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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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cutiren. Ja auch dies werden die Arbeiter nicht selbst thun, sie verstehen es
auch nicht, sondern "dann werden, verlassen Sie sich darauf, die Männer, die
Ihre Lage verstehen und Ihrer Sache hingegeben sind, mit dem blanken Stahle
der Wissenschaft bewaffnet zu Ihrer Seite stehen und Ihre Interessen zu schufen
wissen!"

Wir meinen, der deutsche Arbeiter wird von diesem blanken Stahl der
lassallcschen Wissenschaft nicht viel hoffen und sich hüten, für eine so weit aus¬
sehende Sache in Hände, deren Reinheit ihm Niemand verbürgt, seine mühsam
verdienten Silbergroschen zu legen, blos damit man in seinem Namen thun kann,
was man will. Wir meinen das auf Grund langjähriger Erfahrung. Der
Arbeiter ist viel zu mißtrauisch, er würde nicht begreifen können, wo sein Geld
hingerathen sei, wenn er -- vielleicht aus den Verhandlungen -- erführe, daß
von den hunderttausend eingenommenen Thalern vielleicht neunzigtausend für
sein Wohl verbraucht wären, ohne daß er etwas davon zu bemerken im Stande
gewesen. Und er würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn
er hörte, daß seine Agenten, Arbeiter, die sich ganz seinem Wohle hingäben und
deswegen nicht mehr ihre gewohnte Arbeit treiben könnten, täglich fünf Thaler
Auslösung und Reisespesen erhielten, wofür er eine ganze lange Woche und
mehr arbeiten muß. Er würde es endlich nicht begreifen, wenn er hörte, daß
zu einer einzigen dreitägigen Vorstandsversammlung für seine fünfundzwanzig
Vertreter vielleicht an Reisespesen und Diäten, Soupers g ig, dourAöoiK, Arbcits-
cntschädigung u. s. w. die Summe von vierhundert Thalern erforderlich ge¬
wesen wäre.

Viel eher als das allgemeine Stimmrecht wird der Arbeiter diese Geld¬
angelegenheit als Magenfrage auffassen und die Hand auf die Tasche halten.
Man hat von Seiten des Comite dem Nationalvercin einen schweren Vorwurf
daraus gemacht, daß er durch die Höhe des Beitrages von einem Thaler den
Arbeitern es absolut unmöglich mache dem Vereine beizutreten, und dieselben
Herren verlangen jetzt von letzterem achtundzwanzig Groschen ohne die Beiträge
zur Arbeitervcrsicherungsgcscllschaft. Wir sind überzeugt, daß die Versammlung
vom 2. Mai nicht hundertundfunfzig Anwesende gezählt haben würde, wenn
man an die Theilnehmer die Forderung gestellt hätte, sich Mann für Mann
sofort als Mitglieder des künftigen Vereines einzuzeichnen und Eintritts- und
G. Wochengeld zu zahlen.




cutiren. Ja auch dies werden die Arbeiter nicht selbst thun, sie verstehen es
auch nicht, sondern „dann werden, verlassen Sie sich darauf, die Männer, die
Ihre Lage verstehen und Ihrer Sache hingegeben sind, mit dem blanken Stahle
der Wissenschaft bewaffnet zu Ihrer Seite stehen und Ihre Interessen zu schufen
wissen!"

Wir meinen, der deutsche Arbeiter wird von diesem blanken Stahl der
lassallcschen Wissenschaft nicht viel hoffen und sich hüten, für eine so weit aus¬
sehende Sache in Hände, deren Reinheit ihm Niemand verbürgt, seine mühsam
verdienten Silbergroschen zu legen, blos damit man in seinem Namen thun kann,
was man will. Wir meinen das auf Grund langjähriger Erfahrung. Der
Arbeiter ist viel zu mißtrauisch, er würde nicht begreifen können, wo sein Geld
hingerathen sei, wenn er — vielleicht aus den Verhandlungen — erführe, daß
von den hunderttausend eingenommenen Thalern vielleicht neunzigtausend für
sein Wohl verbraucht wären, ohne daß er etwas davon zu bemerken im Stande
gewesen. Und er würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn
er hörte, daß seine Agenten, Arbeiter, die sich ganz seinem Wohle hingäben und
deswegen nicht mehr ihre gewohnte Arbeit treiben könnten, täglich fünf Thaler
Auslösung und Reisespesen erhielten, wofür er eine ganze lange Woche und
mehr arbeiten muß. Er würde es endlich nicht begreifen, wenn er hörte, daß
zu einer einzigen dreitägigen Vorstandsversammlung für seine fünfundzwanzig
Vertreter vielleicht an Reisespesen und Diäten, Soupers g ig, dourAöoiK, Arbcits-
cntschädigung u. s. w. die Summe von vierhundert Thalern erforderlich ge¬
wesen wäre.

Viel eher als das allgemeine Stimmrecht wird der Arbeiter diese Geld¬
angelegenheit als Magenfrage auffassen und die Hand auf die Tasche halten.
Man hat von Seiten des Comite dem Nationalvercin einen schweren Vorwurf
daraus gemacht, daß er durch die Höhe des Beitrages von einem Thaler den
Arbeitern es absolut unmöglich mache dem Vereine beizutreten, und dieselben
Herren verlangen jetzt von letzterem achtundzwanzig Groschen ohne die Beiträge
zur Arbeitervcrsicherungsgcscllschaft. Wir sind überzeugt, daß die Versammlung
vom 2. Mai nicht hundertundfunfzig Anwesende gezählt haben würde, wenn
man an die Theilnehmer die Forderung gestellt hätte, sich Mann für Mann
sofort als Mitglieder des künftigen Vereines einzuzeichnen und Eintritts- und
G. Wochengeld zu zahlen.




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[0394] cutiren. Ja auch dies werden die Arbeiter nicht selbst thun, sie verstehen es auch nicht, sondern „dann werden, verlassen Sie sich darauf, die Männer, die Ihre Lage verstehen und Ihrer Sache hingegeben sind, mit dem blanken Stahle der Wissenschaft bewaffnet zu Ihrer Seite stehen und Ihre Interessen zu schufen wissen!" Wir meinen, der deutsche Arbeiter wird von diesem blanken Stahl der lassallcschen Wissenschaft nicht viel hoffen und sich hüten, für eine so weit aus¬ sehende Sache in Hände, deren Reinheit ihm Niemand verbürgt, seine mühsam verdienten Silbergroschen zu legen, blos damit man in seinem Namen thun kann, was man will. Wir meinen das auf Grund langjähriger Erfahrung. Der Arbeiter ist viel zu mißtrauisch, er würde nicht begreifen können, wo sein Geld hingerathen sei, wenn er — vielleicht aus den Verhandlungen — erführe, daß von den hunderttausend eingenommenen Thalern vielleicht neunzigtausend für sein Wohl verbraucht wären, ohne daß er etwas davon zu bemerken im Stande gewesen. Und er würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn er hörte, daß seine Agenten, Arbeiter, die sich ganz seinem Wohle hingäben und deswegen nicht mehr ihre gewohnte Arbeit treiben könnten, täglich fünf Thaler Auslösung und Reisespesen erhielten, wofür er eine ganze lange Woche und mehr arbeiten muß. Er würde es endlich nicht begreifen, wenn er hörte, daß zu einer einzigen dreitägigen Vorstandsversammlung für seine fünfundzwanzig Vertreter vielleicht an Reisespesen und Diäten, Soupers g ig, dourAöoiK, Arbcits- cntschädigung u. s. w. die Summe von vierhundert Thalern erforderlich ge¬ wesen wäre. Viel eher als das allgemeine Stimmrecht wird der Arbeiter diese Geld¬ angelegenheit als Magenfrage auffassen und die Hand auf die Tasche halten. Man hat von Seiten des Comite dem Nationalvercin einen schweren Vorwurf daraus gemacht, daß er durch die Höhe des Beitrages von einem Thaler den Arbeitern es absolut unmöglich mache dem Vereine beizutreten, und dieselben Herren verlangen jetzt von letzterem achtundzwanzig Groschen ohne die Beiträge zur Arbeitervcrsicherungsgcscllschaft. Wir sind überzeugt, daß die Versammlung vom 2. Mai nicht hundertundfunfzig Anwesende gezählt haben würde, wenn man an die Theilnehmer die Forderung gestellt hätte, sich Mann für Mann sofort als Mitglieder des künftigen Vereines einzuzeichnen und Eintritts- und G. Wochengeld zu zahlen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/394>, abgerufen am 27.09.2024.