Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.mit einem bis zur äußersten Grobheit vergrößerten opus retieulktum. Be¬ Zu dem Athenaeum führt die Brücke, unstreitig das Beste, was die neue Es bleibt uns noch übrig, die Privatbauten zu betrachten und dann die mit einem bis zur äußersten Grobheit vergrößerten opus retieulktum. Be¬ Zu dem Athenaeum führt die Brücke, unstreitig das Beste, was die neue Es bleibt uns noch übrig, die Privatbauten zu betrachten und dann die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188455"/> <p xml:id="ID_1348" prev="#ID_1347"> mit einem bis zur äußersten Grobheit vergrößerten opus retieulktum. Be¬<lb/> kanntlich diente das opus rotieulÄtum, in welchem die nach innen keilförmig<lb/> gestalteten Steine nur ihre kleinen Häupter nach außen kehrten und nach innen<lb/> durch den Stcinmörtel, der in ihre Zwischenräume gegossen wurde, zur com-<lb/> pacten Masse wurden, den Römern zur Herstellung von festen Mauern und<lb/> nebenher zum belebenden Wechsel mit den geraden Steinschichten. Die Archi¬<lb/> tekten des neuen Stils, die dasselbe in jener widersinnigen Weise nachgeahmt<lb/> haben, verlassen sich doch wohl zu sehr auf die Unkenntnis) des Beschauers.<lb/> Und dann hätte man doch nicht an einer Stelle, die den Eindruck einer durch¬<lb/> aus soliden Futtermauer machen soll, eine Verblendung anbringen sollen, der<lb/> man die Zusammensetzung aus schwachen Platten auf den ersten Blick ansieht!</p><lb/> <p xml:id="ID_1349"> Zu dem Athenaeum führt die Brücke, unstreitig das Beste, was die neue<lb/> Architektur in der Maximiliansstraße gemacht hat. Hier, wo es sich einfach um<lb/> Festigkeit der Consiruction handelte, fand die Neuerungssucht keinen Spielraum,<lb/> und der Baumeister hielt es für gerathen, kurz und gut zu einer hergebrachten<lb/> Form zu greifen. Auch macht die Brücke durch ihre Breite und die massiven<lb/> Brüstungen — deren Docken übrigens geschmacklos sind — einen ganz statt¬<lb/> lichen Eindruck. Eine gewisse Armuth der Phantasie für heitere Fülle der Er¬<lb/> scheinung zeigt sich jedoch auch hier: da nun einmal in der Anlage der ganzen<lb/> Straße die monumentale Pracht über das Bedürfniß vorherrschen sollte, so<lb/> wäre es wohl passend gewesen, über die Pfeiler oder auf besonderen Trägern<lb/> Ezcdren über die Fußwege hinauszulegen. Auch das schlägt hier in die künst¬<lb/> lerische Aufgabe ein, daß gleichsam der ästhetische Ruhepunkt bezeichnet wird,<lb/> auf dem der Spaziergänger dem Genuß der Betrachtung sich hingeben mag.<lb/> Weshalb ist man gerade hier mit einer Knappheit verfahren, die bei mancher<lb/> überflüssigen Ausschmückung der Gebäude besser angebracht gewesen wäre? Auch<lb/> Figuren auf den Postamenten der Brüstungen würden der Brücke ein schöneres,<lb/> mehr monumentales Ansehen gegeben haben. Den Aufwand für die häßlichen<lb/> Krautköpfe, welche der Baumeister als Ersatz der Statuen auf die Postamente<lb/> gesetzt hat, hätte derselbe füglich auch noch sparen tonnen, wie überhaupt das<lb/> Auslaufen des mächtig ansetzenden Pfeilers in ein solches Ornament unschön<lb/> ist. Und beiläufig) den gußeisernen Fußgestellen der Laternenträger hätte man<lb/> eine weniger rohe Form geben dürfen, wie die Lichtträger auf der Straße mit<lb/> mehr Geschmack behandeln sollen. Man braucht sich nur an die schönen, phan¬<lb/> tasievoll geformten Laternen eines Caparra zu erinnern, um zu sehen, wie eine<lb/> durchgebildete ^unse den schonen Charakter des Ganzen auch in dem Geräthe<lb/> des Bedürfnisses durchzuführen weiß. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1350"> Es bleibt uns noch übrig, die Privatbauten zu betrachten und dann die<lb/> gemeinsamen Züge dieser modernen Architektur zusammenzufassen, um ihren<lb/> ganzen Widersinn und ihre Häßlichkeit, wie ihre verderblichen Folgen bloszulegen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0428]
mit einem bis zur äußersten Grobheit vergrößerten opus retieulktum. Be¬
kanntlich diente das opus rotieulÄtum, in welchem die nach innen keilförmig
gestalteten Steine nur ihre kleinen Häupter nach außen kehrten und nach innen
durch den Stcinmörtel, der in ihre Zwischenräume gegossen wurde, zur com-
pacten Masse wurden, den Römern zur Herstellung von festen Mauern und
nebenher zum belebenden Wechsel mit den geraden Steinschichten. Die Archi¬
tekten des neuen Stils, die dasselbe in jener widersinnigen Weise nachgeahmt
haben, verlassen sich doch wohl zu sehr auf die Unkenntnis) des Beschauers.
Und dann hätte man doch nicht an einer Stelle, die den Eindruck einer durch¬
aus soliden Futtermauer machen soll, eine Verblendung anbringen sollen, der
man die Zusammensetzung aus schwachen Platten auf den ersten Blick ansieht!
Zu dem Athenaeum führt die Brücke, unstreitig das Beste, was die neue
Architektur in der Maximiliansstraße gemacht hat. Hier, wo es sich einfach um
Festigkeit der Consiruction handelte, fand die Neuerungssucht keinen Spielraum,
und der Baumeister hielt es für gerathen, kurz und gut zu einer hergebrachten
Form zu greifen. Auch macht die Brücke durch ihre Breite und die massiven
Brüstungen — deren Docken übrigens geschmacklos sind — einen ganz statt¬
lichen Eindruck. Eine gewisse Armuth der Phantasie für heitere Fülle der Er¬
scheinung zeigt sich jedoch auch hier: da nun einmal in der Anlage der ganzen
Straße die monumentale Pracht über das Bedürfniß vorherrschen sollte, so
wäre es wohl passend gewesen, über die Pfeiler oder auf besonderen Trägern
Ezcdren über die Fußwege hinauszulegen. Auch das schlägt hier in die künst¬
lerische Aufgabe ein, daß gleichsam der ästhetische Ruhepunkt bezeichnet wird,
auf dem der Spaziergänger dem Genuß der Betrachtung sich hingeben mag.
Weshalb ist man gerade hier mit einer Knappheit verfahren, die bei mancher
überflüssigen Ausschmückung der Gebäude besser angebracht gewesen wäre? Auch
Figuren auf den Postamenten der Brüstungen würden der Brücke ein schöneres,
mehr monumentales Ansehen gegeben haben. Den Aufwand für die häßlichen
Krautköpfe, welche der Baumeister als Ersatz der Statuen auf die Postamente
gesetzt hat, hätte derselbe füglich auch noch sparen tonnen, wie überhaupt das
Auslaufen des mächtig ansetzenden Pfeilers in ein solches Ornament unschön
ist. Und beiläufig) den gußeisernen Fußgestellen der Laternenträger hätte man
eine weniger rohe Form geben dürfen, wie die Lichtträger auf der Straße mit
mehr Geschmack behandeln sollen. Man braucht sich nur an die schönen, phan¬
tasievoll geformten Laternen eines Caparra zu erinnern, um zu sehen, wie eine
durchgebildete ^unse den schonen Charakter des Ganzen auch in dem Geräthe
des Bedürfnisses durchzuführen weiß. —
Es bleibt uns noch übrig, die Privatbauten zu betrachten und dann die
gemeinsamen Züge dieser modernen Architektur zusammenzufassen, um ihren
ganzen Widersinn und ihre Häßlichkeit, wie ihre verderblichen Folgen bloszulegen.
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