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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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und Küstenbewohner, In dieser Umgebung wuchs der Knabe heran, von
früher Jugend an kundig in den Künsten des Llanero, in Sturmesritt den
Lazo (Schlinge) um deu Stier zu schwingen oder das uugelmudigte Roß in
seinen Dienst zu bannen, Einst sandte der Vater mit dem Auftrag. Gelder
einzukassiren, den 1" jährigen Jüngling aus, versehen mit einem Maulthier,
zwei Pistolen und einem Degen; denn der Arm des Gesetzes erstreckte sich aller¬
dings kaum in jene endlosen Ebenen und selbst in den ruhigen Zeiten der Colv-
nialregierung waren die Wege jener Gegenden unsicher. seelenvergnügt über sol¬
chen Auftrag machte Paez in jugendlicher Sorglosigkeit kein Geheimniß aus dem
anvertrauten Schatze, zeigte ihn vielmehr öffentlich mit herausfordernder Keckheit.
Infolge dessen aufgelauert fand er sich plötzlich von vier Räubern angegriffen.
Aber vom Thiere springen und abfeuern war Eins. Todt lag der eine; die
andern flohen; und zu seinem Glück, deun die andre Pistole hatte keine Ladung.
Indeß den jungen Mann ergriff ein solcher Schrecken, daß er aus purer Angst
vor vermeintlicher Strafe sich zu verbergen beschloß. Er trat darauf in den
Dienst eines reichen Herdenbesitzers und gewann durch Umsicht und Pünktlich¬
keit dessen volles Vertrauen.

Die Revolution von 1310 rief ihn unter die Waffen und sah ihn bald
als Sergeant der Cavalcrie. Nach den Unglücksjahren 12 und 13 sammelte
er eine Neitercompagnie und wurde in dem bis 1.81!) so wechselvollen Kriege
ein Schrecken des Feindes. Die Leutseligkeit gegen ,seine Llaneros gewann
ihm deren Vertrauen, der Ruf seines Glücks, besonders aber seiner Gro߬
muth und Treue in Versprechungen führte ihm selbst viele aus den Reihen
der Royalisten zu. Immer an der Spitze leicht berittener Guerillahnufeu
machte er die gut disciplinirte Infanterie und schwerfällige Artillerie des spa¬
nischen Generals Morillo für die Ebenen ziemlich unbrauchbar und hatte auch
über dessen Cavaleric dadurch entschiedenes Uebergewicht, daß er jenes fluß-
und gcbüschreiche Terrain genau kannte. Als 1319 Bolivar, vom Eongreß
zu Angostura mit der höchsten Gewalt bekleidet, mit seinem Heere nach Neu-
grnnada vorrückte -- beiläufig gesagt ein Marsch, der durch überschwemmte
Ebenen und über hohe Schneegebirge ging und den Spaniern so unerwartet
kam. daß er ihr Schicksal auf granadinischem Boden für immer entschied, --
ließ er den General Paez als Esch des Heeres im Westen Venezuelas zurück.
Allmälig wurde" die Spanier ganz aus den Llanos verdrängt und der Krieg
zog sich nach deu nördlichen Bergen. Die entscheidende Schlacht geschah bei
Earobobo, nahe am See von Valencia, am 21. Juni 1821. unter der Füh¬
rung sowol von Bolivar, als von Paez. Da verdiente sich letzterer d>e höch¬
sten militärischen Ehren. Seine Truppen entschieden die völlige Niederlage
von Morales und La-Torre, und noch aus dem Schlachtfelde, unter den lau-,
ten Acclamationen des Heeres, erhob der Libertadvr den dreißigjährigen Sie-


und Küstenbewohner, In dieser Umgebung wuchs der Knabe heran, von
früher Jugend an kundig in den Künsten des Llanero, in Sturmesritt den
Lazo (Schlinge) um deu Stier zu schwingen oder das uugelmudigte Roß in
seinen Dienst zu bannen, Einst sandte der Vater mit dem Auftrag. Gelder
einzukassiren, den 1» jährigen Jüngling aus, versehen mit einem Maulthier,
zwei Pistolen und einem Degen; denn der Arm des Gesetzes erstreckte sich aller¬
dings kaum in jene endlosen Ebenen und selbst in den ruhigen Zeiten der Colv-
nialregierung waren die Wege jener Gegenden unsicher. seelenvergnügt über sol¬
chen Auftrag machte Paez in jugendlicher Sorglosigkeit kein Geheimniß aus dem
anvertrauten Schatze, zeigte ihn vielmehr öffentlich mit herausfordernder Keckheit.
Infolge dessen aufgelauert fand er sich plötzlich von vier Räubern angegriffen.
Aber vom Thiere springen und abfeuern war Eins. Todt lag der eine; die
andern flohen; und zu seinem Glück, deun die andre Pistole hatte keine Ladung.
Indeß den jungen Mann ergriff ein solcher Schrecken, daß er aus purer Angst
vor vermeintlicher Strafe sich zu verbergen beschloß. Er trat darauf in den
Dienst eines reichen Herdenbesitzers und gewann durch Umsicht und Pünktlich¬
keit dessen volles Vertrauen.

Die Revolution von 1310 rief ihn unter die Waffen und sah ihn bald
als Sergeant der Cavalcrie. Nach den Unglücksjahren 12 und 13 sammelte
er eine Neitercompagnie und wurde in dem bis 1.81!) so wechselvollen Kriege
ein Schrecken des Feindes. Die Leutseligkeit gegen ,seine Llaneros gewann
ihm deren Vertrauen, der Ruf seines Glücks, besonders aber seiner Gro߬
muth und Treue in Versprechungen führte ihm selbst viele aus den Reihen
der Royalisten zu. Immer an der Spitze leicht berittener Guerillahnufeu
machte er die gut disciplinirte Infanterie und schwerfällige Artillerie des spa¬
nischen Generals Morillo für die Ebenen ziemlich unbrauchbar und hatte auch
über dessen Cavaleric dadurch entschiedenes Uebergewicht, daß er jenes fluß-
und gcbüschreiche Terrain genau kannte. Als 1319 Bolivar, vom Eongreß
zu Angostura mit der höchsten Gewalt bekleidet, mit seinem Heere nach Neu-
grnnada vorrückte — beiläufig gesagt ein Marsch, der durch überschwemmte
Ebenen und über hohe Schneegebirge ging und den Spaniern so unerwartet
kam. daß er ihr Schicksal auf granadinischem Boden für immer entschied, —
ließ er den General Paez als Esch des Heeres im Westen Venezuelas zurück.
Allmälig wurde» die Spanier ganz aus den Llanos verdrängt und der Krieg
zog sich nach deu nördlichen Bergen. Die entscheidende Schlacht geschah bei
Earobobo, nahe am See von Valencia, am 21. Juni 1821. unter der Füh¬
rung sowol von Bolivar, als von Paez. Da verdiente sich letzterer d>e höch¬
sten militärischen Ehren. Seine Truppen entschieden die völlige Niederlage
von Morales und La-Torre, und noch aus dem Schlachtfelde, unter den lau-,
ten Acclamationen des Heeres, erhob der Libertadvr den dreißigjährigen Sie-


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[0399] und Küstenbewohner, In dieser Umgebung wuchs der Knabe heran, von früher Jugend an kundig in den Künsten des Llanero, in Sturmesritt den Lazo (Schlinge) um deu Stier zu schwingen oder das uugelmudigte Roß in seinen Dienst zu bannen, Einst sandte der Vater mit dem Auftrag. Gelder einzukassiren, den 1» jährigen Jüngling aus, versehen mit einem Maulthier, zwei Pistolen und einem Degen; denn der Arm des Gesetzes erstreckte sich aller¬ dings kaum in jene endlosen Ebenen und selbst in den ruhigen Zeiten der Colv- nialregierung waren die Wege jener Gegenden unsicher. seelenvergnügt über sol¬ chen Auftrag machte Paez in jugendlicher Sorglosigkeit kein Geheimniß aus dem anvertrauten Schatze, zeigte ihn vielmehr öffentlich mit herausfordernder Keckheit. Infolge dessen aufgelauert fand er sich plötzlich von vier Räubern angegriffen. Aber vom Thiere springen und abfeuern war Eins. Todt lag der eine; die andern flohen; und zu seinem Glück, deun die andre Pistole hatte keine Ladung. Indeß den jungen Mann ergriff ein solcher Schrecken, daß er aus purer Angst vor vermeintlicher Strafe sich zu verbergen beschloß. Er trat darauf in den Dienst eines reichen Herdenbesitzers und gewann durch Umsicht und Pünktlich¬ keit dessen volles Vertrauen. Die Revolution von 1310 rief ihn unter die Waffen und sah ihn bald als Sergeant der Cavalcrie. Nach den Unglücksjahren 12 und 13 sammelte er eine Neitercompagnie und wurde in dem bis 1.81!) so wechselvollen Kriege ein Schrecken des Feindes. Die Leutseligkeit gegen ,seine Llaneros gewann ihm deren Vertrauen, der Ruf seines Glücks, besonders aber seiner Gro߬ muth und Treue in Versprechungen führte ihm selbst viele aus den Reihen der Royalisten zu. Immer an der Spitze leicht berittener Guerillahnufeu machte er die gut disciplinirte Infanterie und schwerfällige Artillerie des spa¬ nischen Generals Morillo für die Ebenen ziemlich unbrauchbar und hatte auch über dessen Cavaleric dadurch entschiedenes Uebergewicht, daß er jenes fluß- und gcbüschreiche Terrain genau kannte. Als 1319 Bolivar, vom Eongreß zu Angostura mit der höchsten Gewalt bekleidet, mit seinem Heere nach Neu- grnnada vorrückte — beiläufig gesagt ein Marsch, der durch überschwemmte Ebenen und über hohe Schneegebirge ging und den Spaniern so unerwartet kam. daß er ihr Schicksal auf granadinischem Boden für immer entschied, — ließ er den General Paez als Esch des Heeres im Westen Venezuelas zurück. Allmälig wurde» die Spanier ganz aus den Llanos verdrängt und der Krieg zog sich nach deu nördlichen Bergen. Die entscheidende Schlacht geschah bei Earobobo, nahe am See von Valencia, am 21. Juni 1821. unter der Füh¬ rung sowol von Bolivar, als von Paez. Da verdiente sich letzterer d>e höch¬ sten militärischen Ehren. Seine Truppen entschieden die völlige Niederlage von Morales und La-Torre, und noch aus dem Schlachtfelde, unter den lau-, ten Acclamationen des Heeres, erhob der Libertadvr den dreißigjährigen Sie-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/399>, abgerufen am 21.12.2024.