dieselben mit diesem stärksten Geschütz armirt sind, wird dann
allerdings der Panzer nicht mehr gewachsen sein, wenn er auch zum Kampf
gegen andere Schiffe vollständig ausreicht, die eigentliche Seeschlacht also wird
noch aus lange hin durch Panzer regulirt und beherrscht werden.

Selbst angenommen indessen, daß der stärkste Panzer späterer Zeiten, der
sich überhaupt einmal construiren lassen wird, den Voll geschossen der vervoll-
kommnetsten Schiffsgeschütze nicht mehr widerstehen könnte, so läßt sich dies doch
billigerweise bei den Hohlgeschosscn bezweifelnalso gerade bei denjenigen Ge¬
schossen, die durch das gewaltige Leck, das sie verursachen, allein einen Panzer
nöthig machen. Denn das Loch, das eine durchschlagende Vollkugcl hinterläßt,
wird sich immer so weit verstopfen lassen, daß das Schiff vor dem Untergange
sicher ist, und ebenso wird sich, wo einmal eine Platte in der Wasserlinie ge¬
sprengt sein sollte, das durch die schmalen Risse eindringende Wasser durch ein
improvisirtes (oder besser für diesen Fall bereit gehaltenes) Wiederlager fern¬
halten oder schlimmsten Falls durch Dampfpumpen unschädlich machen lassen,
sodaß der Hauptzweck der Panzerung erreicht ist.

AIs weiteres günstiges Moment für die Panzerung kommt aber dann noch
ein andrer Umstand hinzu, der von den Laien gewöhnlich ganz übersehen wird:
das Verhältniß der Distanz. Selbst das schwerste Geschütz, das im Stande
ist, nicht blos mit Vvllkugeln, sondern sogar mit Hohlgeschossen die Flanken des
Panzerschiffs auf 200 Yards ZU durchbohren, vermag auf 800 U'"'dö nicht das
Geringste mehr auszurichten. Immer wird es dein Panzerschiffe möglich sein,
sich vom Feinde in einer Distanz zu halten, die es selber unverwundbar macht,
die ihm aber dennoch gestattet, feindliche Holzschiffe durch Sprenggeschosse in
den Grund zu bohren und selbst starke Batterien, die nicht gerade durch Eisen-
pcinzer geschützt und mit allerschwerstem Kaliber armirt sind, gänzlich zu zer¬
stören. Das Panzerschiff wird nämlich keineswegs durch die schwere Last seiner
Hülle gehindert, eben so schwere Kaliber zu tragen wie das stärkste Holzschiff,
wenn es auch vielleicht seiner sonstigen Beschwerung halber eine geringere An¬
zahl von Geschützen zu führen gezwungen ist. Denn es ist nicht so sehr die


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gezogene WPfünder in Construction, und mit der Zeit werden sich noch stärkere
Kaliber als nothwendig herausstellen.

Ein Abschluß des Wettkampfes zwischen Panzer und Kanone oder wenig¬
stens die näheren Details desselben lassen sich gegenwärtig noch nicht voraus¬
sehen; durch neue Erfindungen im Gebiet der Schiffsconstruction und der Pan-
zersabrikation wird man die Panzerstärke noch immer weiter vermehren und die
Artillerie wird diese Resultate immer noch zu Paralysiren vermögen. Eine an¬
dere Frage aber ist, ob man für die größten Geschütze auch Schiffe wird bauen
können, welche, ohne durch übermäßige Dimensionen unhandlich zu werden,
diese zu tragen und ihren Rückprall auszuhalten im Stande sind; den Küsten¬
batterien, wenn dieselben mit diesem stärksten Geschütz armirt sind, wird dann
allerdings der Panzer nicht mehr gewachsen sein, wenn er auch zum Kampf
gegen andere Schiffe vollständig ausreicht, die eigentliche Seeschlacht also wird
noch aus lange hin durch Panzer regulirt und beherrscht werden.

Selbst angenommen indessen, daß der stärkste Panzer späterer Zeiten, der
sich überhaupt einmal construiren lassen wird, den Voll geschossen der vervoll-
kommnetsten Schiffsgeschütze nicht mehr widerstehen könnte, so läßt sich dies doch
billigerweise bei den Hohlgeschosscn bezweifelnalso gerade bei denjenigen Ge¬
schossen, die durch das gewaltige Leck, das sie verursachen, allein einen Panzer
nöthig machen. Denn das Loch, das eine durchschlagende Vollkugcl hinterläßt,
wird sich immer so weit verstopfen lassen, daß das Schiff vor dem Untergange
sicher ist, und ebenso wird sich, wo einmal eine Platte in der Wasserlinie ge¬
sprengt sein sollte, das durch die schmalen Risse eindringende Wasser durch ein
improvisirtes (oder besser für diesen Fall bereit gehaltenes) Wiederlager fern¬
halten oder schlimmsten Falls durch Dampfpumpen unschädlich machen lassen,
sodaß der Hauptzweck der Panzerung erreicht ist.

AIs weiteres günstiges Moment für die Panzerung kommt aber dann noch
ein andrer Umstand hinzu, der von den Laien gewöhnlich ganz übersehen wird:
das Verhältniß der Distanz. Selbst das schwerste Geschütz, das im Stande
ist, nicht blos mit Vvllkugeln, sondern sogar mit Hohlgeschossen die Flanken des
Panzerschiffs auf 200 Yards ZU durchbohren, vermag auf 800 U'"'dö nicht das
Geringste mehr auszurichten. Immer wird es dein Panzerschiffe möglich sein,
sich vom Feinde in einer Distanz zu halten, die es selber unverwundbar macht,
die ihm aber dennoch gestattet, feindliche Holzschiffe durch Sprenggeschosse in
den Grund zu bohren und selbst starke Batterien, die nicht gerade durch Eisen-
pcinzer geschützt und mit allerschwerstem Kaliber armirt sind, gänzlich zu zer¬
stören. Das Panzerschiff wird nämlich keineswegs durch die schwere Last seiner
Hülle gehindert, eben so schwere Kaliber zu tragen wie das stärkste Holzschiff,
wenn es auch vielleicht seiner sonstigen Beschwerung halber eine geringere An¬
zahl von Geschützen zu führen gezwungen ist. Denn es ist nicht so sehr die


Grenzboten IV. 1KK7. 33
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[0257] gezogene WPfünder in Construction, und mit der Zeit werden sich noch stärkere Kaliber als nothwendig herausstellen. Ein Abschluß des Wettkampfes zwischen Panzer und Kanone oder wenig¬ stens die näheren Details desselben lassen sich gegenwärtig noch nicht voraus¬ sehen; durch neue Erfindungen im Gebiet der Schiffsconstruction und der Pan- zersabrikation wird man die Panzerstärke noch immer weiter vermehren und die Artillerie wird diese Resultate immer noch zu Paralysiren vermögen. Eine an¬ dere Frage aber ist, ob man für die größten Geschütze auch Schiffe wird bauen können, welche, ohne durch übermäßige Dimensionen unhandlich zu werden, diese zu tragen und ihren Rückprall auszuhalten im Stande sind; den Küsten¬ batterien, wenn dieselben mit diesem stärksten Geschütz armirt sind, wird dann allerdings der Panzer nicht mehr gewachsen sein, wenn er auch zum Kampf gegen andere Schiffe vollständig ausreicht, die eigentliche Seeschlacht also wird noch aus lange hin durch Panzer regulirt und beherrscht werden. Selbst angenommen indessen, daß der stärkste Panzer späterer Zeiten, der sich überhaupt einmal construiren lassen wird, den Voll geschossen der vervoll- kommnetsten Schiffsgeschütze nicht mehr widerstehen könnte, so läßt sich dies doch billigerweise bei den Hohlgeschosscn bezweifelnalso gerade bei denjenigen Ge¬ schossen, die durch das gewaltige Leck, das sie verursachen, allein einen Panzer nöthig machen. Denn das Loch, das eine durchschlagende Vollkugcl hinterläßt, wird sich immer so weit verstopfen lassen, daß das Schiff vor dem Untergange sicher ist, und ebenso wird sich, wo einmal eine Platte in der Wasserlinie ge¬ sprengt sein sollte, das durch die schmalen Risse eindringende Wasser durch ein improvisirtes (oder besser für diesen Fall bereit gehaltenes) Wiederlager fern¬ halten oder schlimmsten Falls durch Dampfpumpen unschädlich machen lassen, sodaß der Hauptzweck der Panzerung erreicht ist. AIs weiteres günstiges Moment für die Panzerung kommt aber dann noch ein andrer Umstand hinzu, der von den Laien gewöhnlich ganz übersehen wird: das Verhältniß der Distanz. Selbst das schwerste Geschütz, das im Stande ist, nicht blos mit Vvllkugeln, sondern sogar mit Hohlgeschossen die Flanken des Panzerschiffs auf 200 Yards ZU durchbohren, vermag auf 800 U'"'dö nicht das Geringste mehr auszurichten. Immer wird es dein Panzerschiffe möglich sein, sich vom Feinde in einer Distanz zu halten, die es selber unverwundbar macht, die ihm aber dennoch gestattet, feindliche Holzschiffe durch Sprenggeschosse in den Grund zu bohren und selbst starke Batterien, die nicht gerade durch Eisen- pcinzer geschützt und mit allerschwerstem Kaliber armirt sind, gänzlich zu zer¬ stören. Das Panzerschiff wird nämlich keineswegs durch die schwere Last seiner Hülle gehindert, eben so schwere Kaliber zu tragen wie das stärkste Holzschiff, wenn es auch vielleicht seiner sonstigen Beschwerung halber eine geringere An¬ zahl von Geschützen zu führen gezwungen ist. Denn es ist nicht so sehr die Grenzboten IV. 1KK7. 33

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/257>, abgerufen am 27.09.2024.