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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

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zvsen die Verbindung mit der Küste zu erschweren. Die Straße von Veracruz
nach Orizaba ist an und für sich schon sehr schlecht, durch die Regengüsse
war sie grundlos geworden, so daß Wagen und Maulthiere in dem Meere
von Koth fast versanken. Dazu wurden die Brücken, weiche über die zahl¬
reichen, in dieser Zeit beträchtlich angeschwollenen Flüsse führten, durch die
Guerillas stets zerstört und die Herstellung derselben war mit den bedeutendsten
Schwierigkeiten verbunden. Die Transpvrtzüge waren dadurch oft zu großen
Umwegen genöthigt und brauchten manchmal sechs Tage, um eine Strecke von
neun Wegstunden zurückzulegen. Dabei mußten die Bespannungen verdreifacht
und vervierfacht werden, Sappeurabtheilungen mußten stets die Wege bahnen
und oft achtzehn Stunden ununterbrochen marschiren, bis sie in ihr nasses Bi-
vouac einrückten. Die geringe Stärke des französischen Corps machte es un¬
möglich, die Verbindung mit Veracruz durch eine Besetzung der Straße in ih¬
rer ganzen Länge zu sichern, es wurden deshalb nur vier Punkte an derselben
besetzt, und alle Transpvrtcolonnen mußten daher durch Abtheilungen gedeckt
werden, welche stark genug waren, um selbständig dem Feinde gegenübertreten
zu können. Eine solche Colonne brauchte zuweilen einen ganzen Monat dazu,
um von Orizaba nach Veracruz und mit den dort eingenommenen Berather
zurück zu marschiren, und hatte dann von diesen auf dem Rückwege lo viel
zum eignen Unterhalte verbraucht, daß sie nur noch für zwanzig Tage Vorräthe
nach Orizaba brachte. Da man nun monatlich nur einen Transport von L>era-
cruz erhalten konnte, fo war gar nicht daran zu denken, einen Neservevorrüth
zu schaffen, ohne welchen die Lage in Orizaba sehr gefährlich wurde, ja rM
mußte sogar die Nationen für die Mannschaft schmälern und die Pferde mir
Zuckerrohr und grünem Mais füttern.

Der französische Kriegsminister schildert in seinem Berichte an den Kaiser
die Schwierigkeiten, mit welchen das französische Corps während seines vier¬
monatlicher Aufenthaltes in Orizaba bis zur Ankunft Forcys zu kämpfen hatte,
ausführlich. Um ein Bild davon zu geben, wollen wir hier nur kurz die Schick¬
sale einer vom Commandanten Morand geführten Transportcolonne erzählen.

Dieselbe kommt am 29. August in Soledad an und findet den Rio
mapa durchaus unpassirbar. Die Brücke ist verbrannt, die Fuhrt nicht ^
durchwaten. Keine Geldvcrsprechungen können irgend einen Indianer dazu
vermögen, den Uebergang über den Fluß zu versuchen , den besten Schwimmern
ist es gänzlich unmöglich das andere Ufer zu erreichen, ein Sergeant von den
Zuaven kommt bei einem solchen Versuche ums Leben. Kein anderer Ueber¬
gangspunkt ist zu finden. Die einzige Hoffnung ist noch die, daß sich die erste
Colonne der von Frankreich gesendeten neuen Verstärkungen zeigen und Mate¬
rial zu einem Uebergange mit sich bringen möge. Morand wartet daher man)
einige Tage in dem strömenden Regen, dabei beständig von den Guerillas ge^


zvsen die Verbindung mit der Küste zu erschweren. Die Straße von Veracruz
nach Orizaba ist an und für sich schon sehr schlecht, durch die Regengüsse
war sie grundlos geworden, so daß Wagen und Maulthiere in dem Meere
von Koth fast versanken. Dazu wurden die Brücken, weiche über die zahl¬
reichen, in dieser Zeit beträchtlich angeschwollenen Flüsse führten, durch die
Guerillas stets zerstört und die Herstellung derselben war mit den bedeutendsten
Schwierigkeiten verbunden. Die Transpvrtzüge waren dadurch oft zu großen
Umwegen genöthigt und brauchten manchmal sechs Tage, um eine Strecke von
neun Wegstunden zurückzulegen. Dabei mußten die Bespannungen verdreifacht
und vervierfacht werden, Sappeurabtheilungen mußten stets die Wege bahnen
und oft achtzehn Stunden ununterbrochen marschiren, bis sie in ihr nasses Bi-
vouac einrückten. Die geringe Stärke des französischen Corps machte es un¬
möglich, die Verbindung mit Veracruz durch eine Besetzung der Straße in ih¬
rer ganzen Länge zu sichern, es wurden deshalb nur vier Punkte an derselben
besetzt, und alle Transpvrtcolonnen mußten daher durch Abtheilungen gedeckt
werden, welche stark genug waren, um selbständig dem Feinde gegenübertreten
zu können. Eine solche Colonne brauchte zuweilen einen ganzen Monat dazu,
um von Orizaba nach Veracruz und mit den dort eingenommenen Berather
zurück zu marschiren, und hatte dann von diesen auf dem Rückwege lo viel
zum eignen Unterhalte verbraucht, daß sie nur noch für zwanzig Tage Vorräthe
nach Orizaba brachte. Da man nun monatlich nur einen Transport von L>era-
cruz erhalten konnte, fo war gar nicht daran zu denken, einen Neservevorrüth
zu schaffen, ohne welchen die Lage in Orizaba sehr gefährlich wurde, ja rM
mußte sogar die Nationen für die Mannschaft schmälern und die Pferde mir
Zuckerrohr und grünem Mais füttern.

Der französische Kriegsminister schildert in seinem Berichte an den Kaiser
die Schwierigkeiten, mit welchen das französische Corps während seines vier¬
monatlicher Aufenthaltes in Orizaba bis zur Ankunft Forcys zu kämpfen hatte,
ausführlich. Um ein Bild davon zu geben, wollen wir hier nur kurz die Schick¬
sale einer vom Commandanten Morand geführten Transportcolonne erzählen.

Dieselbe kommt am 29. August in Soledad an und findet den Rio
mapa durchaus unpassirbar. Die Brücke ist verbrannt, die Fuhrt nicht ^
durchwaten. Keine Geldvcrsprechungen können irgend einen Indianer dazu
vermögen, den Uebergang über den Fluß zu versuchen , den besten Schwimmern
ist es gänzlich unmöglich das andere Ufer zu erreichen, ein Sergeant von den
Zuaven kommt bei einem solchen Versuche ums Leben. Kein anderer Ueber¬
gangspunkt ist zu finden. Die einzige Hoffnung ist noch die, daß sich die erste
Colonne der von Frankreich gesendeten neuen Verstärkungen zeigen und Mate¬
rial zu einem Uebergange mit sich bringen möge. Morand wartet daher man)
einige Tage in dem strömenden Regen, dabei beständig von den Guerillas ge^


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[0108] zvsen die Verbindung mit der Küste zu erschweren. Die Straße von Veracruz nach Orizaba ist an und für sich schon sehr schlecht, durch die Regengüsse war sie grundlos geworden, so daß Wagen und Maulthiere in dem Meere von Koth fast versanken. Dazu wurden die Brücken, weiche über die zahl¬ reichen, in dieser Zeit beträchtlich angeschwollenen Flüsse führten, durch die Guerillas stets zerstört und die Herstellung derselben war mit den bedeutendsten Schwierigkeiten verbunden. Die Transpvrtzüge waren dadurch oft zu großen Umwegen genöthigt und brauchten manchmal sechs Tage, um eine Strecke von neun Wegstunden zurückzulegen. Dabei mußten die Bespannungen verdreifacht und vervierfacht werden, Sappeurabtheilungen mußten stets die Wege bahnen und oft achtzehn Stunden ununterbrochen marschiren, bis sie in ihr nasses Bi- vouac einrückten. Die geringe Stärke des französischen Corps machte es un¬ möglich, die Verbindung mit Veracruz durch eine Besetzung der Straße in ih¬ rer ganzen Länge zu sichern, es wurden deshalb nur vier Punkte an derselben besetzt, und alle Transpvrtcolonnen mußten daher durch Abtheilungen gedeckt werden, welche stark genug waren, um selbständig dem Feinde gegenübertreten zu können. Eine solche Colonne brauchte zuweilen einen ganzen Monat dazu, um von Orizaba nach Veracruz und mit den dort eingenommenen Berather zurück zu marschiren, und hatte dann von diesen auf dem Rückwege lo viel zum eignen Unterhalte verbraucht, daß sie nur noch für zwanzig Tage Vorräthe nach Orizaba brachte. Da man nun monatlich nur einen Transport von L>era- cruz erhalten konnte, fo war gar nicht daran zu denken, einen Neservevorrüth zu schaffen, ohne welchen die Lage in Orizaba sehr gefährlich wurde, ja rM mußte sogar die Nationen für die Mannschaft schmälern und die Pferde mir Zuckerrohr und grünem Mais füttern. Der französische Kriegsminister schildert in seinem Berichte an den Kaiser die Schwierigkeiten, mit welchen das französische Corps während seines vier¬ monatlicher Aufenthaltes in Orizaba bis zur Ankunft Forcys zu kämpfen hatte, ausführlich. Um ein Bild davon zu geben, wollen wir hier nur kurz die Schick¬ sale einer vom Commandanten Morand geführten Transportcolonne erzählen. Dieselbe kommt am 29. August in Soledad an und findet den Rio mapa durchaus unpassirbar. Die Brücke ist verbrannt, die Fuhrt nicht ^ durchwaten. Keine Geldvcrsprechungen können irgend einen Indianer dazu vermögen, den Uebergang über den Fluß zu versuchen , den besten Schwimmern ist es gänzlich unmöglich das andere Ufer zu erreichen, ein Sergeant von den Zuaven kommt bei einem solchen Versuche ums Leben. Kein anderer Ueber¬ gangspunkt ist zu finden. Die einzige Hoffnung ist noch die, daß sich die erste Colonne der von Frankreich gesendeten neuen Verstärkungen zeigen und Mate¬ rial zu einem Uebergange mit sich bringen möge. Morand wartet daher man) einige Tage in dem strömenden Regen, dabei beständig von den Guerillas ge^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/108>, abgerufen am 27.09.2024.