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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Schonung der Gewissen, Erhaltung des kirchlichen Friedens aber lasse
sich, so fährt die Adresse fort, nur aus dem Wege des Rechts, zunächst durch
Beseitigung des vom Consistorium vor mehren Jahren "ein¬
seitig und rechtswidrig eingeführten" Katechismus und Wieder¬
einführung des frühern hannoverschen Landeskatechismus er¬
reichen.

"Wir würden es für eine grobe Pflichtverletzung halten," sagen die Pro¬
testanten Osnabrücks in ihrer Klagschrift über die Obscuranten weiter, "wenn wir
dieses nicht'offen und freimüthig aussprächen, und wir halten es deshalb
geradezu auch für undenkbar, daß wir jemals in unserm Wtberstand gegen die
uns verhaßten Bücher nachlassen könnten. Wir haben aber leider Veranlassung,
diesen unsern Standpunkt um so fester zu halten, als unjcr Consistorium auch
nach dem königlichen Erlaß vom 19. August der von den Gemeinden beschlos¬
senen Wiederherstellung des hannoverschen Lanbeökatechlsmus in den Schulen
entgegengetreten ist und den Fortgebrauch seines vor mehren Jahren einseitig
und rechtswidrig eingeführten Katechismus befohlen hat. Wir müssen es dem
Consistorium überlassen, aus Ew. Majestät Worten vom 19. August die Be-
rechtigung dieses seines Lerfahrcns herzuleiten -- wir wollen vor Ew. Maje¬
stät mit ihm nicht über die Bedeutung der Worte Ew. Majestät streiten. Das
aber steht für uns ganz fest, daß die Auslegung des königlichen'Cvnsistoriums
nur möglich ist, wenn man dem Sinne und Geiste des Erlasses Ew. König¬
lichen Majestät geradezu ins Gesicht schlägt."

Die Unterzeichner der Adresse wenden sich darauf an den König mit dem
"ganz gehorsamsten Antrage, geruhen zu wollen, dem Consistorium aufzugeben,
baß es den von ihnen begehrten Gebrauch des hannoverschen Landeskatechis-
mus in den Schulen veranlasse."

"Für ebenso nöthig halten wir." so heißt es in der Adresse weiter "die
Wiedereinführung unsers verfassungsmäßigen osnabrücker
Landgesangbuchs an Stelle des einseitig und, wie wir glauben,
rechtswidrig uns vom Consistorium aufgezwungenen Schul -
gesang buesse. Daß wir das Schulgefangbuch nicht frei und freudig uns
aneigneten, daß unsern Schulkindern zum Theil für das den Eltern zwangs¬
weise abgevfändcte Geld das Buch in den Schulen gereicht ist, wird Ew. Ma¬
jestät aus dem Gesangbuchsstreite noch bekannt sein. Das Buch hat sich seit¬
dem bei uns nicht einzubürgern vermocht. Und die Freude über den könig¬
lichen Erlaß vom 19. August gründet sich großentheils auf die Hoffnung, daß
in Gemäßheit der darin von Ew. Majestät ausgesprochenen Grundsätze, auch



') Wir denken von den "Kcrnliedcrn" desselben in andcrM Zusammenhang demnächst ein ,
D, Red. paar anmuthige Proben zu geben.

Schonung der Gewissen, Erhaltung des kirchlichen Friedens aber lasse
sich, so fährt die Adresse fort, nur aus dem Wege des Rechts, zunächst durch
Beseitigung des vom Consistorium vor mehren Jahren „ein¬
seitig und rechtswidrig eingeführten" Katechismus und Wieder¬
einführung des frühern hannoverschen Landeskatechismus er¬
reichen.

„Wir würden es für eine grobe Pflichtverletzung halten," sagen die Pro¬
testanten Osnabrücks in ihrer Klagschrift über die Obscuranten weiter, „wenn wir
dieses nicht'offen und freimüthig aussprächen, und wir halten es deshalb
geradezu auch für undenkbar, daß wir jemals in unserm Wtberstand gegen die
uns verhaßten Bücher nachlassen könnten. Wir haben aber leider Veranlassung,
diesen unsern Standpunkt um so fester zu halten, als unjcr Consistorium auch
nach dem königlichen Erlaß vom 19. August der von den Gemeinden beschlos¬
senen Wiederherstellung des hannoverschen Lanbeökatechlsmus in den Schulen
entgegengetreten ist und den Fortgebrauch seines vor mehren Jahren einseitig
und rechtswidrig eingeführten Katechismus befohlen hat. Wir müssen es dem
Consistorium überlassen, aus Ew. Majestät Worten vom 19. August die Be-
rechtigung dieses seines Lerfahrcns herzuleiten — wir wollen vor Ew. Maje¬
stät mit ihm nicht über die Bedeutung der Worte Ew. Majestät streiten. Das
aber steht für uns ganz fest, daß die Auslegung des königlichen'Cvnsistoriums
nur möglich ist, wenn man dem Sinne und Geiste des Erlasses Ew. König¬
lichen Majestät geradezu ins Gesicht schlägt."

Die Unterzeichner der Adresse wenden sich darauf an den König mit dem
„ganz gehorsamsten Antrage, geruhen zu wollen, dem Consistorium aufzugeben,
baß es den von ihnen begehrten Gebrauch des hannoverschen Landeskatechis-
mus in den Schulen veranlasse."

„Für ebenso nöthig halten wir." so heißt es in der Adresse weiter „die
Wiedereinführung unsers verfassungsmäßigen osnabrücker
Landgesangbuchs an Stelle des einseitig und, wie wir glauben,
rechtswidrig uns vom Consistorium aufgezwungenen Schul -
gesang buesse. Daß wir das Schulgefangbuch nicht frei und freudig uns
aneigneten, daß unsern Schulkindern zum Theil für das den Eltern zwangs¬
weise abgevfändcte Geld das Buch in den Schulen gereicht ist, wird Ew. Ma¬
jestät aus dem Gesangbuchsstreite noch bekannt sein. Das Buch hat sich seit¬
dem bei uns nicht einzubürgern vermocht. Und die Freude über den könig¬
lichen Erlaß vom 19. August gründet sich großentheils auf die Hoffnung, daß
in Gemäßheit der darin von Ew. Majestät ausgesprochenen Grundsätze, auch



') Wir denken von den „Kcrnliedcrn" desselben in andcrM Zusammenhang demnächst ein ,
D, Red. paar anmuthige Proben zu geben.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/30>, abgerufen am 27.09.2024.