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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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"Dem Menschengeiste ist es Bedürfniß, in Allem, so auch in der Baukunst
nicht bei dem Alten stehen zu bleiben, sondern stets nach Neuem zu trachten.
Die architektonische Aufgabe unserer Zeit ist es, den Weg dazu zu finden, also
nicht das schon Dagewesene vollkommen oder unvollkommen nachzuahmen, son¬
dern möglichst Neues zu schaffen und eine neue Bauart zu finden."



"Als rein geistiges Moment, das auf die Architektur Einfluß hat. steht
obenan der Geist der Zeit, in weicher die Bauwerke entstehen. Ais die
Grundideen unserer Epoche kann man theilweise bezeichnen das Streben nach
Freiheit, freier Entwicklung und zwangloser Uebung aller physischen und mo¬
ralischen Kräfte, Ideen, welche auch in der Architektur ihren Ausdruck zu fin¬
den verlangen. Die politischen und socialen Verhältnisse, welche ganz beson¬
ders den Unterschied der Bauwerke der Zeit nach begründen, find andere ge¬
worden und lassen ganz andere Bauwerke, als früher, entstehen."

"Der heutigen Architektur steht überdies noch die ganze Errungenschaft der
Vergangenheit an Vorbildern und Technik zur Verfügung. Ein geschickter
Baumeister wird sich der vorhandenen Bauformen, der classischen sowohl, ais
der romanischen, der geraden Linie, des Rund- und Spitzbogens mit ihrer
Ornamentik in voller Freiheit zur Befriedigung der Gegenwart bedienen und
sie zu einem originellen, schönen, organischen Ganzen verbinden. Sollte es
nicht gelingen, wie seiner Zeit der Renaissancestil sich aus den damals be¬
kannten Stilen entwickelte, so auch jetzt eine neue Bauart zu finden?"



"Eine scharf ausgesprochene Anforderung der Gegenwart an die Baukunst
ist die Verbindung praktischer Zweckmäßigkeit mit möglichster Kostenersparniß.
Der Charakter einer zeitgemäßen Architektur muß daher sein: praktische Zweck¬
mäßigkeit, Comfort des Lebens, Einfachheit und Schönheit nach der gegen¬
wärtiger! Ausbildung der Technik, verbunden mit dem möglichsten Haushalte
in den Mitteln."

"Da ferner die Gegenwart nach prägnanter Ausbildung und Gestaltung
der Nationalität strebt und nachdem es sich darum handelt, ein Gebäude in
Deutschland herzustellen, so wird es zweckmäßig sein, auch das Princip der
altdeutschen sogenannten gothischen Architektur nicht ganz aus den Augen zu
verlieren."

"Die Herstellung eines Bauwerkes, in welchem das Ganze und Charak¬
teristische der Zeit so recht unverkennbar seinen verständlichen Ausdruck fände,
in dem die Ideen und Bestrebungen der Gegenwart sich verkörpert sähen, bei
welchem die Erfahrungen der seitherigen Architektur, die Fortschritte der Technik,
das erweiterte Feld des Materials trefflich benupt wäre, müßte von den wirk¬
samsten Folgen auch für die entferntere Zukunft der Baukunst sein."----


„Dem Menschengeiste ist es Bedürfniß, in Allem, so auch in der Baukunst
nicht bei dem Alten stehen zu bleiben, sondern stets nach Neuem zu trachten.
Die architektonische Aufgabe unserer Zeit ist es, den Weg dazu zu finden, also
nicht das schon Dagewesene vollkommen oder unvollkommen nachzuahmen, son¬
dern möglichst Neues zu schaffen und eine neue Bauart zu finden."



„Als rein geistiges Moment, das auf die Architektur Einfluß hat. steht
obenan der Geist der Zeit, in weicher die Bauwerke entstehen. Ais die
Grundideen unserer Epoche kann man theilweise bezeichnen das Streben nach
Freiheit, freier Entwicklung und zwangloser Uebung aller physischen und mo¬
ralischen Kräfte, Ideen, welche auch in der Architektur ihren Ausdruck zu fin¬
den verlangen. Die politischen und socialen Verhältnisse, welche ganz beson¬
ders den Unterschied der Bauwerke der Zeit nach begründen, find andere ge¬
worden und lassen ganz andere Bauwerke, als früher, entstehen."

„Der heutigen Architektur steht überdies noch die ganze Errungenschaft der
Vergangenheit an Vorbildern und Technik zur Verfügung. Ein geschickter
Baumeister wird sich der vorhandenen Bauformen, der classischen sowohl, ais
der romanischen, der geraden Linie, des Rund- und Spitzbogens mit ihrer
Ornamentik in voller Freiheit zur Befriedigung der Gegenwart bedienen und
sie zu einem originellen, schönen, organischen Ganzen verbinden. Sollte es
nicht gelingen, wie seiner Zeit der Renaissancestil sich aus den damals be¬
kannten Stilen entwickelte, so auch jetzt eine neue Bauart zu finden?"



„Eine scharf ausgesprochene Anforderung der Gegenwart an die Baukunst
ist die Verbindung praktischer Zweckmäßigkeit mit möglichster Kostenersparniß.
Der Charakter einer zeitgemäßen Architektur muß daher sein: praktische Zweck¬
mäßigkeit, Comfort des Lebens, Einfachheit und Schönheit nach der gegen¬
wärtiger! Ausbildung der Technik, verbunden mit dem möglichsten Haushalte
in den Mitteln."

„Da ferner die Gegenwart nach prägnanter Ausbildung und Gestaltung
der Nationalität strebt und nachdem es sich darum handelt, ein Gebäude in
Deutschland herzustellen, so wird es zweckmäßig sein, auch das Princip der
altdeutschen sogenannten gothischen Architektur nicht ganz aus den Augen zu
verlieren."

„Die Herstellung eines Bauwerkes, in welchem das Ganze und Charak¬
teristische der Zeit so recht unverkennbar seinen verständlichen Ausdruck fände,
in dem die Ideen und Bestrebungen der Gegenwart sich verkörpert sähen, bei
welchem die Erfahrungen der seitherigen Architektur, die Fortschritte der Technik,
das erweiterte Feld des Materials trefflich benupt wäre, müßte von den wirk¬
samsten Folgen auch für die entferntere Zukunft der Baukunst sein."----


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[0369] „Dem Menschengeiste ist es Bedürfniß, in Allem, so auch in der Baukunst nicht bei dem Alten stehen zu bleiben, sondern stets nach Neuem zu trachten. Die architektonische Aufgabe unserer Zeit ist es, den Weg dazu zu finden, also nicht das schon Dagewesene vollkommen oder unvollkommen nachzuahmen, son¬ dern möglichst Neues zu schaffen und eine neue Bauart zu finden." „Als rein geistiges Moment, das auf die Architektur Einfluß hat. steht obenan der Geist der Zeit, in weicher die Bauwerke entstehen. Ais die Grundideen unserer Epoche kann man theilweise bezeichnen das Streben nach Freiheit, freier Entwicklung und zwangloser Uebung aller physischen und mo¬ ralischen Kräfte, Ideen, welche auch in der Architektur ihren Ausdruck zu fin¬ den verlangen. Die politischen und socialen Verhältnisse, welche ganz beson¬ ders den Unterschied der Bauwerke der Zeit nach begründen, find andere ge¬ worden und lassen ganz andere Bauwerke, als früher, entstehen." „Der heutigen Architektur steht überdies noch die ganze Errungenschaft der Vergangenheit an Vorbildern und Technik zur Verfügung. Ein geschickter Baumeister wird sich der vorhandenen Bauformen, der classischen sowohl, ais der romanischen, der geraden Linie, des Rund- und Spitzbogens mit ihrer Ornamentik in voller Freiheit zur Befriedigung der Gegenwart bedienen und sie zu einem originellen, schönen, organischen Ganzen verbinden. Sollte es nicht gelingen, wie seiner Zeit der Renaissancestil sich aus den damals be¬ kannten Stilen entwickelte, so auch jetzt eine neue Bauart zu finden?" „Eine scharf ausgesprochene Anforderung der Gegenwart an die Baukunst ist die Verbindung praktischer Zweckmäßigkeit mit möglichster Kostenersparniß. Der Charakter einer zeitgemäßen Architektur muß daher sein: praktische Zweck¬ mäßigkeit, Comfort des Lebens, Einfachheit und Schönheit nach der gegen¬ wärtiger! Ausbildung der Technik, verbunden mit dem möglichsten Haushalte in den Mitteln." „Da ferner die Gegenwart nach prägnanter Ausbildung und Gestaltung der Nationalität strebt und nachdem es sich darum handelt, ein Gebäude in Deutschland herzustellen, so wird es zweckmäßig sein, auch das Princip der altdeutschen sogenannten gothischen Architektur nicht ganz aus den Augen zu verlieren." „Die Herstellung eines Bauwerkes, in welchem das Ganze und Charak¬ teristische der Zeit so recht unverkennbar seinen verständlichen Ausdruck fände, in dem die Ideen und Bestrebungen der Gegenwart sich verkörpert sähen, bei welchem die Erfahrungen der seitherigen Architektur, die Fortschritte der Technik, das erweiterte Feld des Materials trefflich benupt wäre, müßte von den wirk¬ samsten Folgen auch für die entferntere Zukunft der Baukunst sein."----

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/369>, abgerufen am 27.09.2024.