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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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zu sein. Wer dieser oder jener zu sein habe, wird vom Schicksal bestimmt
. . . Ich halte diese Derr'ungsart nicht für schändlich, sondern für ver¬
nünftig."

Daß Müller sich jetzt zurückzog, war um so unverzeihlicher. da jetzt die
Bewegungen in Berlin begannen, die uni dein unglückliche" Krieg endigten.
Gentz war der einzige Kanal, durch welchen Nachrichten aus Preußen nach
Oestreich gelangten, man schenkte ihm unbedingtes Bertrauen und es war sür
die Sache Deutschlands von der größten Wichtigkeit, ihm klare Einsicht i"
das. was im preußische" Cabinet vorging, zu verschaffen. Da Müller als
einer der Hauptvertreter der autisrauzosischcu Gewalt galt, so glaubte mau
allgemein, er wäre in die Gebeiiinnsse der neuen Politik eingeweiht, Es
ezistiren noch Briefe von Fichte, Niebuhr und andern, die von ihm Aufklärung
verlangen, aber eine unbestimmte Angst verschloss den sonst so beredten Mund.
"Meine Freundschaft für Sie," schreibt Ecntz 20, Sept, txvii. "ist durch diese
Ihre obgleich unverzeihliche Defection nicht erschüitert, ich kenne Sie einmal
und weiß, wie und warum Sie so sind," Endlich zog man Gentz, von
Seiten des preußischen Cavincts in das Hauptquartier und wie unvergleichlich
er verstand, richtig zu sehen, zu urtheilen und darzustellen, zeigt sein Tagebuch,
eines der denkwürdigsten Zeugnisse jener Periode. So kam der Tag, an dem
auch Preußen zusammenstürzte.




In Suche" Schleöwiij-HolstriilS,

Mit großer Herzensfreude "ut mit dem innigsten Dantgesiihl lege" wir unsere"
diesjährigen Rechenschaftsbericht vor. Unser Vertrauen aus die erbarmende Liebe
des Herr", so wie auch auf die hochherzige Gesinnung des deutschen Volk.eS bat
uns nicht getäuscht, Es bedürfte nur der einfachen Darlegung der traurigen Ver¬
hältnisse der entlassenen Schleswig-holsteinischen Beamten, Offiziere, Geistlichen und
Lehrer in unserem vorjährige" Bericht, als fast in allen Gauen des deutschen
Vaterlandes eine rege und rührende Theilnahme sich kund gab, überall Eomitvs sich
bildete" und die studirende Iuge"d aus viele" deutsche" Universitäten ""d Gvm-
nasie" mit dem schöne" Beispiel der Grvschensaminlungen voranging, so daß co
bald n" vielen Orte" zur Ehrensache ward, "icht zurückzustehen, sonder" ivittig el"
Scherflei" zur Abwehr der iiiivcrschiildelcn Noth der Bruder i" den Nvrdniarkc"
heizusteucr". So kounte das Resultat -- ivelchcS weit über "nsere Erivartunge"
hinausgegangen -- sich herausstellen, welche umstehend der Ä'assirer in stjuer
Rech"u"gsablage gibt, nämlich eine Einnahme von 4!i,843 M. 12 sah, oder
17.5"? Thlr. 15> Sgr, Preuß, Erd, und el" llcbcrschnß von 2<>,0t t M. sah,
oder 10034 Thlr. 18 Sgr, Pre"ß, Erd, Wir habe" mit dein verausgabte" Gelde


Ävcnzbvtcn II, 16ö8.

zu sein. Wer dieser oder jener zu sein habe, wird vom Schicksal bestimmt
. . . Ich halte diese Derr'ungsart nicht für schändlich, sondern für ver¬
nünftig."

Daß Müller sich jetzt zurückzog, war um so unverzeihlicher. da jetzt die
Bewegungen in Berlin begannen, die uni dein unglückliche» Krieg endigten.
Gentz war der einzige Kanal, durch welchen Nachrichten aus Preußen nach
Oestreich gelangten, man schenkte ihm unbedingtes Bertrauen und es war sür
die Sache Deutschlands von der größten Wichtigkeit, ihm klare Einsicht i»
das. was im preußische» Cabinet vorging, zu verschaffen. Da Müller als
einer der Hauptvertreter der autisrauzosischcu Gewalt galt, so glaubte mau
allgemein, er wäre in die Gebeiiinnsse der neuen Politik eingeweiht, Es
ezistiren noch Briefe von Fichte, Niebuhr und andern, die von ihm Aufklärung
verlangen, aber eine unbestimmte Angst verschloss den sonst so beredten Mund.
„Meine Freundschaft für Sie," schreibt Ecntz 20, Sept, txvii. „ist durch diese
Ihre obgleich unverzeihliche Defection nicht erschüitert, ich kenne Sie einmal
und weiß, wie und warum Sie so sind," Endlich zog man Gentz, von
Seiten des preußischen Cavincts in das Hauptquartier und wie unvergleichlich
er verstand, richtig zu sehen, zu urtheilen und darzustellen, zeigt sein Tagebuch,
eines der denkwürdigsten Zeugnisse jener Periode. So kam der Tag, an dem
auch Preußen zusammenstürzte.




In Suche» Schleöwiij-HolstriilS,

Mit großer Herzensfreude »ut mit dem innigsten Dantgesiihl lege» wir unsere»
diesjährigen Rechenschaftsbericht vor. Unser Vertrauen aus die erbarmende Liebe
des Herr», so wie auch auf die hochherzige Gesinnung des deutschen Volk.eS bat
uns nicht getäuscht, Es bedürfte nur der einfachen Darlegung der traurigen Ver¬
hältnisse der entlassenen Schleswig-holsteinischen Beamten, Offiziere, Geistlichen und
Lehrer in unserem vorjährige» Bericht, als fast in allen Gauen des deutschen
Vaterlandes eine rege und rührende Theilnahme sich kund gab, überall Eomitvs sich
bildete» und die studirende Iuge»d aus viele» deutsche» Universitäten »»d Gvm-
nasie» mit dem schöne» Beispiel der Grvschensaminlungen voranging, so daß co
bald n» vielen Orte» zur Ehrensache ward, »icht zurückzustehen, sonder» ivittig el»
Scherflei» zur Abwehr der iiiivcrschiildelcn Noth der Bruder i» den Nvrdniarkc»
heizusteucr». So kounte das Resultat — ivelchcS weit über »nsere Erivartunge»
hinausgegangen — sich herausstellen, welche umstehend der Ä'assirer in stjuer
Rech»u»gsablage gibt, nämlich eine Einnahme von 4!i,843 M. 12 sah, oder
17.5»? Thlr. 15> Sgr, Preuß, Erd, und el» llcbcrschnß von 2<>,0t t M. sah,
oder 10034 Thlr. 18 Sgr, Pre»ß, Erd, Wir habe» mit dein verausgabte» Gelde


Ävcnzbvtcn II, 16ö8.
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[0361] zu sein. Wer dieser oder jener zu sein habe, wird vom Schicksal bestimmt . . . Ich halte diese Derr'ungsart nicht für schändlich, sondern für ver¬ nünftig." Daß Müller sich jetzt zurückzog, war um so unverzeihlicher. da jetzt die Bewegungen in Berlin begannen, die uni dein unglückliche» Krieg endigten. Gentz war der einzige Kanal, durch welchen Nachrichten aus Preußen nach Oestreich gelangten, man schenkte ihm unbedingtes Bertrauen und es war sür die Sache Deutschlands von der größten Wichtigkeit, ihm klare Einsicht i» das. was im preußische» Cabinet vorging, zu verschaffen. Da Müller als einer der Hauptvertreter der autisrauzosischcu Gewalt galt, so glaubte mau allgemein, er wäre in die Gebeiiinnsse der neuen Politik eingeweiht, Es ezistiren noch Briefe von Fichte, Niebuhr und andern, die von ihm Aufklärung verlangen, aber eine unbestimmte Angst verschloss den sonst so beredten Mund. „Meine Freundschaft für Sie," schreibt Ecntz 20, Sept, txvii. „ist durch diese Ihre obgleich unverzeihliche Defection nicht erschüitert, ich kenne Sie einmal und weiß, wie und warum Sie so sind," Endlich zog man Gentz, von Seiten des preußischen Cavincts in das Hauptquartier und wie unvergleichlich er verstand, richtig zu sehen, zu urtheilen und darzustellen, zeigt sein Tagebuch, eines der denkwürdigsten Zeugnisse jener Periode. So kam der Tag, an dem auch Preußen zusammenstürzte. In Suche» Schleöwiij-HolstriilS, Mit großer Herzensfreude »ut mit dem innigsten Dantgesiihl lege» wir unsere» diesjährigen Rechenschaftsbericht vor. Unser Vertrauen aus die erbarmende Liebe des Herr», so wie auch auf die hochherzige Gesinnung des deutschen Volk.eS bat uns nicht getäuscht, Es bedürfte nur der einfachen Darlegung der traurigen Ver¬ hältnisse der entlassenen Schleswig-holsteinischen Beamten, Offiziere, Geistlichen und Lehrer in unserem vorjährige» Bericht, als fast in allen Gauen des deutschen Vaterlandes eine rege und rührende Theilnahme sich kund gab, überall Eomitvs sich bildete» und die studirende Iuge»d aus viele» deutsche» Universitäten »»d Gvm- nasie» mit dem schöne» Beispiel der Grvschensaminlungen voranging, so daß co bald n» vielen Orte» zur Ehrensache ward, »icht zurückzustehen, sonder» ivittig el» Scherflei» zur Abwehr der iiiivcrschiildelcn Noth der Bruder i» den Nvrdniarkc» heizusteucr». So kounte das Resultat — ivelchcS weit über »nsere Erivartunge» hinausgegangen — sich herausstellen, welche umstehend der Ä'assirer in stjuer Rech»u»gsablage gibt, nämlich eine Einnahme von 4!i,843 M. 12 sah, oder 17.5»? Thlr. 15> Sgr, Preuß, Erd, und el» llcbcrschnß von 2<>,0t t M. sah, oder 10034 Thlr. 18 Sgr, Pre»ß, Erd, Wir habe» mit dein verausgabte» Gelde Ävcnzbvtcn II, 16ö8.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/361>, abgerufen am 21.12.2024.