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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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kannen (Mailand) liegt, bis an die Grenze der Gallier sich ausdehne. Er
fährt nun fort: "Zwischen Ligurien und Schwaben das ist dem Lande der
Alemannen, das gegen Mitternacht liegt, befinden sich in den Alpen noch die
zwei Provinzen, das erste und zweite Rhätien." Nach Jornandes grenzt
Schwaben an Dalmatien, auch liegt Pannonien nicht weit davon, und wenn
derselbe Schriftsteller eines blutigen Krieges erwähnt, den die Schwabenkönige
Hunimund und Alarich. verbunden mit Sarmaten, Gepiden, Rugiern und Sciren
gegen die Gothen in Pannonien geführt, und in welchem sie geschlagen wurden,
so müssen wir in diesen Schwabenfürsten gewiß Alemannenkönige erkennen.
Nach der Peutingerschen Karte liegt am rechten Rheinufer, Mainz gegenüber
Suevia, und erstreckt sich bis Argentoratum (Straßburg), dann folgt rhein-
.aufwärts Alemannia bis zur Schweiz. Der kräftige Theil der aus vielen
einzelnen Völkern bestehenden Suevennation hatte sich in dem Gebirge fest¬
gesetzt, .theilweise ehemalige römische Provinzen eingenommen, sich auch wol
mit der dortigen Bevölkerung vermischt und nannte sich zum Unterschied von
den anderen Sueven, Gebirgssueven, oder Männer der Alm d. h. Alemannen,
Alemanni. Daher sagt Jornandes ausdrücklich, daß die Alemannen die
Höhen der Berge bewohnten, und daher entspringt die Donau in den ale¬
mannischen Gefilden, wogegen in der nach Attilas Tode unter Anführung der
Gepiden gegen dessen Kinder geschlagenen Schlacht Jornandes nur Schwaben,
aber keine Alemannen nennt. Auch Ammian Marcellin identificirt Sueven und
Alemannen, indem er fast ausschließlich von Alemannen spricht, und nur aus¬
nahmsweise der Sueven erwähnt. So nennt er die Burinobanten, die Mainz
gegenüber wohnen, mithin wo nach der Peutingerschen Karte Suevia liegt,
ein alemannisches Volk. An einem anderen Orte erzählt er, daß, als der
Imperator (Julian) der Ruhe pflegen wollte, er durch die Nachricht aufge¬
schreckt ward, daß die Sueven Rhütien belästigten, die Quader Valerian, und
die Sarmaten, das größte Raubgesindel, das obere Moslem und das untere
Pannonien plünderten. Er aber zog gegen die Alemannen, unter welchen
mithin die voraufgeführten Sueven verstanden werden müssen. Uebrigens
erhielt sich der Name Alemania als Landesprovinz noch geraume Zeit hin¬
durch und Thietmar erzählt in seiner Chronik, daß König Heinrich im elften
Jahrhundert den widerspenstigen Herzog Hcriman von Alemannien dadurch
gedemüthigt, daß er die Hauptstadt seines Herzogtums Argentoratum oder
Straßburg eingenommen.

Plinius zählt zu dem Stamm der Hermionen die Sueven, Hermunduren,
Chadem, Cherusker. Die Schwaben des Strabo und Procop sind die Suevi
des Cäsar, Tacitus und Plinius. Auch die Longobarden werden als ein
suevisches Volk Zausgesührt. Wenn demnach die Sueven oder Schwaben.
Baiern, Longobarden und Sachsen einerlei Sprache redeten, so ergibt sich da-


kannen (Mailand) liegt, bis an die Grenze der Gallier sich ausdehne. Er
fährt nun fort: „Zwischen Ligurien und Schwaben das ist dem Lande der
Alemannen, das gegen Mitternacht liegt, befinden sich in den Alpen noch die
zwei Provinzen, das erste und zweite Rhätien." Nach Jornandes grenzt
Schwaben an Dalmatien, auch liegt Pannonien nicht weit davon, und wenn
derselbe Schriftsteller eines blutigen Krieges erwähnt, den die Schwabenkönige
Hunimund und Alarich. verbunden mit Sarmaten, Gepiden, Rugiern und Sciren
gegen die Gothen in Pannonien geführt, und in welchem sie geschlagen wurden,
so müssen wir in diesen Schwabenfürsten gewiß Alemannenkönige erkennen.
Nach der Peutingerschen Karte liegt am rechten Rheinufer, Mainz gegenüber
Suevia, und erstreckt sich bis Argentoratum (Straßburg), dann folgt rhein-
.aufwärts Alemannia bis zur Schweiz. Der kräftige Theil der aus vielen
einzelnen Völkern bestehenden Suevennation hatte sich in dem Gebirge fest¬
gesetzt, .theilweise ehemalige römische Provinzen eingenommen, sich auch wol
mit der dortigen Bevölkerung vermischt und nannte sich zum Unterschied von
den anderen Sueven, Gebirgssueven, oder Männer der Alm d. h. Alemannen,
Alemanni. Daher sagt Jornandes ausdrücklich, daß die Alemannen die
Höhen der Berge bewohnten, und daher entspringt die Donau in den ale¬
mannischen Gefilden, wogegen in der nach Attilas Tode unter Anführung der
Gepiden gegen dessen Kinder geschlagenen Schlacht Jornandes nur Schwaben,
aber keine Alemannen nennt. Auch Ammian Marcellin identificirt Sueven und
Alemannen, indem er fast ausschließlich von Alemannen spricht, und nur aus¬
nahmsweise der Sueven erwähnt. So nennt er die Burinobanten, die Mainz
gegenüber wohnen, mithin wo nach der Peutingerschen Karte Suevia liegt,
ein alemannisches Volk. An einem anderen Orte erzählt er, daß, als der
Imperator (Julian) der Ruhe pflegen wollte, er durch die Nachricht aufge¬
schreckt ward, daß die Sueven Rhütien belästigten, die Quader Valerian, und
die Sarmaten, das größte Raubgesindel, das obere Moslem und das untere
Pannonien plünderten. Er aber zog gegen die Alemannen, unter welchen
mithin die voraufgeführten Sueven verstanden werden müssen. Uebrigens
erhielt sich der Name Alemania als Landesprovinz noch geraume Zeit hin¬
durch und Thietmar erzählt in seiner Chronik, daß König Heinrich im elften
Jahrhundert den widerspenstigen Herzog Hcriman von Alemannien dadurch
gedemüthigt, daß er die Hauptstadt seines Herzogtums Argentoratum oder
Straßburg eingenommen.

Plinius zählt zu dem Stamm der Hermionen die Sueven, Hermunduren,
Chadem, Cherusker. Die Schwaben des Strabo und Procop sind die Suevi
des Cäsar, Tacitus und Plinius. Auch die Longobarden werden als ein
suevisches Volk Zausgesührt. Wenn demnach die Sueven oder Schwaben.
Baiern, Longobarden und Sachsen einerlei Sprache redeten, so ergibt sich da-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/98>, abgerufen am 27.09.2024.