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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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gegengeschickte Corps des Generals Hill. Oberbefehlshaber der Conföderirteu
war der General Lee, da Johnston verwundet war. Mac Clellan hatte also
zwei Armeen gegen sich, von denen jede für sich der seinen an Stärke gleichkam.
Es sind auch unter solchen Umständen Schlachten gewonnen worden, aber man
konnte in der Potomac-Armee nicht aus eine solche seltne Gunst des Glückes
rechnen. Man konnte nur daran denken, sich gut aus der schwierigen Position
zu ziehen, in die man versetzt war. Mit andern Worten: man mußte den
Rückzug antreten. Dieser aber war keineswegs leicht. Concentrirte man sich
auf dem linken Ufer des, Chikahominy, so gab man das Unternehmen gegen Rlch-
mono auf und setzte sich einem verhängnisvollen Marsch auf White House und
Uvrktown aus, wo man die ganze Armee der Conföderirten auf den Fersen
und nirgends einen Stützpunkt hatte. Ließ man dagegen alle Truppen auf
das rechte Ufer gehen, so hatte man zu erwarten, daß der Feind sich sofort
der Eisenbahn bemächtigte, welche die Armee ernährte, indem sie die Verbin¬
dungen mit den Depots in Whtte House erhielt. Man mußte sich in diesem
Falle neue eröffnen mit dem Jamesriver und zu diesem Zweck die ganze Armee
dorthin versehen. Das war freilich auch ein Nückzug, aber man wich dann nur
wenige Meilen und konnte sich schmeicheln, in Kurzem genügend verstärkt 'und
durch die Marine unterstützt die Offensive wieder zu ergreifen, sei es auf dem
linken Ufer gegen Richmond oder auf dem rechten gegen Petersburg, dessen
Einnahme die von Richmond nach sich gezogen haben würde. Diese Operation
hatte ihre Schwierigkeiten, obwohl Mac Clellan verschiedene Vorbereitungen
sür sie getroffen hatte. Aber es galt hier kein langes Ueberlegen mehr. Der
Entschluß mußte auf der Stelle gesaßt und aus der Stelle ausgeführt werden.

Von Fairoaks bis zum Jamesriver war es, wie bemerkt, nur siebzehn englische
Meilen, aber man mußte die Geschütze und das Gepäck auf einer einzigen Straße
dahin befördern und bot so fortwährend die Flanke einem Feinde, der sich aus ver¬
schiedenen Straßen auf sie werfen konnte. Die Naschheit, mit der sich die Bewe¬
gung vollzog, vereitelte seine Pläne. Er vermuthete wahrscheinlich, daß man sich
nicht schnell entschließen, vielleicht auch, daß Mac Clellan Bedenken tragen
würde, seine Verbindung mit White House aufzugeben, und er handelte darnach.

Am 26. Juni griff General Hill, nachdem er bei Meadow-Vridge den
Chikahominy überschritten, die Truppen des Bundesgenerals Mac Call an,
welche ctus dem linken Ufer die Vorposten Porters bildeten; der Kampf, am
Nachmittag eröffnet, war sehr heftig, aber Mac Call, der auf dem Beaver
Dam, einer Art Hohlweg, der mit schönen blühenden Catalpas bewachsen war,
eine gute Stellung inne hatte, wehrte sich mit Erfolg und nöthigte dadurch
den Feind, zahlreiche Verstärkungen über den Fluß zu schicken. Gerade das
aber hatte Mac Clellan gewünscht. Seine Absicht war, die Aufmerksamkeit


gegengeschickte Corps des Generals Hill. Oberbefehlshaber der Conföderirteu
war der General Lee, da Johnston verwundet war. Mac Clellan hatte also
zwei Armeen gegen sich, von denen jede für sich der seinen an Stärke gleichkam.
Es sind auch unter solchen Umständen Schlachten gewonnen worden, aber man
konnte in der Potomac-Armee nicht aus eine solche seltne Gunst des Glückes
rechnen. Man konnte nur daran denken, sich gut aus der schwierigen Position
zu ziehen, in die man versetzt war. Mit andern Worten: man mußte den
Rückzug antreten. Dieser aber war keineswegs leicht. Concentrirte man sich
auf dem linken Ufer des, Chikahominy, so gab man das Unternehmen gegen Rlch-
mono auf und setzte sich einem verhängnisvollen Marsch auf White House und
Uvrktown aus, wo man die ganze Armee der Conföderirten auf den Fersen
und nirgends einen Stützpunkt hatte. Ließ man dagegen alle Truppen auf
das rechte Ufer gehen, so hatte man zu erwarten, daß der Feind sich sofort
der Eisenbahn bemächtigte, welche die Armee ernährte, indem sie die Verbin¬
dungen mit den Depots in Whtte House erhielt. Man mußte sich in diesem
Falle neue eröffnen mit dem Jamesriver und zu diesem Zweck die ganze Armee
dorthin versehen. Das war freilich auch ein Nückzug, aber man wich dann nur
wenige Meilen und konnte sich schmeicheln, in Kurzem genügend verstärkt 'und
durch die Marine unterstützt die Offensive wieder zu ergreifen, sei es auf dem
linken Ufer gegen Richmond oder auf dem rechten gegen Petersburg, dessen
Einnahme die von Richmond nach sich gezogen haben würde. Diese Operation
hatte ihre Schwierigkeiten, obwohl Mac Clellan verschiedene Vorbereitungen
sür sie getroffen hatte. Aber es galt hier kein langes Ueberlegen mehr. Der
Entschluß mußte auf der Stelle gesaßt und aus der Stelle ausgeführt werden.

Von Fairoaks bis zum Jamesriver war es, wie bemerkt, nur siebzehn englische
Meilen, aber man mußte die Geschütze und das Gepäck auf einer einzigen Straße
dahin befördern und bot so fortwährend die Flanke einem Feinde, der sich aus ver¬
schiedenen Straßen auf sie werfen konnte. Die Naschheit, mit der sich die Bewe¬
gung vollzog, vereitelte seine Pläne. Er vermuthete wahrscheinlich, daß man sich
nicht schnell entschließen, vielleicht auch, daß Mac Clellan Bedenken tragen
würde, seine Verbindung mit White House aufzugeben, und er handelte darnach.

Am 26. Juni griff General Hill, nachdem er bei Meadow-Vridge den
Chikahominy überschritten, die Truppen des Bundesgenerals Mac Call an,
welche ctus dem linken Ufer die Vorposten Porters bildeten; der Kampf, am
Nachmittag eröffnet, war sehr heftig, aber Mac Call, der auf dem Beaver
Dam, einer Art Hohlweg, der mit schönen blühenden Catalpas bewachsen war,
eine gute Stellung inne hatte, wehrte sich mit Erfolg und nöthigte dadurch
den Feind, zahlreiche Verstärkungen über den Fluß zu schicken. Gerade das
aber hatte Mac Clellan gewünscht. Seine Absicht war, die Aufmerksamkeit


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[0475] gegengeschickte Corps des Generals Hill. Oberbefehlshaber der Conföderirteu war der General Lee, da Johnston verwundet war. Mac Clellan hatte also zwei Armeen gegen sich, von denen jede für sich der seinen an Stärke gleichkam. Es sind auch unter solchen Umständen Schlachten gewonnen worden, aber man konnte in der Potomac-Armee nicht aus eine solche seltne Gunst des Glückes rechnen. Man konnte nur daran denken, sich gut aus der schwierigen Position zu ziehen, in die man versetzt war. Mit andern Worten: man mußte den Rückzug antreten. Dieser aber war keineswegs leicht. Concentrirte man sich auf dem linken Ufer des, Chikahominy, so gab man das Unternehmen gegen Rlch- mono auf und setzte sich einem verhängnisvollen Marsch auf White House und Uvrktown aus, wo man die ganze Armee der Conföderirten auf den Fersen und nirgends einen Stützpunkt hatte. Ließ man dagegen alle Truppen auf das rechte Ufer gehen, so hatte man zu erwarten, daß der Feind sich sofort der Eisenbahn bemächtigte, welche die Armee ernährte, indem sie die Verbin¬ dungen mit den Depots in Whtte House erhielt. Man mußte sich in diesem Falle neue eröffnen mit dem Jamesriver und zu diesem Zweck die ganze Armee dorthin versehen. Das war freilich auch ein Nückzug, aber man wich dann nur wenige Meilen und konnte sich schmeicheln, in Kurzem genügend verstärkt 'und durch die Marine unterstützt die Offensive wieder zu ergreifen, sei es auf dem linken Ufer gegen Richmond oder auf dem rechten gegen Petersburg, dessen Einnahme die von Richmond nach sich gezogen haben würde. Diese Operation hatte ihre Schwierigkeiten, obwohl Mac Clellan verschiedene Vorbereitungen sür sie getroffen hatte. Aber es galt hier kein langes Ueberlegen mehr. Der Entschluß mußte auf der Stelle gesaßt und aus der Stelle ausgeführt werden. Von Fairoaks bis zum Jamesriver war es, wie bemerkt, nur siebzehn englische Meilen, aber man mußte die Geschütze und das Gepäck auf einer einzigen Straße dahin befördern und bot so fortwährend die Flanke einem Feinde, der sich aus ver¬ schiedenen Straßen auf sie werfen konnte. Die Naschheit, mit der sich die Bewe¬ gung vollzog, vereitelte seine Pläne. Er vermuthete wahrscheinlich, daß man sich nicht schnell entschließen, vielleicht auch, daß Mac Clellan Bedenken tragen würde, seine Verbindung mit White House aufzugeben, und er handelte darnach. Am 26. Juni griff General Hill, nachdem er bei Meadow-Vridge den Chikahominy überschritten, die Truppen des Bundesgenerals Mac Call an, welche ctus dem linken Ufer die Vorposten Porters bildeten; der Kampf, am Nachmittag eröffnet, war sehr heftig, aber Mac Call, der auf dem Beaver Dam, einer Art Hohlweg, der mit schönen blühenden Catalpas bewachsen war, eine gute Stellung inne hatte, wehrte sich mit Erfolg und nöthigte dadurch den Feind, zahlreiche Verstärkungen über den Fluß zu schicken. Gerade das aber hatte Mac Clellan gewünscht. Seine Absicht war, die Aufmerksamkeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/475>, abgerufen am 27.09.2024.