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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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im nächsten Jahre auf 4,71" Seelen. Gesetzt nun auch den nicht wohl denk¬
baren Fall. d.aß die 12,000 Mormonen von 1849 sich ohne Einwanderung bis
1858 verdoppelt hatten, so ergäbe das mit der Einwanderung von circa
S'i.000 Seelen für das letztgenannte Jahr nicht mehr als etwa 50,000 Seelen.
In den folgenden Jahren nahm die "Ansammlung" (gathermA) der Heiligen
im gelobten Lande merklich ab; denn von Mitte 1855 bis Mitte 1860 kamen '
nur 0,828 neue Einwanderer hinzu.

Die Angaben der "Heiden" sind daher jedenfalls richtiger als die der Mor-
monen, welche gegenwärtig in Utah 90 bis 100,000 Menschen wohnen lassen.
Die Commissäre der Negierung in Washington, welche 1 858 nach dem Mvrmoncn-
lande gesandt wurden, um den Frieden zu vermitteln, lassen in ihrem dem Präsiden¬
ten erstatteten Bericht die Bewohner Utahs höchstens 50,000 Seelen zählen.
Remy sagt, daß ihre Zahl 1859 ungefähr 80,000 betragen habe. Der offi¬
zielle Census vom Jahre 1860 ergab aber nur 40,295 Seelen, wobei freilich
die Mormonen behaupteten. daß der mit der Zählung beauftragte Beamte falsch
gezählt habe. Um viel hat er sich schwerlich verrechnet, und wir werden eher zu
viel als zuwenig annehmen, wenn wir meinen, daß Utah jetzt ungefähr die Zahl
von "0,000 Bewohnern erreicht hat, welche nothwendig ist, um Anspruch auf die
Verwandlung des Territoriums in einen Staat der Union erheben zu können.

Gleichfalls sehr übertrieben sind die Angaben der mormonischen Schrift¬
steller in Betreff der Verbreitung der Sekte außerhalb Utahs. Nach ihnen be¬
trüge die Zahl der noch nicht nach "dem Land der Honigbiene" gesammelten
Gläubigen minocstens 300,000. Remy gibt diese Zahl auf 106.000 an. ,Wir
glauben, daß auch dies viel zu hoch gegriffen ist. Allerdings sollen in England,
Schottland und Wales gegen 40,000 Mormonen wohnen, hat doch allein Lon¬
don siebzehn Bethäuser der Sekte, und sind auch in Liverpool und in den
Fabrikdistricten starke Gemeinden. Ferner mögen in Dänemark und Norwegen
zahlreiche Mormonen leben. Dann hat man auf den Südseeinseln mit Erfolg
das Evangelium Joe Smiths gepredigt. Die übrigen Länder der alten Welt
aber haben so gut wie gar kein Contingent gestellt, in den Bereinigten Staaten
östlich vom Mississippi befinden sich höchstens einige Hundert zerstreute Mitglie¬
der der Seite, in den Territorien zwischen Kansas und den Felsengebirgen
sowie in Kalifornien und Oregon im äußersten Fall einige, Tausend, und so
vermögen wir mit allem guten Willen außer Utah allerhöchstens 50 bis 60,000
Latterday-Saints zusammenzubringen, von denen etwa 40,000 auf Großbritan¬
nien, 5 bis 6,000 auf die Vereinigten Staaten und ihre westlichen Territorien,.
1000 bis 1500 auf die skandinavischen Länder, 2 bis 3,000 auf die Südseeinseln
und ein paar Hundert auf die übrigen Länder' der Erde gerechnet sind.

Wir schließen mit einigen Mittheilungen über die Verbreitung der Viel¬
weiberei in Utah, die, wie die Lehre der Sekte sich jetzt gestaltet hat, nicht


im nächsten Jahre auf 4,71« Seelen. Gesetzt nun auch den nicht wohl denk¬
baren Fall. d.aß die 12,000 Mormonen von 1849 sich ohne Einwanderung bis
1858 verdoppelt hatten, so ergäbe das mit der Einwanderung von circa
S'i.000 Seelen für das letztgenannte Jahr nicht mehr als etwa 50,000 Seelen.
In den folgenden Jahren nahm die „Ansammlung" (gathermA) der Heiligen
im gelobten Lande merklich ab; denn von Mitte 1855 bis Mitte 1860 kamen '
nur 0,828 neue Einwanderer hinzu.

Die Angaben der „Heiden" sind daher jedenfalls richtiger als die der Mor-
monen, welche gegenwärtig in Utah 90 bis 100,000 Menschen wohnen lassen.
Die Commissäre der Negierung in Washington, welche 1 858 nach dem Mvrmoncn-
lande gesandt wurden, um den Frieden zu vermitteln, lassen in ihrem dem Präsiden¬
ten erstatteten Bericht die Bewohner Utahs höchstens 50,000 Seelen zählen.
Remy sagt, daß ihre Zahl 1859 ungefähr 80,000 betragen habe. Der offi¬
zielle Census vom Jahre 1860 ergab aber nur 40,295 Seelen, wobei freilich
die Mormonen behaupteten. daß der mit der Zählung beauftragte Beamte falsch
gezählt habe. Um viel hat er sich schwerlich verrechnet, und wir werden eher zu
viel als zuwenig annehmen, wenn wir meinen, daß Utah jetzt ungefähr die Zahl
von «0,000 Bewohnern erreicht hat, welche nothwendig ist, um Anspruch auf die
Verwandlung des Territoriums in einen Staat der Union erheben zu können.

Gleichfalls sehr übertrieben sind die Angaben der mormonischen Schrift¬
steller in Betreff der Verbreitung der Sekte außerhalb Utahs. Nach ihnen be¬
trüge die Zahl der noch nicht nach „dem Land der Honigbiene" gesammelten
Gläubigen minocstens 300,000. Remy gibt diese Zahl auf 106.000 an. ,Wir
glauben, daß auch dies viel zu hoch gegriffen ist. Allerdings sollen in England,
Schottland und Wales gegen 40,000 Mormonen wohnen, hat doch allein Lon¬
don siebzehn Bethäuser der Sekte, und sind auch in Liverpool und in den
Fabrikdistricten starke Gemeinden. Ferner mögen in Dänemark und Norwegen
zahlreiche Mormonen leben. Dann hat man auf den Südseeinseln mit Erfolg
das Evangelium Joe Smiths gepredigt. Die übrigen Länder der alten Welt
aber haben so gut wie gar kein Contingent gestellt, in den Bereinigten Staaten
östlich vom Mississippi befinden sich höchstens einige Hundert zerstreute Mitglie¬
der der Seite, in den Territorien zwischen Kansas und den Felsengebirgen
sowie in Kalifornien und Oregon im äußersten Fall einige, Tausend, und so
vermögen wir mit allem guten Willen außer Utah allerhöchstens 50 bis 60,000
Latterday-Saints zusammenzubringen, von denen etwa 40,000 auf Großbritan¬
nien, 5 bis 6,000 auf die Vereinigten Staaten und ihre westlichen Territorien,.
1000 bis 1500 auf die skandinavischen Länder, 2 bis 3,000 auf die Südseeinseln
und ein paar Hundert auf die übrigen Länder' der Erde gerechnet sind.

Wir schließen mit einigen Mittheilungen über die Verbreitung der Viel¬
weiberei in Utah, die, wie die Lehre der Sekte sich jetzt gestaltet hat, nicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/46>, abgerufen am 27.09.2024.