Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Geschlecht der Todesdämonen stammte, seinen Leib unverletzlich salbte,
und doch dem tückischen Zufall verfiel, so hatten unheimliche Salben, von
Priesterinnen der Rachegeister gekocht, auch spätern Helden der Sage und des
wirklichen Lebens Waffen und Leib gefestet. Glaube und Znubermittel er¬
hielten sich im ganzen Mittelalter, sie gewannen erhöhtes Ansehen, als seit
dem Ende des is. Jahrhunderts Pulver und Kugel mächtig wurde". Die
geheime Kunst, welche vor Schuß und Stich schützte, muß unter den Lands¬
knechten früh verbreitet gewesen sein, denn am Ende des Jahrhunderts ist der
Glaube daran in Deutschland allgemein, und der Jesuit Scherer konnte eine Reihe
Predigten, die er in, Jahre 1594 vordem spätern Kaiser Matthias und seinen
Offizieren hielt, überschreiben: "Ein bewerte Kunst und Wundsegen Für
Schiessen. Stechen, Hawen, Rauben, Brennen ?c. und damit man im Krieg
nicht unten liege, oder in der Feinde Hände komme und gefangen werde." -- Kurz
darauf kommen die passauischen Zettel auf, beschriebene Amulete, welche den
Besitzer vor Verwundungen schützten, und im Anfange des dreißigjährigen
Krieges ist die teuflische Kunst in allen Einzelheiten ausgebildet. Schon 1K>8
haben wir aus der Belagerung von Pilsen durch Mansfeld einen guten Be¬
richt darüber. Er steht in: "Wahrhafter Bericht von der Belagerung
und "ut gestürmter Hand Eroberung der Stadt Pilsen inn Behein". (o. O.
u. I. Die Broschüre ist eine Erweiterung der Heylmannschen Schrift von glei¬
che", Inhalt). Die Stelle lautet i" unserer Schreibweise wie folgt:

"Ein Waghals unter den Mansfeldischen, Hans Fabel genannt, nahm
einstmals ein Stutzglas Bier, ging auf den Stadtgraben zu und brachte den
Belagerten eins. Dein habe" sie es mit Kraut und Loth gesegnet, aber er
trank sein Stutzglas Bier aus, bedankte sich gegen sie, kam in den Lauf¬
graben und zog fünf Kugeln aus dem Busen. Dieses Pilmiskind*), ob es
gleich so sehr fest gewesen. ist doch trank geworden und vor Eroberung der
Stadt gestorben. Es ist diese zauberische Kunst (passauer Kunst) ganz ge¬
mein gewesen, ich Habs mit Verwundern gesehen. Man hätte eher von einen,
Felsen, als vo" eine", solchen Bezauberte" etwas geschossen. Ich glaube, der
Teufel steckt ihnen in der Haut. Ja el" guter Gesell bezaubert oft den ander",
wenn es auch der Bezauberte nicht weiß, noch viel weniger begehrte. Ein
kleiner Junge vo" 14 oder 15 Jahren ist aus den Ar", geschossen worden,
als er die Trommel geschlagen, den, ist die Kugel vom Arm auf die linke
Brust abgesprungen, und nicht eingedrungen, was Viele gesehen haben. Aber
es nimmt ein böses Alter bei denen, die es gebrauchen, ich habe ihrer viel
getan"!, die es gebraucht, die sind schrecklich um ihr Leben gekommen. Denn
eine Gaukelei kämpft wider die andere. Ehe.uso gut als mau einen kann ge-



') Bilwiztind, so viel als Teufelskind, Bilwiz ist el" alter Name für Zauberer oder
Kobold,

dem Geschlecht der Todesdämonen stammte, seinen Leib unverletzlich salbte,
und doch dem tückischen Zufall verfiel, so hatten unheimliche Salben, von
Priesterinnen der Rachegeister gekocht, auch spätern Helden der Sage und des
wirklichen Lebens Waffen und Leib gefestet. Glaube und Znubermittel er¬
hielten sich im ganzen Mittelalter, sie gewannen erhöhtes Ansehen, als seit
dem Ende des is. Jahrhunderts Pulver und Kugel mächtig wurde». Die
geheime Kunst, welche vor Schuß und Stich schützte, muß unter den Lands¬
knechten früh verbreitet gewesen sein, denn am Ende des Jahrhunderts ist der
Glaube daran in Deutschland allgemein, und der Jesuit Scherer konnte eine Reihe
Predigten, die er in, Jahre 1594 vordem spätern Kaiser Matthias und seinen
Offizieren hielt, überschreiben: „Ein bewerte Kunst und Wundsegen Für
Schiessen. Stechen, Hawen, Rauben, Brennen ?c. und damit man im Krieg
nicht unten liege, oder in der Feinde Hände komme und gefangen werde." — Kurz
darauf kommen die passauischen Zettel auf, beschriebene Amulete, welche den
Besitzer vor Verwundungen schützten, und im Anfange des dreißigjährigen
Krieges ist die teuflische Kunst in allen Einzelheiten ausgebildet. Schon 1K>8
haben wir aus der Belagerung von Pilsen durch Mansfeld einen guten Be¬
richt darüber. Er steht in: „Wahrhafter Bericht von der Belagerung
und »ut gestürmter Hand Eroberung der Stadt Pilsen inn Behein". (o. O.
u. I. Die Broschüre ist eine Erweiterung der Heylmannschen Schrift von glei¬
che», Inhalt). Die Stelle lautet i» unserer Schreibweise wie folgt:

„Ein Waghals unter den Mansfeldischen, Hans Fabel genannt, nahm
einstmals ein Stutzglas Bier, ging auf den Stadtgraben zu und brachte den
Belagerten eins. Dein habe» sie es mit Kraut und Loth gesegnet, aber er
trank sein Stutzglas Bier aus, bedankte sich gegen sie, kam in den Lauf¬
graben und zog fünf Kugeln aus dem Busen. Dieses Pilmiskind*), ob es
gleich so sehr fest gewesen. ist doch trank geworden und vor Eroberung der
Stadt gestorben. Es ist diese zauberische Kunst (passauer Kunst) ganz ge¬
mein gewesen, ich Habs mit Verwundern gesehen. Man hätte eher von einen,
Felsen, als vo» eine», solchen Bezauberte» etwas geschossen. Ich glaube, der
Teufel steckt ihnen in der Haut. Ja el» guter Gesell bezaubert oft den ander»,
wenn es auch der Bezauberte nicht weiß, noch viel weniger begehrte. Ein
kleiner Junge vo» 14 oder 15 Jahren ist aus den Ar», geschossen worden,
als er die Trommel geschlagen, den, ist die Kugel vom Arm auf die linke
Brust abgesprungen, und nicht eingedrungen, was Viele gesehen haben. Aber
es nimmt ein böses Alter bei denen, die es gebrauchen, ich habe ihrer viel
getan»!, die es gebraucht, die sind schrecklich um ihr Leben gekommen. Denn
eine Gaukelei kämpft wider die andere. Ehe.uso gut als mau einen kann ge-



') Bilwiztind, so viel als Teufelskind, Bilwiz ist el» alter Name für Zauberer oder
Kobold,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0392" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186805"/>
            <p xml:id="ID_884" prev="#ID_883"> dem Geschlecht der Todesdämonen stammte, seinen Leib unverletzlich salbte,<lb/>
und doch dem tückischen Zufall verfiel, so hatten unheimliche Salben, von<lb/>
Priesterinnen der Rachegeister gekocht, auch spätern Helden der Sage und des<lb/>
wirklichen Lebens Waffen und Leib gefestet. Glaube und Znubermittel er¬<lb/>
hielten sich im ganzen Mittelalter, sie gewannen erhöhtes Ansehen, als seit<lb/>
dem Ende des is. Jahrhunderts Pulver und Kugel mächtig wurde». Die<lb/>
geheime Kunst, welche vor Schuß und Stich schützte, muß unter den Lands¬<lb/>
knechten früh verbreitet gewesen sein, denn am Ende des Jahrhunderts ist der<lb/>
Glaube daran in Deutschland allgemein, und der Jesuit Scherer konnte eine Reihe<lb/>
Predigten, die er in, Jahre 1594 vordem spätern Kaiser Matthias und seinen<lb/>
Offizieren hielt, überschreiben: &#x201E;Ein bewerte Kunst und Wundsegen Für<lb/>
Schiessen. Stechen, Hawen, Rauben, Brennen ?c. und damit man im Krieg<lb/>
nicht unten liege, oder in der Feinde Hände komme und gefangen werde." &#x2014; Kurz<lb/>
darauf kommen die passauischen Zettel auf, beschriebene Amulete, welche den<lb/>
Besitzer vor Verwundungen schützten, und im Anfange des dreißigjährigen<lb/>
Krieges ist die teuflische Kunst in allen Einzelheiten ausgebildet. Schon 1K&gt;8<lb/>
haben wir aus der Belagerung von Pilsen durch Mansfeld einen guten Be¬<lb/>
richt darüber. Er steht in: &#x201E;Wahrhafter Bericht von der Belagerung<lb/>
und »ut gestürmter Hand Eroberung der Stadt Pilsen inn Behein". (o. O.<lb/>
u. I. Die Broschüre ist eine Erweiterung der Heylmannschen Schrift von glei¬<lb/>
che», Inhalt).  Die Stelle lautet i» unserer Schreibweise wie folgt:</p><lb/>
            <p xml:id="ID_885" next="#ID_886"> &#x201E;Ein Waghals unter den Mansfeldischen, Hans Fabel genannt, nahm<lb/>
einstmals ein Stutzglas Bier, ging auf den Stadtgraben zu und brachte den<lb/>
Belagerten eins. Dein habe» sie es mit Kraut und Loth gesegnet, aber er<lb/>
trank sein Stutzglas Bier aus, bedankte sich gegen sie, kam in den Lauf¬<lb/>
graben und zog fünf Kugeln aus dem Busen. Dieses Pilmiskind*), ob es<lb/>
gleich so sehr fest gewesen. ist doch trank geworden und vor Eroberung der<lb/>
Stadt gestorben. Es ist diese zauberische Kunst (passauer Kunst) ganz ge¬<lb/>
mein gewesen, ich Habs mit Verwundern gesehen. Man hätte eher von einen,<lb/>
Felsen, als vo» eine», solchen Bezauberte» etwas geschossen. Ich glaube, der<lb/>
Teufel steckt ihnen in der Haut. Ja el» guter Gesell bezaubert oft den ander»,<lb/>
wenn es auch der Bezauberte nicht weiß, noch viel weniger begehrte. Ein<lb/>
kleiner Junge vo» 14 oder 15 Jahren ist aus den Ar», geschossen worden,<lb/>
als er die Trommel geschlagen, den, ist die Kugel vom Arm auf die linke<lb/>
Brust abgesprungen, und nicht eingedrungen, was Viele gesehen haben. Aber<lb/>
es nimmt ein böses Alter bei denen, die es gebrauchen, ich habe ihrer viel<lb/>
getan»!, die es gebraucht, die sind schrecklich um ihr Leben gekommen. Denn<lb/>
eine Gaukelei kämpft wider die andere. Ehe.uso gut als mau einen kann ge-</p><lb/>
            <note xml:id="FID_87" place="foot"> ') Bilwiztind, so viel als Teufelskind, Bilwiz ist el» alter Name für Zauberer oder<lb/>
Kobold,</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0392] dem Geschlecht der Todesdämonen stammte, seinen Leib unverletzlich salbte, und doch dem tückischen Zufall verfiel, so hatten unheimliche Salben, von Priesterinnen der Rachegeister gekocht, auch spätern Helden der Sage und des wirklichen Lebens Waffen und Leib gefestet. Glaube und Znubermittel er¬ hielten sich im ganzen Mittelalter, sie gewannen erhöhtes Ansehen, als seit dem Ende des is. Jahrhunderts Pulver und Kugel mächtig wurde». Die geheime Kunst, welche vor Schuß und Stich schützte, muß unter den Lands¬ knechten früh verbreitet gewesen sein, denn am Ende des Jahrhunderts ist der Glaube daran in Deutschland allgemein, und der Jesuit Scherer konnte eine Reihe Predigten, die er in, Jahre 1594 vordem spätern Kaiser Matthias und seinen Offizieren hielt, überschreiben: „Ein bewerte Kunst und Wundsegen Für Schiessen. Stechen, Hawen, Rauben, Brennen ?c. und damit man im Krieg nicht unten liege, oder in der Feinde Hände komme und gefangen werde." — Kurz darauf kommen die passauischen Zettel auf, beschriebene Amulete, welche den Besitzer vor Verwundungen schützten, und im Anfange des dreißigjährigen Krieges ist die teuflische Kunst in allen Einzelheiten ausgebildet. Schon 1K>8 haben wir aus der Belagerung von Pilsen durch Mansfeld einen guten Be¬ richt darüber. Er steht in: „Wahrhafter Bericht von der Belagerung und »ut gestürmter Hand Eroberung der Stadt Pilsen inn Behein". (o. O. u. I. Die Broschüre ist eine Erweiterung der Heylmannschen Schrift von glei¬ che», Inhalt). Die Stelle lautet i» unserer Schreibweise wie folgt: „Ein Waghals unter den Mansfeldischen, Hans Fabel genannt, nahm einstmals ein Stutzglas Bier, ging auf den Stadtgraben zu und brachte den Belagerten eins. Dein habe» sie es mit Kraut und Loth gesegnet, aber er trank sein Stutzglas Bier aus, bedankte sich gegen sie, kam in den Lauf¬ graben und zog fünf Kugeln aus dem Busen. Dieses Pilmiskind*), ob es gleich so sehr fest gewesen. ist doch trank geworden und vor Eroberung der Stadt gestorben. Es ist diese zauberische Kunst (passauer Kunst) ganz ge¬ mein gewesen, ich Habs mit Verwundern gesehen. Man hätte eher von einen, Felsen, als vo» eine», solchen Bezauberte» etwas geschossen. Ich glaube, der Teufel steckt ihnen in der Haut. Ja el» guter Gesell bezaubert oft den ander», wenn es auch der Bezauberte nicht weiß, noch viel weniger begehrte. Ein kleiner Junge vo» 14 oder 15 Jahren ist aus den Ar», geschossen worden, als er die Trommel geschlagen, den, ist die Kugel vom Arm auf die linke Brust abgesprungen, und nicht eingedrungen, was Viele gesehen haben. Aber es nimmt ein böses Alter bei denen, die es gebrauchen, ich habe ihrer viel getan»!, die es gebraucht, die sind schrecklich um ihr Leben gekommen. Denn eine Gaukelei kämpft wider die andere. Ehe.uso gut als mau einen kann ge- ') Bilwiztind, so viel als Teufelskind, Bilwiz ist el» alter Name für Zauberer oder Kobold,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/392
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/392>, abgerufen am 21.12.2024.