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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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Geschlossen aber sei diese Reihe außerpreußischer nationaler mit dem flüch¬
tigen Bilde desjenigen unter ihnen, dessen reichbegabtcr Meist und unverwüst¬
liche Arbeitskraft, dessen mächtige Redegabe und Schlagfertigkeit von den Freunden
hochgeschäht, von den Gegnern arg gefürchtet wird: Braun aus Wiesbaden. Er
bat vom Jahre 49 ab seinem Herzog die Reaction herzlich sauer gemacht, von
39 ab wurde die Kammer unter Braun's Führung und Präsidium der Krone
geradezu unausstehlich. Diese tapfere Führerschaft und der lebhafte Antheil,
den Braun seit 1859 an dem Zustandekommen und an der Leitung des voll's-
wirthschaftlichen Congresses halte, verschafften seinem Namen guten Klang durch
ganz Deutschland. Dieses Ansehen ward zugleich mit Recht gegründet auf seine
schriftstellerische Thätigkeit in volkswirtschaftlicher Richtung.' So war er in
allen liberalen Zeitungen Deutschlands gefeiert. Zwiespältig aber ward dies
Urtheil, als Braun im Jahre 1866 unter denen stand, die unverholen die
Annexion an Preußen als das einzige Rettungsmittel für das Herzogthum Nassau
verkündigten, und als diese erfolgt war. die Partei in seinem engern Vater¬
lande führte, welche mit aller Kraft und vollem Herzen sich und ihre Hcimaths-
genossen einzuleben strebte in den neuen großen Staat. Da ward in sämmtlichen
Zeitungen und Zeitschriften, die über die Gewaltherrschaft Preußens und die
Dreitheilung Deutschlands ihren heiligen Zorn ausschütteten und für das "reine
Deutschland" Ströme von Tinte fließen ließen, Braun's Name vor allen anderen
mit radicalen Koth beworfen. Er hat sich seitdem dieser Auszeichnung voll¬
kommen würdig gemacht. Er hat im constituirenden Reichstage wohl von allen
die größten Rcdnertriumphe gefeiert. Er spricht ruhig, langsam, die tiefen
Brusttöne seiner Stimme schwingen sich leicht und ungezwungen in die äußersten
Tiefen des Hauses, durchbrechen mühelos den häusig herausgeforderten Wider¬
spruch der äußersten Rechten und Linken. Wenn Braun spricht, wird man un¬
willkürlich die Enge des Hauses gewahr. Er hat alle Mittel überzeugender
Rhetorik in seiner Gewalt; aber eine seltene Gabe besitzt er obendrein in hohem
Grade, diese, die Lacher auf seine Seite zu ziehen. Sein Witz ist zündend und
scharf, und wehe dem Gegner, den Braun am Schlüsse einer Debatte noch zum
Gegenstand persönlicher Bemerkung macht. Das haben in dieser Session
Reichensperger und Dr. Götz und' neuerlichst Wagener empfindlich erfahren.
Größere Reden hat Braun in dieser Session bei der Adrcßdcbatte und bei der
Verhandlung über die Aushebung der Zinsbeschränkungen unter großem Beifall
gehalten. Seine neueste Flugschrift, die vier Briefe an Jakoby, die zuerst in
diesen Blättern gestanden, wird von den Mitgliedern aller Parteien im Lese¬
zimmer eifrig begehrt. -- wenn nur auch ebenso beherzigt!






Verantwortliche Redactcure: Ellsiav Errtztag u, ZuliuS ESardt.
Verlag von F. L. Hrrliip. -- Druck von HiUhkl H Lk^ter in Lclpzi".

Geschlossen aber sei diese Reihe außerpreußischer nationaler mit dem flüch¬
tigen Bilde desjenigen unter ihnen, dessen reichbegabtcr Meist und unverwüst¬
liche Arbeitskraft, dessen mächtige Redegabe und Schlagfertigkeit von den Freunden
hochgeschäht, von den Gegnern arg gefürchtet wird: Braun aus Wiesbaden. Er
bat vom Jahre 49 ab seinem Herzog die Reaction herzlich sauer gemacht, von
39 ab wurde die Kammer unter Braun's Führung und Präsidium der Krone
geradezu unausstehlich. Diese tapfere Führerschaft und der lebhafte Antheil,
den Braun seit 1859 an dem Zustandekommen und an der Leitung des voll's-
wirthschaftlichen Congresses halte, verschafften seinem Namen guten Klang durch
ganz Deutschland. Dieses Ansehen ward zugleich mit Recht gegründet auf seine
schriftstellerische Thätigkeit in volkswirtschaftlicher Richtung.' So war er in
allen liberalen Zeitungen Deutschlands gefeiert. Zwiespältig aber ward dies
Urtheil, als Braun im Jahre 1866 unter denen stand, die unverholen die
Annexion an Preußen als das einzige Rettungsmittel für das Herzogthum Nassau
verkündigten, und als diese erfolgt war. die Partei in seinem engern Vater¬
lande führte, welche mit aller Kraft und vollem Herzen sich und ihre Hcimaths-
genossen einzuleben strebte in den neuen großen Staat. Da ward in sämmtlichen
Zeitungen und Zeitschriften, die über die Gewaltherrschaft Preußens und die
Dreitheilung Deutschlands ihren heiligen Zorn ausschütteten und für das „reine
Deutschland" Ströme von Tinte fließen ließen, Braun's Name vor allen anderen
mit radicalen Koth beworfen. Er hat sich seitdem dieser Auszeichnung voll¬
kommen würdig gemacht. Er hat im constituirenden Reichstage wohl von allen
die größten Rcdnertriumphe gefeiert. Er spricht ruhig, langsam, die tiefen
Brusttöne seiner Stimme schwingen sich leicht und ungezwungen in die äußersten
Tiefen des Hauses, durchbrechen mühelos den häusig herausgeforderten Wider¬
spruch der äußersten Rechten und Linken. Wenn Braun spricht, wird man un¬
willkürlich die Enge des Hauses gewahr. Er hat alle Mittel überzeugender
Rhetorik in seiner Gewalt; aber eine seltene Gabe besitzt er obendrein in hohem
Grade, diese, die Lacher auf seine Seite zu ziehen. Sein Witz ist zündend und
scharf, und wehe dem Gegner, den Braun am Schlüsse einer Debatte noch zum
Gegenstand persönlicher Bemerkung macht. Das haben in dieser Session
Reichensperger und Dr. Götz und' neuerlichst Wagener empfindlich erfahren.
Größere Reden hat Braun in dieser Session bei der Adrcßdcbatte und bei der
Verhandlung über die Aushebung der Zinsbeschränkungen unter großem Beifall
gehalten. Seine neueste Flugschrift, die vier Briefe an Jakoby, die zuerst in
diesen Blättern gestanden, wird von den Mitgliedern aller Parteien im Lese¬
zimmer eifrig begehrt. — wenn nur auch ebenso beherzigt!






Verantwortliche Redactcure: Ellsiav Errtztag u, ZuliuS ESardt.
Verlag von F. L. Hrrliip. — Druck von HiUhkl H Lk^ter in Lclpzi«.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/168>, abgerufen am 27.09.2024.