Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.werden konnte, wie es seit den letzten sieben Monaten geschehen, darin liegt Fangen wir mit unserer Rundfrage bei den wirtlichen Politikern und zwar werden konnte, wie es seit den letzten sieben Monaten geschehen, darin liegt Fangen wir mit unserer Rundfrage bei den wirtlichen Politikern und zwar <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191917"/> <p xml:id="ID_442" prev="#ID_441"> werden konnte, wie es seit den letzten sieben Monaten geschehen, darin liegt<lb/> der eigentliche Jammer der gegenwärtigen Lage des französischen Volks. Es<lb/> ist wohl auch sonst vorgekommen, daß ein ehrgeiziger Staatsmann die Blicke<lb/> seiner Nation von inneren aus äußere Händel abzulenken versuchte, daß er nur<lb/> seinen Vertrauten darüber rathschlagte, welcher der genannten beiden Wege am<lb/> schnellsten und sichersten zu dem Ziel der Wiederherstellung erschütterter Macht¬<lb/> stellung führen werbe: Dafür, daß ein großes Culmrvolk bei Hellem, Achten<lb/> Tage darüber discutut, ob es sich durch den Ueberfall eines Nachbarn für den<lb/> Maugel eigenen Behagens schadlos hallen solle oder nicht, — dafür wird<lb/> schwerlich ern Beispiel aus der neuern ober ältern Geschichte herangezogen<lb/> werden können. Die Voraussetzung von Erwägungen dieser Art ist nicht nur<lb/> ein tiefer sittlicher Verfall, sondern auch die Etkenntuiß desselben und zugleich die<lb/> Einsicht in die Unmöglichkeit einer Wiedergeburt aus eigener Kraft. Sehen<lb/> wir näher zu, so werben wir finden, daß die Verzweiflung oder doch<lb/> der Zweifel an der eigenen Fähigkeit, ein aus politische Freiheit<lb/> gegründetes Staatswesen dauernd zu ertragen, der eigentliche<lb/> Grund des tiefen Unbehagens ist, das seit Jahresfrist an dem Mark der fran-<lb/> zöfijchen Nation zehrt. Dieser Satz wird sich bestätigen, mag man behufs<lb/> einer Orientirung über die gegenwärtige Volksstimmung bei Blättern des Empire<lb/> oder der Opposition, bei der l^rauoe, dem lüoustitutioutü und der?atnL oder<lb/> bei den Oedirts und dem lewxs anfragen; bekommt man überhaupt eine Ant¬<lb/> wort, jo wird diejUbe wenig von dem Forcadeschen Wort verschieden sein, das<lb/> wir an die Spitze dieser Betrachtung stellten: ?oliticzMweut, vorig sommss<lb/> un xeur/L Hui ne sait xomt pu'it a s, taire.</p><lb/> <p xml:id="ID_443" next="#ID_444"> Fangen wir mit unserer Rundfrage bei den wirtlichen Politikern und zwar<lb/> bei den Imperialisten der jlriegspcutei an. Diese, so hat es den Anschein, wissen<lb/> allerdings was zu thun ist: sie wollen losschlagen und glauben dadurch alle<lb/> inneren Schwierigkeiten zum Schweigen zu bringen. Aus diese Partei wird<lb/> aber, wie uns scheint, sehr wenig ankommen. Einmal ist die Menge Derer,<lb/> die einen Krieg wollen, durchaus nicht mit der Zahl Jener identisch, die nur<lb/> Krieg wollen, und zweitens sind die Knegssrcunde ä Wut xrix die Leute, welche<lb/> d>e gegenwärtige Regierung am wenigsten fürchtet. Wer den Kiieg nur will,<lb/> um die Schleier im Lande zur Ruhe zu bringen, der beweist dadurch, daß ihm<lb/> die Erhaltung des zweiten Empire der letzte Zweck ist, daß er für seine Person<lb/> allenfalls auch ohne Krieg mit dem gegenwärtigen Stande der öffentlichen An¬<lb/> gelegenheiten zufrieden ist. Die Besorgniß wegen der wachsenden Verstimmung<lb/> des Vols gegen die Regierung ist neben der nationalen Eitelkeit das Haupt<lb/> motiv zu dem soldatischen Lärm, der in der 6g,2öttL alö I^auee und in Blät¬<lb/> tern ähnlicher Farbe geschlagen wird. Die besseren Köpfe unter den Gliedern<lb/> der Kriegspartei sehen eine auswärtige Verwickelung blos als Palliativ an</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
werden konnte, wie es seit den letzten sieben Monaten geschehen, darin liegt
der eigentliche Jammer der gegenwärtigen Lage des französischen Volks. Es
ist wohl auch sonst vorgekommen, daß ein ehrgeiziger Staatsmann die Blicke
seiner Nation von inneren aus äußere Händel abzulenken versuchte, daß er nur
seinen Vertrauten darüber rathschlagte, welcher der genannten beiden Wege am
schnellsten und sichersten zu dem Ziel der Wiederherstellung erschütterter Macht¬
stellung führen werbe: Dafür, daß ein großes Culmrvolk bei Hellem, Achten
Tage darüber discutut, ob es sich durch den Ueberfall eines Nachbarn für den
Maugel eigenen Behagens schadlos hallen solle oder nicht, — dafür wird
schwerlich ern Beispiel aus der neuern ober ältern Geschichte herangezogen
werden können. Die Voraussetzung von Erwägungen dieser Art ist nicht nur
ein tiefer sittlicher Verfall, sondern auch die Etkenntuiß desselben und zugleich die
Einsicht in die Unmöglichkeit einer Wiedergeburt aus eigener Kraft. Sehen
wir näher zu, so werben wir finden, daß die Verzweiflung oder doch
der Zweifel an der eigenen Fähigkeit, ein aus politische Freiheit
gegründetes Staatswesen dauernd zu ertragen, der eigentliche
Grund des tiefen Unbehagens ist, das seit Jahresfrist an dem Mark der fran-
zöfijchen Nation zehrt. Dieser Satz wird sich bestätigen, mag man behufs
einer Orientirung über die gegenwärtige Volksstimmung bei Blättern des Empire
oder der Opposition, bei der l^rauoe, dem lüoustitutioutü und der?atnL oder
bei den Oedirts und dem lewxs anfragen; bekommt man überhaupt eine Ant¬
wort, jo wird diejUbe wenig von dem Forcadeschen Wort verschieden sein, das
wir an die Spitze dieser Betrachtung stellten: ?oliticzMweut, vorig sommss
un xeur/L Hui ne sait xomt pu'it a s, taire.
Fangen wir mit unserer Rundfrage bei den wirtlichen Politikern und zwar
bei den Imperialisten der jlriegspcutei an. Diese, so hat es den Anschein, wissen
allerdings was zu thun ist: sie wollen losschlagen und glauben dadurch alle
inneren Schwierigkeiten zum Schweigen zu bringen. Aus diese Partei wird
aber, wie uns scheint, sehr wenig ankommen. Einmal ist die Menge Derer,
die einen Krieg wollen, durchaus nicht mit der Zahl Jener identisch, die nur
Krieg wollen, und zweitens sind die Knegssrcunde ä Wut xrix die Leute, welche
d>e gegenwärtige Regierung am wenigsten fürchtet. Wer den Kiieg nur will,
um die Schleier im Lande zur Ruhe zu bringen, der beweist dadurch, daß ihm
die Erhaltung des zweiten Empire der letzte Zweck ist, daß er für seine Person
allenfalls auch ohne Krieg mit dem gegenwärtigen Stande der öffentlichen An¬
gelegenheiten zufrieden ist. Die Besorgniß wegen der wachsenden Verstimmung
des Vols gegen die Regierung ist neben der nationalen Eitelkeit das Haupt
motiv zu dem soldatischen Lärm, der in der 6g,2öttL alö I^auee und in Blät¬
tern ähnlicher Farbe geschlagen wird. Die besseren Köpfe unter den Gliedern
der Kriegspartei sehen eine auswärtige Verwickelung blos als Palliativ an
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