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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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und zwar sehr viel Geld schafften. Diese Ideen sind in einem Artikel der
"Mitteldeutschen Volkszeitung" vom 6> Juli 1862 niedergelegt, und es heißt hier
unter Anderm:

"Wenn es Euch nun wahrhaft um das Wohl des Volkes zu thun ist, Ihr
Fortschrittsmänner, so schafft Associationen, damit es den Arbeitern möglich ist,
den bessern von beiden Wegen zu betreten. (Zur Association oder zur Fabrik).
Dabei gilt es nun freilich Thaten zu thun, Opfer zu Dringen und nicht blos
schöne Worte zu machen. Reicht dem Volke Euren Helsenden Arm, damit es Euch
kennen lernt und Vertrauen zu Euch gewinnt. Aber greift diese große Sache,
nicht mit halber Kraft an, sucht nicht etwa oberflächlich zu helfen, sondern legt
in diese Bestrebungen die ganze Wucht Eurer geistigen und materiellen Kraft.
Das heißt mit anderen Worten: bringt unter Euch so viel Geld auf als im¬
mer möglich, aber es muß noch viel mehr sein, als Ihr zu de" unnützen
Flottcnsainmlungcn vergeudet habt, sucht intelligente Arbeiter (Hr. Vcchltcich),
welche zu finden Euch nicht allzuschwer werden wird, beauftragt diese, mit
ihren Arbeitsgenossen Associationen zu bilden und vertraut ihnen das nöthige
Geld an, indem Ihr Euch über das ganze Unternehmen ein gewisses Ober¬
aufsichtsrecht vorbehaltet."

Ferner heißt es dort: "Nicht blos an Eure Humanität appelliren wir
also, sondern vor Allein an Eure Klugheit; bedenkt es wohl, es ist vielleicht
jetzt noch Zeit, daß Ihr das Vertrauen wiedererobert, das Ihr bei den ge¬
bildeteren und vorgeschritteneren Arbeitern (wieder Hr. Vahlteich) entschieden
verlincn habt, und ohne welches Ihr nirgends Etwas ausrichten werdet, es
ist vielleicht jetzt noch Zeit, den Sturm der socialen Bewegung, der unstreitig
im Wachsen begriffen ist, in sein richtiges Bett zu leiten, aber man wähle
dieses Strombett groß und breit genug, damit man nicht nöthig hat Dämme
aufzuführen, die schließlich den wilden Elementen doch erliegen und die Mensch¬
heit vor entsetzlichen Verheerungen nicht schützen würden."

Wer will es einem zwciundzwanzigjährigen Kopfe sehr übel nehmen, wenn
in ihm derartiger Unsinn sich zurecht brant, kommt doch dergleichen bei viel
älteren Köpfen auch bisweilen vor. Die Ueberhebung aber, mit solchen jugend¬
lichen Gährungsproducten vor die Oeffentlichkeit zu treten und die Anmaßung,
dieselben als die Meinung einer großen ehrenwerthen Classe und zwar des ge¬
bildeteren Theils derselben hinzustellen, verdiente entschiedene Zurückweisung.

Da die Drohungen die Taschen der Liberalen mittlerweile nicht geöffnet
hatten, so sehen wir denselben Herrn Vahlteich in der vorhin verlassenen berliner
Arbeiterversammlung trotzdem die Unterstützung der Fortschrittspartei anrathen,
aber mit etwas säuerlichen Worten. Da man dort den Veranstalter der Arbeiter¬
versammlungen Eichler natürlich auch mit dem gehörigen Denkzettel, als von
der Reaction erkauft versehen hatte, und weitere Persönlichkeiten fehlten, die


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und zwar sehr viel Geld schafften. Diese Ideen sind in einem Artikel der
„Mitteldeutschen Volkszeitung" vom 6> Juli 1862 niedergelegt, und es heißt hier
unter Anderm:

„Wenn es Euch nun wahrhaft um das Wohl des Volkes zu thun ist, Ihr
Fortschrittsmänner, so schafft Associationen, damit es den Arbeitern möglich ist,
den bessern von beiden Wegen zu betreten. (Zur Association oder zur Fabrik).
Dabei gilt es nun freilich Thaten zu thun, Opfer zu Dringen und nicht blos
schöne Worte zu machen. Reicht dem Volke Euren Helsenden Arm, damit es Euch
kennen lernt und Vertrauen zu Euch gewinnt. Aber greift diese große Sache,
nicht mit halber Kraft an, sucht nicht etwa oberflächlich zu helfen, sondern legt
in diese Bestrebungen die ganze Wucht Eurer geistigen und materiellen Kraft.
Das heißt mit anderen Worten: bringt unter Euch so viel Geld auf als im¬
mer möglich, aber es muß noch viel mehr sein, als Ihr zu de» unnützen
Flottcnsainmlungcn vergeudet habt, sucht intelligente Arbeiter (Hr. Vcchltcich),
welche zu finden Euch nicht allzuschwer werden wird, beauftragt diese, mit
ihren Arbeitsgenossen Associationen zu bilden und vertraut ihnen das nöthige
Geld an, indem Ihr Euch über das ganze Unternehmen ein gewisses Ober¬
aufsichtsrecht vorbehaltet."

Ferner heißt es dort: „Nicht blos an Eure Humanität appelliren wir
also, sondern vor Allein an Eure Klugheit; bedenkt es wohl, es ist vielleicht
jetzt noch Zeit, daß Ihr das Vertrauen wiedererobert, das Ihr bei den ge¬
bildeteren und vorgeschritteneren Arbeitern (wieder Hr. Vahlteich) entschieden
verlincn habt, und ohne welches Ihr nirgends Etwas ausrichten werdet, es
ist vielleicht jetzt noch Zeit, den Sturm der socialen Bewegung, der unstreitig
im Wachsen begriffen ist, in sein richtiges Bett zu leiten, aber man wähle
dieses Strombett groß und breit genug, damit man nicht nöthig hat Dämme
aufzuführen, die schließlich den wilden Elementen doch erliegen und die Mensch¬
heit vor entsetzlichen Verheerungen nicht schützen würden."

Wer will es einem zwciundzwanzigjährigen Kopfe sehr übel nehmen, wenn
in ihm derartiger Unsinn sich zurecht brant, kommt doch dergleichen bei viel
älteren Köpfen auch bisweilen vor. Die Ueberhebung aber, mit solchen jugend¬
lichen Gährungsproducten vor die Oeffentlichkeit zu treten und die Anmaßung,
dieselben als die Meinung einer großen ehrenwerthen Classe und zwar des ge¬
bildeteren Theils derselben hinzustellen, verdiente entschiedene Zurückweisung.

Da die Drohungen die Taschen der Liberalen mittlerweile nicht geöffnet
hatten, so sehen wir denselben Herrn Vahlteich in der vorhin verlassenen berliner
Arbeiterversammlung trotzdem die Unterstützung der Fortschrittspartei anrathen,
aber mit etwas säuerlichen Worten. Da man dort den Veranstalter der Arbeiter¬
versammlungen Eichler natürlich auch mit dem gehörigen Denkzettel, als von
der Reaction erkauft versehen hatte, und weitere Persönlichkeiten fehlten, die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/295>, abgerufen am 27.09.2024.