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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band.

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gleich schnellen Schiffen einige Schüsse zu wechseln; sie können, mit Ueberbnn-
gung einer Nachricht beauftragt, auf einen einzelnen feindlichen Kreuzer stoßen,
oder sogar, wie die "Lorelei" bei Rügen, aus besonderen Gründen in das
Gefecht gezogen werden -- und in allen diesen Fällen liegt die Gefahr nahe,
daß ein einziger glücklicher Schuß des Feindes den Aviso sofort in dessen Hände
liefert. Gegen diese Gefahr können nach unsrer Meinung die Vortheile nicht
in Betracht kommen, die dem Nadaviso eigen sind, die eines geringern
Tiefgangs und einer unter Umständen etwas großem Schnelligkeit. Es hat
sich nämlich allerdings in der Praxis der Ocean-Dampferlinien herausgestellt,
daß im ganzen die Raddampfer, welche Patent-Schaufelräder (keirtruzriug vueöls)
haben, ein wenig schneller sind als die Schraubendampser, wenn nämlich die
See nicht so bewegt ist, daß immer das Rad der einen Seite zu tief eintaucht,
das der andern dagegen in der Luft arbeitet. Der Grund davon liegt natür¬
lich darin, daß die Schaufeln directer, rechtwinklig gegen das Wasser wirken,
während im Wesen der Schraube die indirectere, so zu sagen schräge Bewegung
liegt. Außerdem aber lassen sich kleine Raddampfer mit geringerm Tiefgang
bauen, als Schraubendampfer: denn die Räder der ersteren bedürfen nur einer
Eintauchung von kaum mehr als 2 Fuß. um ihre volle Kraft entwickeln zu
können, und über diese Grenze hinaus ist sonst der Tiefgang des Schiffes da¬
von gänzlich unabhängig; bei Schraubenschiffen dagegen von der Größe, wie die
Avisos projectut sind, hat man wenigstens 10 Fuß Tiefgang nöthig, um der
Schraube einen genügend großen Durchmesser und genügende Flächenwirkung
zu geben. Der geringe Tiefgang ist aber allerdings insofern sehr wichtig, als
er den Fahrzeugen an der Küste erlaubt, über Untiefen weg zu fahren, welche
andere Schiffe mit großen Umwegen vermeiden müssen. Doch auch um dieses
Vortheils willen darf man die Sicherung der Maschinen vor feindlichen Schüssen
nicht beeinträchtigen.

Nun giebt es aber eine andere Construction, welche die Sicherheit der ge¬
wöhnlichen Schraube vor Verletzung durch feindliche Kugeln mit der Möglich¬
keit eines nicht unbedeutend geringern Tiefgangs vereinigt, eine Construction,
die erst vor wenigen Jahren von der englischen Firma Dudgeon zur Anwen¬
dung gebracht Worden ist, seitdem aber sich vielfach bewährt hat: die der Zwil¬
lingsschraube. Der preußische Flottengründungsplan faßt die Adoptirung
dieser Construction für die Avisos auch ins Auge, doch nur als ferner liegende
Eventualität. Nun hat aber jene Construction seit Aufstellung des Plans in
anderen Mariner immer mehr Eingang gefunden, namentlich für Panzerschiffe,
bei denen die größere Leichtigkeit der Evolutionen so sehr in das Gewicht fällt,
z. B. bei dem amerikanischen Doppelthurmschiff "Miantonomoh." das wir schon
vor einiger Zeit in diesen Blättern beschrieben, bei den französischen viel¬
genannten Thurmwidderschiffen "Le Taureau" und "BÄier" und auch bei dem


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gleich schnellen Schiffen einige Schüsse zu wechseln; sie können, mit Ueberbnn-
gung einer Nachricht beauftragt, auf einen einzelnen feindlichen Kreuzer stoßen,
oder sogar, wie die „Lorelei" bei Rügen, aus besonderen Gründen in das
Gefecht gezogen werden — und in allen diesen Fällen liegt die Gefahr nahe,
daß ein einziger glücklicher Schuß des Feindes den Aviso sofort in dessen Hände
liefert. Gegen diese Gefahr können nach unsrer Meinung die Vortheile nicht
in Betracht kommen, die dem Nadaviso eigen sind, die eines geringern
Tiefgangs und einer unter Umständen etwas großem Schnelligkeit. Es hat
sich nämlich allerdings in der Praxis der Ocean-Dampferlinien herausgestellt,
daß im ganzen die Raddampfer, welche Patent-Schaufelräder (keirtruzriug vueöls)
haben, ein wenig schneller sind als die Schraubendampser, wenn nämlich die
See nicht so bewegt ist, daß immer das Rad der einen Seite zu tief eintaucht,
das der andern dagegen in der Luft arbeitet. Der Grund davon liegt natür¬
lich darin, daß die Schaufeln directer, rechtwinklig gegen das Wasser wirken,
während im Wesen der Schraube die indirectere, so zu sagen schräge Bewegung
liegt. Außerdem aber lassen sich kleine Raddampfer mit geringerm Tiefgang
bauen, als Schraubendampfer: denn die Räder der ersteren bedürfen nur einer
Eintauchung von kaum mehr als 2 Fuß. um ihre volle Kraft entwickeln zu
können, und über diese Grenze hinaus ist sonst der Tiefgang des Schiffes da¬
von gänzlich unabhängig; bei Schraubenschiffen dagegen von der Größe, wie die
Avisos projectut sind, hat man wenigstens 10 Fuß Tiefgang nöthig, um der
Schraube einen genügend großen Durchmesser und genügende Flächenwirkung
zu geben. Der geringe Tiefgang ist aber allerdings insofern sehr wichtig, als
er den Fahrzeugen an der Küste erlaubt, über Untiefen weg zu fahren, welche
andere Schiffe mit großen Umwegen vermeiden müssen. Doch auch um dieses
Vortheils willen darf man die Sicherung der Maschinen vor feindlichen Schüssen
nicht beeinträchtigen.

Nun giebt es aber eine andere Construction, welche die Sicherheit der ge¬
wöhnlichen Schraube vor Verletzung durch feindliche Kugeln mit der Möglich¬
keit eines nicht unbedeutend geringern Tiefgangs vereinigt, eine Construction,
die erst vor wenigen Jahren von der englischen Firma Dudgeon zur Anwen¬
dung gebracht Worden ist, seitdem aber sich vielfach bewährt hat: die der Zwil¬
lingsschraube. Der preußische Flottengründungsplan faßt die Adoptirung
dieser Construction für die Avisos auch ins Auge, doch nur als ferner liegende
Eventualität. Nun hat aber jene Construction seit Aufstellung des Plans in
anderen Mariner immer mehr Eingang gefunden, namentlich für Panzerschiffe,
bei denen die größere Leichtigkeit der Evolutionen so sehr in das Gewicht fällt,
z. B. bei dem amerikanischen Doppelthurmschiff „Miantonomoh." das wir schon
vor einiger Zeit in diesen Blättern beschrieben, bei den französischen viel¬
genannten Thurmwidderschiffen „Le Taureau" und „BÄier" und auch bei dem


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[0103] gleich schnellen Schiffen einige Schüsse zu wechseln; sie können, mit Ueberbnn- gung einer Nachricht beauftragt, auf einen einzelnen feindlichen Kreuzer stoßen, oder sogar, wie die „Lorelei" bei Rügen, aus besonderen Gründen in das Gefecht gezogen werden — und in allen diesen Fällen liegt die Gefahr nahe, daß ein einziger glücklicher Schuß des Feindes den Aviso sofort in dessen Hände liefert. Gegen diese Gefahr können nach unsrer Meinung die Vortheile nicht in Betracht kommen, die dem Nadaviso eigen sind, die eines geringern Tiefgangs und einer unter Umständen etwas großem Schnelligkeit. Es hat sich nämlich allerdings in der Praxis der Ocean-Dampferlinien herausgestellt, daß im ganzen die Raddampfer, welche Patent-Schaufelräder (keirtruzriug vueöls) haben, ein wenig schneller sind als die Schraubendampser, wenn nämlich die See nicht so bewegt ist, daß immer das Rad der einen Seite zu tief eintaucht, das der andern dagegen in der Luft arbeitet. Der Grund davon liegt natür¬ lich darin, daß die Schaufeln directer, rechtwinklig gegen das Wasser wirken, während im Wesen der Schraube die indirectere, so zu sagen schräge Bewegung liegt. Außerdem aber lassen sich kleine Raddampfer mit geringerm Tiefgang bauen, als Schraubendampfer: denn die Räder der ersteren bedürfen nur einer Eintauchung von kaum mehr als 2 Fuß. um ihre volle Kraft entwickeln zu können, und über diese Grenze hinaus ist sonst der Tiefgang des Schiffes da¬ von gänzlich unabhängig; bei Schraubenschiffen dagegen von der Größe, wie die Avisos projectut sind, hat man wenigstens 10 Fuß Tiefgang nöthig, um der Schraube einen genügend großen Durchmesser und genügende Flächenwirkung zu geben. Der geringe Tiefgang ist aber allerdings insofern sehr wichtig, als er den Fahrzeugen an der Küste erlaubt, über Untiefen weg zu fahren, welche andere Schiffe mit großen Umwegen vermeiden müssen. Doch auch um dieses Vortheils willen darf man die Sicherung der Maschinen vor feindlichen Schüssen nicht beeinträchtigen. Nun giebt es aber eine andere Construction, welche die Sicherheit der ge¬ wöhnlichen Schraube vor Verletzung durch feindliche Kugeln mit der Möglich¬ keit eines nicht unbedeutend geringern Tiefgangs vereinigt, eine Construction, die erst vor wenigen Jahren von der englischen Firma Dudgeon zur Anwen¬ dung gebracht Worden ist, seitdem aber sich vielfach bewährt hat: die der Zwil¬ lingsschraube. Der preußische Flottengründungsplan faßt die Adoptirung dieser Construction für die Avisos auch ins Auge, doch nur als ferner liegende Eventualität. Nun hat aber jene Construction seit Aufstellung des Plans in anderen Mariner immer mehr Eingang gefunden, namentlich für Panzerschiffe, bei denen die größere Leichtigkeit der Evolutionen so sehr in das Gewicht fällt, z. B. bei dem amerikanischen Doppelthurmschiff „Miantonomoh." das wir schon vor einiger Zeit in diesen Blättern beschrieben, bei den französischen viel¬ genannten Thurmwidderschiffen „Le Taureau" und „BÄier" und auch bei dem 13*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349919/103>, abgerufen am 27.09.2024.