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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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geführt werden und so weit mit Wasser verdünnt sind, daß sie eben so leicht
wie das sonstige unreine Hauswasser abfließen. 6. Um solche Abflüsse auch
außerhalb der Städte unschädlich zu machen und zugleich die in ihnen enthal¬
tenen Düngstoffe für den Landbau zu verwerthen, sind dieselben, sei es durch
Verwendung zur Berieselung, sei es durch andere gleich bewährte Methoden,
so weit zu reinigen, daß sie ohne Nachtheil für die Gesundheit in öffentliche
Wasserläufe geleitet werden können.

MoUve: Es kann hier nicht Absicht sein, dem Ingenieur für alle, so
vielfach verschiedenen Fälle specielle Anweisung zur Ausführung der für die
öffentliche Gesundheitspflege erforderlichen Anlagen zu ertheilen. Wir erachten
es vielmehr als Aufgabe dieser Versammlung, diejenigen Zwecke vom ärztlichen
Standpunkte klar und bestimmt anzugeben, welche durch solche Anlagen erfüllt
werden sollen.

Dr. Thut i es um (Professor der pathologischen Chemie am Thomashospital
in London und seit langen Jahren mit hygienisch-chemischen Arbeiten beschäftigt)
hält die Frage über Abfuhr der Excremente nach den Ersahrungen der englischen
Städte mit Wasserclosetten und Schwemmcanälen für vollständig erledigt, dies
sei auch die Meinung in ganz England. Selbst Child. der zufolge eines
vor zwei Jahren erschienenen Schriftchens a-is Gegner derselben ciiirt werde,
und der nach dessen Veröffentlichung zum Gesundheitsbeamten von Oxford er¬
nannt worden war. habe danach die Frage wirklich studirt und sei nunmehr in
einer jetzt erschienenen Schrift ebenfalls für Wasserclosctte und Schwemmcanäle.
Er erwähnt sodann den durch Berieselung mit Canaljauche enorm gesteigerten
Vvdenwerth und giebt schließlich Kenntniß von der durch Simon officiell ver¬
öffentlichten Ausnahme der Sterblichkeit in 24 englischen Städten, in welchen
seit längerer Zeit bauliche Verbesserungen, namentlich Wasserclosette und
Schwemmcanäle, durchgeführt worden seien. Es sind für alle Städte die
Jahre vor und die Jahre nach jenen Verbesserungen einander gegenüber¬
gestellt; allerwärts ist Verminderung der Sterblichkeit überhaupt, so wie an
Typhus und Tuberculose insbesondere eingetreten (obgleich England im
ganzen genommen in den Jahren 1861--63 eine etwas höhere Sterblich¬
keit als von 1851--60 liefert).

Baurath Hennicke bestätigt nach eigener Anschauung jene Fortschritte in
England.

Herr Krepp verliest eine Lobrede auf das Liernur'sehe System, auf pneu¬
matischen Wege die Excremente täglich aus den Städten zu entfernen. Für Frank¬
furt werde die Anlage hierzu "nur 2'/, Millionen Gulden" kosten (daneben aber
noch enorme jährliche Kosten für einen äußerst umständlichen Betrieb). Die
Form der Mittheilung rief lauten Widerwillen hervor, auf die Sache ging nie¬
mand ein; eine zur Prüfung des projectirten Systems ernannte Commission


geführt werden und so weit mit Wasser verdünnt sind, daß sie eben so leicht
wie das sonstige unreine Hauswasser abfließen. 6. Um solche Abflüsse auch
außerhalb der Städte unschädlich zu machen und zugleich die in ihnen enthal¬
tenen Düngstoffe für den Landbau zu verwerthen, sind dieselben, sei es durch
Verwendung zur Berieselung, sei es durch andere gleich bewährte Methoden,
so weit zu reinigen, daß sie ohne Nachtheil für die Gesundheit in öffentliche
Wasserläufe geleitet werden können.

MoUve: Es kann hier nicht Absicht sein, dem Ingenieur für alle, so
vielfach verschiedenen Fälle specielle Anweisung zur Ausführung der für die
öffentliche Gesundheitspflege erforderlichen Anlagen zu ertheilen. Wir erachten
es vielmehr als Aufgabe dieser Versammlung, diejenigen Zwecke vom ärztlichen
Standpunkte klar und bestimmt anzugeben, welche durch solche Anlagen erfüllt
werden sollen.

Dr. Thut i es um (Professor der pathologischen Chemie am Thomashospital
in London und seit langen Jahren mit hygienisch-chemischen Arbeiten beschäftigt)
hält die Frage über Abfuhr der Excremente nach den Ersahrungen der englischen
Städte mit Wasserclosetten und Schwemmcanälen für vollständig erledigt, dies
sei auch die Meinung in ganz England. Selbst Child. der zufolge eines
vor zwei Jahren erschienenen Schriftchens a-is Gegner derselben ciiirt werde,
und der nach dessen Veröffentlichung zum Gesundheitsbeamten von Oxford er¬
nannt worden war. habe danach die Frage wirklich studirt und sei nunmehr in
einer jetzt erschienenen Schrift ebenfalls für Wasserclosctte und Schwemmcanäle.
Er erwähnt sodann den durch Berieselung mit Canaljauche enorm gesteigerten
Vvdenwerth und giebt schließlich Kenntniß von der durch Simon officiell ver¬
öffentlichten Ausnahme der Sterblichkeit in 24 englischen Städten, in welchen
seit längerer Zeit bauliche Verbesserungen, namentlich Wasserclosette und
Schwemmcanäle, durchgeführt worden seien. Es sind für alle Städte die
Jahre vor und die Jahre nach jenen Verbesserungen einander gegenüber¬
gestellt; allerwärts ist Verminderung der Sterblichkeit überhaupt, so wie an
Typhus und Tuberculose insbesondere eingetreten (obgleich England im
ganzen genommen in den Jahren 1861—63 eine etwas höhere Sterblich¬
keit als von 1851—60 liefert).

Baurath Hennicke bestätigt nach eigener Anschauung jene Fortschritte in
England.

Herr Krepp verliest eine Lobrede auf das Liernur'sehe System, auf pneu¬
matischen Wege die Excremente täglich aus den Städten zu entfernen. Für Frank¬
furt werde die Anlage hierzu „nur 2'/, Millionen Gulden" kosten (daneben aber
noch enorme jährliche Kosten für einen äußerst umständlichen Betrieb). Die
Form der Mittheilung rief lauten Widerwillen hervor, auf die Sache ging nie¬
mand ein; eine zur Prüfung des projectirten Systems ernannte Commission


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[0197] geführt werden und so weit mit Wasser verdünnt sind, daß sie eben so leicht wie das sonstige unreine Hauswasser abfließen. 6. Um solche Abflüsse auch außerhalb der Städte unschädlich zu machen und zugleich die in ihnen enthal¬ tenen Düngstoffe für den Landbau zu verwerthen, sind dieselben, sei es durch Verwendung zur Berieselung, sei es durch andere gleich bewährte Methoden, so weit zu reinigen, daß sie ohne Nachtheil für die Gesundheit in öffentliche Wasserläufe geleitet werden können. MoUve: Es kann hier nicht Absicht sein, dem Ingenieur für alle, so vielfach verschiedenen Fälle specielle Anweisung zur Ausführung der für die öffentliche Gesundheitspflege erforderlichen Anlagen zu ertheilen. Wir erachten es vielmehr als Aufgabe dieser Versammlung, diejenigen Zwecke vom ärztlichen Standpunkte klar und bestimmt anzugeben, welche durch solche Anlagen erfüllt werden sollen. Dr. Thut i es um (Professor der pathologischen Chemie am Thomashospital in London und seit langen Jahren mit hygienisch-chemischen Arbeiten beschäftigt) hält die Frage über Abfuhr der Excremente nach den Ersahrungen der englischen Städte mit Wasserclosetten und Schwemmcanälen für vollständig erledigt, dies sei auch die Meinung in ganz England. Selbst Child. der zufolge eines vor zwei Jahren erschienenen Schriftchens a-is Gegner derselben ciiirt werde, und der nach dessen Veröffentlichung zum Gesundheitsbeamten von Oxford er¬ nannt worden war. habe danach die Frage wirklich studirt und sei nunmehr in einer jetzt erschienenen Schrift ebenfalls für Wasserclosctte und Schwemmcanäle. Er erwähnt sodann den durch Berieselung mit Canaljauche enorm gesteigerten Vvdenwerth und giebt schließlich Kenntniß von der durch Simon officiell ver¬ öffentlichten Ausnahme der Sterblichkeit in 24 englischen Städten, in welchen seit längerer Zeit bauliche Verbesserungen, namentlich Wasserclosette und Schwemmcanäle, durchgeführt worden seien. Es sind für alle Städte die Jahre vor und die Jahre nach jenen Verbesserungen einander gegenüber¬ gestellt; allerwärts ist Verminderung der Sterblichkeit überhaupt, so wie an Typhus und Tuberculose insbesondere eingetreten (obgleich England im ganzen genommen in den Jahren 1861—63 eine etwas höhere Sterblich¬ keit als von 1851—60 liefert). Baurath Hennicke bestätigt nach eigener Anschauung jene Fortschritte in England. Herr Krepp verliest eine Lobrede auf das Liernur'sehe System, auf pneu¬ matischen Wege die Excremente täglich aus den Städten zu entfernen. Für Frank¬ furt werde die Anlage hierzu „nur 2'/, Millionen Gulden" kosten (daneben aber noch enorme jährliche Kosten für einen äußerst umständlichen Betrieb). Die Form der Mittheilung rief lauten Widerwillen hervor, auf die Sache ging nie¬ mand ein; eine zur Prüfung des projectirten Systems ernannte Commission

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/197>, abgerufen am 27.09.2024.