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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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kostete z. B. die Fahrt Ulman Stromers und dreier anderer Rathsherren nach
Nördlingen zum Zwecke des Anschlusses an den Städtebund (1384) 98 Pfund --
e. 400 Fi. unseres Geldes; so betrug die jährliche .^önigssteuer, die um Mar¬
tini (i2. November) fällig war, seit 1370: 8000 Fi. u. G.; so erwuchsen
der Stadt aus zahlreichen Besuchen des Königs und verschiedener Fürsten, die
wohl gerne in der reichen Stadt einsprachen, sehr bedeutende Summen. Ihnen
wurden in der Regel silberne oder goldene Becher, "Köpf", mit einer Summe
Geldes gefüllt, überreicht.

So erhielt z. B. König Ruprecht, als er am 2. Februar 1401 zum ersten
Male Nürnberg besuchte: "Einen Köpf zum Werth von 120 Guldein und darin
baar 1000 G.", was eine Summe von etwa 5000 Fi. u. G. repräsentirt. Es
waren übrigens Huldigungen, wodurch die Stadt die Last erzwungener Darlehen
nicht immer von sich abzuwälzen vermochte, unter Anderm nicht, als sie im
Jahre 1430 von König Siegmund mit einem Besuche erfreut ward und ihm
ein Darlehen von 9000 G. -- über 36,000 Fi. "von seiner großen fleh-
lichen bete wegen" nicht abzuschlagen vermochte, wodurch denn die Ehre d-s
' Besuches der guten Stadt im Ganzen 11,815 Pfd. Heller ^ <z. 48,000 Fi.
kostete. -- Für Bauten wurden durchweg große Summen verwandt. Für den
Mauerbau, die Hauptbcsestigung der Stadt, ist in den Jahren 1384--1389 die
Summe von 126,639 Fi. u. G. verausgabt worden.

Durch Ausgaben für Kirchen und Schulen war der Etat der Stadt gar
nicht in Anspruch genommen, ebenso wenig für Armenwesen. Für all
dieses hatte der Wohlthätigkeitssinn einzelner Bürger durch Begründung reich
dotirter Stiftungen ausreichende Sorge getroffen. Durch eine Bcrgleichung
der Einnahmen und Ausgaben kommt übrigens Hegel zu dem Ergebniß,
daß "die Staatswirthschaft unserer bürgerlichen Altvordern gewiß nicht als eine
haushälterische, vorsichtige und sparsame, vielleicht auch nicht einmal als eine
gewissenhafte" gelten könne. Und er sieht den Hauptgrund dieser Erscheinung
darin, daß es der Finanzverwaltung der Geschlechter an,der höchst nöthigen
Controle durch die Bürgergemeinde fehlte. Die Stadtkasse zahlte v'ge!mäßig ihre
Zinsen, in dieser Zeit nie mehr als 4 Procent für Ewiggeld und 10 Procent
für Leibgedinge und fand immer noch gleichen Credit. Wenige mochten wissen,
daß man die Zinsen hauptsächlich nur mit neuen Schulden zahlte und daß die
Ablösung der alten Schuld in keinem Verhältniß stand zu dem Anwachsen der
neuen. Im Jahre 1433--34 betrugen die Zinsen für Ewiggeld 8292 Pfd., die
Leibrenten 10,316 Pfd. Heller; das machte bei einer Gesammtausgabe von
U5.955 Pfd.. H. schon bald ein Drittel von dieser und fast das Dreifache von
dem. was die Stadt im I. 1390 für denselben Zweck verausgabte. Im I.
142--43 hatte sich die Jahresausgabe für die Schuld schon wieder um die
. Hälfte vermehrt: Zinsen für Ewiggeld 7469 Pfd., Leibrenten 19,641 Pfd.. zusam-


kostete z. B. die Fahrt Ulman Stromers und dreier anderer Rathsherren nach
Nördlingen zum Zwecke des Anschlusses an den Städtebund (1384) 98 Pfund —
e. 400 Fi. unseres Geldes; so betrug die jährliche .^önigssteuer, die um Mar¬
tini (i2. November) fällig war, seit 1370: 8000 Fi. u. G.; so erwuchsen
der Stadt aus zahlreichen Besuchen des Königs und verschiedener Fürsten, die
wohl gerne in der reichen Stadt einsprachen, sehr bedeutende Summen. Ihnen
wurden in der Regel silberne oder goldene Becher, „Köpf", mit einer Summe
Geldes gefüllt, überreicht.

So erhielt z. B. König Ruprecht, als er am 2. Februar 1401 zum ersten
Male Nürnberg besuchte: „Einen Köpf zum Werth von 120 Guldein und darin
baar 1000 G.", was eine Summe von etwa 5000 Fi. u. G. repräsentirt. Es
waren übrigens Huldigungen, wodurch die Stadt die Last erzwungener Darlehen
nicht immer von sich abzuwälzen vermochte, unter Anderm nicht, als sie im
Jahre 1430 von König Siegmund mit einem Besuche erfreut ward und ihm
ein Darlehen von 9000 G. — über 36,000 Fi. „von seiner großen fleh-
lichen bete wegen" nicht abzuschlagen vermochte, wodurch denn die Ehre d-s
' Besuches der guten Stadt im Ganzen 11,815 Pfd. Heller ^ <z. 48,000 Fi.
kostete. — Für Bauten wurden durchweg große Summen verwandt. Für den
Mauerbau, die Hauptbcsestigung der Stadt, ist in den Jahren 1384—1389 die
Summe von 126,639 Fi. u. G. verausgabt worden.

Durch Ausgaben für Kirchen und Schulen war der Etat der Stadt gar
nicht in Anspruch genommen, ebenso wenig für Armenwesen. Für all
dieses hatte der Wohlthätigkeitssinn einzelner Bürger durch Begründung reich
dotirter Stiftungen ausreichende Sorge getroffen. Durch eine Bcrgleichung
der Einnahmen und Ausgaben kommt übrigens Hegel zu dem Ergebniß,
daß „die Staatswirthschaft unserer bürgerlichen Altvordern gewiß nicht als eine
haushälterische, vorsichtige und sparsame, vielleicht auch nicht einmal als eine
gewissenhafte" gelten könne. Und er sieht den Hauptgrund dieser Erscheinung
darin, daß es der Finanzverwaltung der Geschlechter an,der höchst nöthigen
Controle durch die Bürgergemeinde fehlte. Die Stadtkasse zahlte v'ge!mäßig ihre
Zinsen, in dieser Zeit nie mehr als 4 Procent für Ewiggeld und 10 Procent
für Leibgedinge und fand immer noch gleichen Credit. Wenige mochten wissen,
daß man die Zinsen hauptsächlich nur mit neuen Schulden zahlte und daß die
Ablösung der alten Schuld in keinem Verhältniß stand zu dem Anwachsen der
neuen. Im Jahre 1433—34 betrugen die Zinsen für Ewiggeld 8292 Pfd., die
Leibrenten 10,316 Pfd. Heller; das machte bei einer Gesammtausgabe von
U5.955 Pfd.. H. schon bald ein Drittel von dieser und fast das Dreifache von
dem. was die Stadt im I. 1390 für denselben Zweck verausgabte. Im I.
142—43 hatte sich die Jahresausgabe für die Schuld schon wieder um die
. Hälfte vermehrt: Zinsen für Ewiggeld 7469 Pfd., Leibrenten 19,641 Pfd.. zusam-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/507>, abgerufen am 27.09.2024.