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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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man darf mit ihnen nicht scherzen und keine schwache Seite zeigen. -- Ge¬
stehen Sie nur, Ihr Herr Schwager, der Maltheser-Großmeister, hatte besondere
Eigenheiten......!" Den Schluß des Gesprächs bildete ein Anerbieten,
dem jungen Prinzen Eugen eine Anstellung im französischen Heer zu geben,
welches jedoch der Vater mit Hinweis auf die Jugend seines Sohnes und
die Thatsache, daß derselbe noch nicht seinen Abschied aus russischen Dien¬
sten habe, dankend ablehnte. Beim Abschied grüßte der Kaiser den Prinzen
noch besonders verbindlich im Vorübergehen mit einem leisen Händedruck und den
Worten: ,,^sun<z xrmes, js vous sslu"."

Die Selbstgefälligkeit, mit welcher der Prinz alle diese kleine Aufmerksam¬
keiten registrirt, verläßt ihn auch nicht während seines Besuchs am berliner
Hofe im Januar 1806, wo er sich als Einen darstellt, auf dem schon damals
die Hoffnungen deutscher Patrioten beruhten, während er doch damals weiter
nichts war. als ein sehr junger deutscher Prinz, wie viele andere.

Gelegenheit sich zu bewähren und überhaupt etwas zu leisten, fand Prinz
Eugen, als er im November 1806 ein Commando in der damals in Ost-
Preußen in Gemeinschaft mit den Resten der preußischen Heeresmacht operirenden
russischen Armee übernahm. Auf dem Schlachtfeld hat er sich stets als ein
General von richtigem Blick, Entschlossenheit und kaltblütigster Tapferkeit ge¬
zeigt und nur Verhältnisse von ganz eigener Art, die wir schon angedeutet,
haben bewirkt, daß die Lorbeeren, die er sich auf dem Schlachtfelde erworben,
um die Stirn Anderer gewunden worden sind. Ein elegisches Gefühl des Ver¬
kanntseins, doppelt bitter empfunden von einem Gemüth, das bei aller auße
ren Bescheidenheit ein sehr lebhaftes Bewußtsein des eigenen Werthes besitzt,
ist die Folge dieses Mißgeschicks, das den Prinzen bis an das Ende seiner
militärischen Laufbahn verfolgt hat. Es bildet sogar einen Hauptzug in seinen
Charakterbilde.

Im November 1806 traf der Prinz Eugen in Pultusk ein und meldete sich
sofort bei dem commandirenden General v. Bcnningscn. Er war nach des Prinzen
Schilderung ein durch Würde und Anstand zwar imponirender, aber doch sehr
leutseliger,'hagerer, langer Mann mit grauem Haar. Wir müssen dem hinzu¬
fügen, daß er bei aller Gutmüthigkeit für eitel und ehrgeizig und für einen
Intriguanten galt, und wer die innere Geschichte des Feldzugs von 1812 kennt,
wird dies Urtheil nicht ungerecht finden. Ueber seinen Antheil an der Ermor¬
dung Pauls des Ersten geht der Prinz in seiner rosenfarbenen Beschönigungs-
lciune viel zu leicht hinweg. Von seiner Gutmüthigkeit aber erzählt er einige
drastische Proben.

Der thätige Dujourgcneral des Commandirenden, Font, verlangte in Königs¬
berg den Tod mehrer Plünderer, die entsetzlich gehaust hatten. Benningsen hielt
ihnen in schlechtem Russisch eine Strafrede. Die Verurteilten warfen sich ihm


man darf mit ihnen nicht scherzen und keine schwache Seite zeigen. — Ge¬
stehen Sie nur, Ihr Herr Schwager, der Maltheser-Großmeister, hatte besondere
Eigenheiten......!" Den Schluß des Gesprächs bildete ein Anerbieten,
dem jungen Prinzen Eugen eine Anstellung im französischen Heer zu geben,
welches jedoch der Vater mit Hinweis auf die Jugend seines Sohnes und
die Thatsache, daß derselbe noch nicht seinen Abschied aus russischen Dien¬
sten habe, dankend ablehnte. Beim Abschied grüßte der Kaiser den Prinzen
noch besonders verbindlich im Vorübergehen mit einem leisen Händedruck und den
Worten: ,,^sun<z xrmes, js vous sslu«."

Die Selbstgefälligkeit, mit welcher der Prinz alle diese kleine Aufmerksam¬
keiten registrirt, verläßt ihn auch nicht während seines Besuchs am berliner
Hofe im Januar 1806, wo er sich als Einen darstellt, auf dem schon damals
die Hoffnungen deutscher Patrioten beruhten, während er doch damals weiter
nichts war. als ein sehr junger deutscher Prinz, wie viele andere.

Gelegenheit sich zu bewähren und überhaupt etwas zu leisten, fand Prinz
Eugen, als er im November 1806 ein Commando in der damals in Ost-
Preußen in Gemeinschaft mit den Resten der preußischen Heeresmacht operirenden
russischen Armee übernahm. Auf dem Schlachtfeld hat er sich stets als ein
General von richtigem Blick, Entschlossenheit und kaltblütigster Tapferkeit ge¬
zeigt und nur Verhältnisse von ganz eigener Art, die wir schon angedeutet,
haben bewirkt, daß die Lorbeeren, die er sich auf dem Schlachtfelde erworben,
um die Stirn Anderer gewunden worden sind. Ein elegisches Gefühl des Ver¬
kanntseins, doppelt bitter empfunden von einem Gemüth, das bei aller auße
ren Bescheidenheit ein sehr lebhaftes Bewußtsein des eigenen Werthes besitzt,
ist die Folge dieses Mißgeschicks, das den Prinzen bis an das Ende seiner
militärischen Laufbahn verfolgt hat. Es bildet sogar einen Hauptzug in seinen
Charakterbilde.

Im November 1806 traf der Prinz Eugen in Pultusk ein und meldete sich
sofort bei dem commandirenden General v. Bcnningscn. Er war nach des Prinzen
Schilderung ein durch Würde und Anstand zwar imponirender, aber doch sehr
leutseliger,'hagerer, langer Mann mit grauem Haar. Wir müssen dem hinzu¬
fügen, daß er bei aller Gutmüthigkeit für eitel und ehrgeizig und für einen
Intriguanten galt, und wer die innere Geschichte des Feldzugs von 1812 kennt,
wird dies Urtheil nicht ungerecht finden. Ueber seinen Antheil an der Ermor¬
dung Pauls des Ersten geht der Prinz in seiner rosenfarbenen Beschönigungs-
lciune viel zu leicht hinweg. Von seiner Gutmüthigkeit aber erzählt er einige
drastische Proben.

Der thätige Dujourgcneral des Commandirenden, Font, verlangte in Königs¬
berg den Tod mehrer Plünderer, die entsetzlich gehaust hatten. Benningsen hielt
ihnen in schlechtem Russisch eine Strafrede. Die Verurteilten warfen sich ihm


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[0131] man darf mit ihnen nicht scherzen und keine schwache Seite zeigen. — Ge¬ stehen Sie nur, Ihr Herr Schwager, der Maltheser-Großmeister, hatte besondere Eigenheiten......!" Den Schluß des Gesprächs bildete ein Anerbieten, dem jungen Prinzen Eugen eine Anstellung im französischen Heer zu geben, welches jedoch der Vater mit Hinweis auf die Jugend seines Sohnes und die Thatsache, daß derselbe noch nicht seinen Abschied aus russischen Dien¬ sten habe, dankend ablehnte. Beim Abschied grüßte der Kaiser den Prinzen noch besonders verbindlich im Vorübergehen mit einem leisen Händedruck und den Worten: ,,^sun<z xrmes, js vous sslu«." Die Selbstgefälligkeit, mit welcher der Prinz alle diese kleine Aufmerksam¬ keiten registrirt, verläßt ihn auch nicht während seines Besuchs am berliner Hofe im Januar 1806, wo er sich als Einen darstellt, auf dem schon damals die Hoffnungen deutscher Patrioten beruhten, während er doch damals weiter nichts war. als ein sehr junger deutscher Prinz, wie viele andere. Gelegenheit sich zu bewähren und überhaupt etwas zu leisten, fand Prinz Eugen, als er im November 1806 ein Commando in der damals in Ost- Preußen in Gemeinschaft mit den Resten der preußischen Heeresmacht operirenden russischen Armee übernahm. Auf dem Schlachtfeld hat er sich stets als ein General von richtigem Blick, Entschlossenheit und kaltblütigster Tapferkeit ge¬ zeigt und nur Verhältnisse von ganz eigener Art, die wir schon angedeutet, haben bewirkt, daß die Lorbeeren, die er sich auf dem Schlachtfelde erworben, um die Stirn Anderer gewunden worden sind. Ein elegisches Gefühl des Ver¬ kanntseins, doppelt bitter empfunden von einem Gemüth, das bei aller auße ren Bescheidenheit ein sehr lebhaftes Bewußtsein des eigenen Werthes besitzt, ist die Folge dieses Mißgeschicks, das den Prinzen bis an das Ende seiner militärischen Laufbahn verfolgt hat. Es bildet sogar einen Hauptzug in seinen Charakterbilde. Im November 1806 traf der Prinz Eugen in Pultusk ein und meldete sich sofort bei dem commandirenden General v. Bcnningscn. Er war nach des Prinzen Schilderung ein durch Würde und Anstand zwar imponirender, aber doch sehr leutseliger,'hagerer, langer Mann mit grauem Haar. Wir müssen dem hinzu¬ fügen, daß er bei aller Gutmüthigkeit für eitel und ehrgeizig und für einen Intriguanten galt, und wer die innere Geschichte des Feldzugs von 1812 kennt, wird dies Urtheil nicht ungerecht finden. Ueber seinen Antheil an der Ermor¬ dung Pauls des Ersten geht der Prinz in seiner rosenfarbenen Beschönigungs- lciune viel zu leicht hinweg. Von seiner Gutmüthigkeit aber erzählt er einige drastische Proben. Der thätige Dujourgcneral des Commandirenden, Font, verlangte in Königs¬ berg den Tod mehrer Plünderer, die entsetzlich gehaust hatten. Benningsen hielt ihnen in schlechtem Russisch eine Strafrede. Die Verurteilten warfen sich ihm

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/131>, abgerufen am 27.09.2024.