Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.keit der Entfaltung und der Vervielfältigung der übertragenen Keime nahe ge¬ Die Verbreitung der Pflanzen trockener Standorte ist weit minder begün¬ DerThatsachegegenüber, daß das Meer der Pflanzenwanderung in der keit der Entfaltung und der Vervielfältigung der übertragenen Keime nahe ge¬ Die Verbreitung der Pflanzen trockener Standorte ist weit minder begün¬ DerThatsachegegenüber, daß das Meer der Pflanzenwanderung in der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0316" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188343"/> <p xml:id="ID_1011" prev="#ID_1010"> keit der Entfaltung und der Vervielfältigung der übertragenen Keime nahe ge¬<lb/> nug. Es ist eine alljährlich leicht zu wiederholende Beobachtung, daß frisch<lb/> gebildete Wasserlachen, die außer alter Verbindung mit anderen Wassermassen<lb/> stehen, von Sumpf- und Wasserpflanzen besiedelt werden. Wasservögel sind es,<lb/> die gewöhnlich die Uebertragung der Samen vermitteln. Der -Schlamm des<lb/> Bodens seit lange bewachsener stehender Gewässer ist voll von Samen von<lb/> Wasserpflanzen. ' Schwinn- und Watcvögel tragen solchen samcnhattigen<lb/> Schlamm an Füßen und Federn von einem Wasserbecken zum anderen. Viele<lb/> Fische fressen Zainen von Wassergewächsen. Im Darmkanal dieser Fische wer¬<lb/> den solche Samen verdaut. Sie widerstehen aber der Verdauung fischfressen¬<lb/> der Vögel. Wenn ein solcher Vogel einen von Samen sich nährenden Fisch<lb/> verzehrte, unmittelbar nachdem dieser Samen verschluckt hat, so bleiben die<lb/> Samen keimfähig in den Auswurfsstoffen des Vogels. Sie können auf die<lb/> eine oder auf die andere Art in weit entlegene Gewässer gelangen, über Meeres-<lb/> cirmc, selbst über Oceane hinweg. Alljährlich werden amerikanische Vögel nach<lb/> Europa, europäische nach Nordamerika verschlagen. So erklärt sich ungezwungen<lb/> die weite Verbreitung der Wasser- und Sumpfpflanzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1012"> Die Verbreitung der Pflanzen trockener Standorte ist weit minder begün¬<lb/> stigt. Die Erfahrung zeigt, daß sie mit Hilfe der Mittet, welche die Natur<lb/> zur Fortführung ihrer Samen aufbietet, selbst einen schmalen Meeresarm kaum<lb/> zu überschreiten' vermögen. Sehr belehrend ist in dieser Beziehung das Ver¬<lb/> hältniß der Flora der britischen Inseln zu der des Continents. Unter den<lb/> heutzutage wildwachsenden Gewächsen Großbritanniens sind 83 zuverlässig erst<lb/> in geschichtlicher Zeit angesiedelt und verwildert. Aus der Art der Vertheilung<lb/> auf britischen Boden ist dies mit höchster Wahrscheinlichkeit auch für diejenigen<lb/> unter ihnen zu erschließen, in Bezug auf welche geschichtliche Zeugnisse nicht vor-<lb/> liegen. Sie finden sich nur in der Nähe bewohnter Orte. Manche von ihnen<lb/> sind nicht über die Mitte Englands hinaus vorgedrungen; viele fehlen in<lb/> Schottland, noch mehre in Irland. Für die Mehrzahl der betreffenden Pflan¬<lb/> zen ist aber der fremde Ursprung außer allem Zweifel. Neun sind amerikani¬<lb/> schen Ursprungs, 46 sind in England erst seit Ablauf des ersten Viertheils des<lb/> vorigen Jahrhunderts eingebürgert, seit der Zeit, aus welcher genaue Verzeich¬<lb/> nisse der englischen Pflanzen (von Nah und Dillenius) vorliegen; Verzeich¬<lb/> nisse, in denen jene Eindringlinge, meist in das Auge fallende, bekannte Cultur-<lb/> gewächse fehlen. Beispielsweise seien der blaue Sturmhut, die Päonie, die<lb/> rothe Taubnessel erwähnt. Diese dreiundachtzig Pflanzen sind alle bis auf<lb/> eine zuverlässige durchj menschliche Thätigkeit nach England übergeführt wor¬<lb/> den. Die Mehrzahl dieser Einwanderer sind unzweifelhaft Gartenflüchtlinge;<lb/> die übrigen Unkräuter, die den Menschen überall hin zu folgen Pflegen; ein<lb/> einziger, eine Hauhechelart, bei Bayonne und in Portugal heimisch, die auf einem<lb/> öden Vorgebirge SüdwestschoMands, dem Mull of Galloway sich angesiedelt<lb/> hat. könnte ebensogut von Vögeln als von Menschen eingeschleppt sein.<lb/> Aehnliche Verhältnisse walten auf Inseln des Mittelmeers ob. Auf Ischia<lb/> fehlen Pflanzen, die auf der nahen Küste des Festlands ganz gemein sind, und<lb/> die auf der Insel günstige Standorte in Menge finden würden. Eine davon<lb/> ist der gewöhnliche Schierling. Eine Anzahl Arten, die auf den Felsen der<lb/> calabrischen Seite der Straße von Messina massenhaft wachsen, fehlen auf<lb/> Sicilien ganz und gar.''</p><lb/> <p xml:id="ID_1013" next="#ID_1014"> DerThatsachegegenüber, daß das Meer der Pflanzenwanderung in der<lb/> Gegenwart eine feste,' nur durch Menschenhilfe mit Erfolg überschreitbare<lb/> Schranke seht, ist die Beobachtung um so auffallender, daß die Pflanzendecke<lb/> von Continenten durch nur schmale Meeresarme getrennter Inseln im Großen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0316]
keit der Entfaltung und der Vervielfältigung der übertragenen Keime nahe ge¬
nug. Es ist eine alljährlich leicht zu wiederholende Beobachtung, daß frisch
gebildete Wasserlachen, die außer alter Verbindung mit anderen Wassermassen
stehen, von Sumpf- und Wasserpflanzen besiedelt werden. Wasservögel sind es,
die gewöhnlich die Uebertragung der Samen vermitteln. Der -Schlamm des
Bodens seit lange bewachsener stehender Gewässer ist voll von Samen von
Wasserpflanzen. ' Schwinn- und Watcvögel tragen solchen samcnhattigen
Schlamm an Füßen und Federn von einem Wasserbecken zum anderen. Viele
Fische fressen Zainen von Wassergewächsen. Im Darmkanal dieser Fische wer¬
den solche Samen verdaut. Sie widerstehen aber der Verdauung fischfressen¬
der Vögel. Wenn ein solcher Vogel einen von Samen sich nährenden Fisch
verzehrte, unmittelbar nachdem dieser Samen verschluckt hat, so bleiben die
Samen keimfähig in den Auswurfsstoffen des Vogels. Sie können auf die
eine oder auf die andere Art in weit entlegene Gewässer gelangen, über Meeres-
cirmc, selbst über Oceane hinweg. Alljährlich werden amerikanische Vögel nach
Europa, europäische nach Nordamerika verschlagen. So erklärt sich ungezwungen
die weite Verbreitung der Wasser- und Sumpfpflanzen.
Die Verbreitung der Pflanzen trockener Standorte ist weit minder begün¬
stigt. Die Erfahrung zeigt, daß sie mit Hilfe der Mittet, welche die Natur
zur Fortführung ihrer Samen aufbietet, selbst einen schmalen Meeresarm kaum
zu überschreiten' vermögen. Sehr belehrend ist in dieser Beziehung das Ver¬
hältniß der Flora der britischen Inseln zu der des Continents. Unter den
heutzutage wildwachsenden Gewächsen Großbritanniens sind 83 zuverlässig erst
in geschichtlicher Zeit angesiedelt und verwildert. Aus der Art der Vertheilung
auf britischen Boden ist dies mit höchster Wahrscheinlichkeit auch für diejenigen
unter ihnen zu erschließen, in Bezug auf welche geschichtliche Zeugnisse nicht vor-
liegen. Sie finden sich nur in der Nähe bewohnter Orte. Manche von ihnen
sind nicht über die Mitte Englands hinaus vorgedrungen; viele fehlen in
Schottland, noch mehre in Irland. Für die Mehrzahl der betreffenden Pflan¬
zen ist aber der fremde Ursprung außer allem Zweifel. Neun sind amerikani¬
schen Ursprungs, 46 sind in England erst seit Ablauf des ersten Viertheils des
vorigen Jahrhunderts eingebürgert, seit der Zeit, aus welcher genaue Verzeich¬
nisse der englischen Pflanzen (von Nah und Dillenius) vorliegen; Verzeich¬
nisse, in denen jene Eindringlinge, meist in das Auge fallende, bekannte Cultur-
gewächse fehlen. Beispielsweise seien der blaue Sturmhut, die Päonie, die
rothe Taubnessel erwähnt. Diese dreiundachtzig Pflanzen sind alle bis auf
eine zuverlässige durchj menschliche Thätigkeit nach England übergeführt wor¬
den. Die Mehrzahl dieser Einwanderer sind unzweifelhaft Gartenflüchtlinge;
die übrigen Unkräuter, die den Menschen überall hin zu folgen Pflegen; ein
einziger, eine Hauhechelart, bei Bayonne und in Portugal heimisch, die auf einem
öden Vorgebirge SüdwestschoMands, dem Mull of Galloway sich angesiedelt
hat. könnte ebensogut von Vögeln als von Menschen eingeschleppt sein.
Aehnliche Verhältnisse walten auf Inseln des Mittelmeers ob. Auf Ischia
fehlen Pflanzen, die auf der nahen Küste des Festlands ganz gemein sind, und
die auf der Insel günstige Standorte in Menge finden würden. Eine davon
ist der gewöhnliche Schierling. Eine Anzahl Arten, die auf den Felsen der
calabrischen Seite der Straße von Messina massenhaft wachsen, fehlen auf
Sicilien ganz und gar.''
DerThatsachegegenüber, daß das Meer der Pflanzenwanderung in der
Gegenwart eine feste,' nur durch Menschenhilfe mit Erfolg überschreitbare
Schranke seht, ist die Beobachtung um so auffallender, daß die Pflanzendecke
von Continenten durch nur schmale Meeresarme getrennter Inseln im Großen
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