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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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dem Jupiter eine Opferküche gebaut, in einer dritten hat die Priesterin der
großen Mutter die große Mutter ausbessern und vergolden, dem Attis die
Haare vergolden und die Bellona ausbessern lassen. Auch wurden an die
Tempelschätze Schenkungen gemacht, die nicht unmittelbar auf den Cultus
Bezug hatten. Z. B. existier das Testament eines Bürgers von Reggio. der
dem Apollotempel seiner Baterstadt ein Pergamentbuch in Elfenbein gebunden,
ein Elsenöeinl'ästchen und sechzehn Bilder vermacht.

Doch zu solchen Gaben trieb in der Regel nicht Patriotismus oder Eifer
für das gemeine Wohl, sondern Superstition und Gewissensangst. Minder
eigennützig war die Förderung weltlicher Zwecke, die ebenfalls in großer Aus¬
dehnung geschah, als Brückenbau. Ausbesserung von Mauern und Stadtthoren.
Pflasterung der Straßen in und außerhalb der Städte. In Cremonn (wenig¬
stens vor der Zerstörung im vitellianischen Bürgerkriege eine der schönsten
und blühendsten Städte des obern Italiens) schenkt einmal ein zum Aedilen
erwählter Bürger gegen 1500 Thaler zur Straßenpflastcrung; in Aeclanum
läßt eine Mutter aus Freude, daß ihrem Sohne das oberste Stadtamt über¬
tragen ist, eine Strecke von dreitausend Schritt "für baares Geld" pflastern.
Andre ließen die öffentlichen Spielplätze ebnen und einfassen. Wer sich um Han¬
del und Verkehr verdient machen wollte, ließ auf dem Spcisemarkt neue Buden
für die Pevkäufer aufschlagen, oder Stcintische für die auszulegenden Waaren
errichten, wie sie noch jetzt in Italien üblich sind. Sehr häufig wurden die
öffentlichen Wagen. Maße und Gewichte ans Privatkosten hergestellt, nicht
minder häufig Sonnenuhren zum allgemeinen Besten errichtet. Einen großen
Anspruch auf die Dankbarkeit ihrer Mitbürger erwarben sich die. welche sich
der Wasserleitungen annahmen! ein Duumvir (der oberste Magistrat) in Pola
läßt auf seine Kosten Wasser in den obern und untern Theil der Stadt leiten,
und schenkt zur Erhaltung der Leitung ein Capital von 400,000 Sesterzen
(etwa 20,000 Thaler). Andre ließen Brunnen und Fontänen grabe", oder
sorgten für die öffentlichen Bäder. Bekanntlich war das Bad den Alten eines
der ersten Lebensbedürfnisse, die Anstalten dazu fehlten in keinem größern
Hause und selbst kleine Orte, die nicht auf den Namen einer Stadt Anspruch
machten, hatten zuweilen mehr als ein Badehaus, theils Privatunternehmungen,
theils Comniunnlanstalten. Noch existiren einige Inschriften von Bädern, in
denen den Besuchern freundliche Bedienung und jede Bequemlichkeit versprochen
und überdies versichert wird, daß das Bad -rll' n"o <Il I>.vag., wie man jetzt
sagt, eingerichtet sei. Diese Anstalten wurden sehr häusig mit Vermächtnissen
und Stiftungen bedacht. In Bologna vermachte einmal jemand ein Capital
von 400.000 Sesterzen. damit Männer und Uncrwachsene beider Geschlechter
für immer ein bestimmtes Bad unentgeltlich benutzen können. In Misenum
schenkte der oberste Magistrat dem öffentlichen Bade vierhundert Fuder hartes Holz.


dem Jupiter eine Opferküche gebaut, in einer dritten hat die Priesterin der
großen Mutter die große Mutter ausbessern und vergolden, dem Attis die
Haare vergolden und die Bellona ausbessern lassen. Auch wurden an die
Tempelschätze Schenkungen gemacht, die nicht unmittelbar auf den Cultus
Bezug hatten. Z. B. existier das Testament eines Bürgers von Reggio. der
dem Apollotempel seiner Baterstadt ein Pergamentbuch in Elfenbein gebunden,
ein Elsenöeinl'ästchen und sechzehn Bilder vermacht.

Doch zu solchen Gaben trieb in der Regel nicht Patriotismus oder Eifer
für das gemeine Wohl, sondern Superstition und Gewissensangst. Minder
eigennützig war die Förderung weltlicher Zwecke, die ebenfalls in großer Aus¬
dehnung geschah, als Brückenbau. Ausbesserung von Mauern und Stadtthoren.
Pflasterung der Straßen in und außerhalb der Städte. In Cremonn (wenig¬
stens vor der Zerstörung im vitellianischen Bürgerkriege eine der schönsten
und blühendsten Städte des obern Italiens) schenkt einmal ein zum Aedilen
erwählter Bürger gegen 1500 Thaler zur Straßenpflastcrung; in Aeclanum
läßt eine Mutter aus Freude, daß ihrem Sohne das oberste Stadtamt über¬
tragen ist, eine Strecke von dreitausend Schritt „für baares Geld" pflastern.
Andre ließen die öffentlichen Spielplätze ebnen und einfassen. Wer sich um Han¬
del und Verkehr verdient machen wollte, ließ auf dem Spcisemarkt neue Buden
für die Pevkäufer aufschlagen, oder Stcintische für die auszulegenden Waaren
errichten, wie sie noch jetzt in Italien üblich sind. Sehr häufig wurden die
öffentlichen Wagen. Maße und Gewichte ans Privatkosten hergestellt, nicht
minder häufig Sonnenuhren zum allgemeinen Besten errichtet. Einen großen
Anspruch auf die Dankbarkeit ihrer Mitbürger erwarben sich die. welche sich
der Wasserleitungen annahmen! ein Duumvir (der oberste Magistrat) in Pola
läßt auf seine Kosten Wasser in den obern und untern Theil der Stadt leiten,
und schenkt zur Erhaltung der Leitung ein Capital von 400,000 Sesterzen
(etwa 20,000 Thaler). Andre ließen Brunnen und Fontänen grabe», oder
sorgten für die öffentlichen Bäder. Bekanntlich war das Bad den Alten eines
der ersten Lebensbedürfnisse, die Anstalten dazu fehlten in keinem größern
Hause und selbst kleine Orte, die nicht auf den Namen einer Stadt Anspruch
machten, hatten zuweilen mehr als ein Badehaus, theils Privatunternehmungen,
theils Comniunnlanstalten. Noch existiren einige Inschriften von Bädern, in
denen den Besuchern freundliche Bedienung und jede Bequemlichkeit versprochen
und überdies versichert wird, daß das Bad -rll' n»o <Il I>.vag., wie man jetzt
sagt, eingerichtet sei. Diese Anstalten wurden sehr häusig mit Vermächtnissen
und Stiftungen bedacht. In Bologna vermachte einmal jemand ein Capital
von 400.000 Sesterzen. damit Männer und Uncrwachsene beider Geschlechter
für immer ein bestimmtes Bad unentgeltlich benutzen können. In Misenum
schenkte der oberste Magistrat dem öffentlichen Bade vierhundert Fuder hartes Holz.


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[0332] dem Jupiter eine Opferküche gebaut, in einer dritten hat die Priesterin der großen Mutter die große Mutter ausbessern und vergolden, dem Attis die Haare vergolden und die Bellona ausbessern lassen. Auch wurden an die Tempelschätze Schenkungen gemacht, die nicht unmittelbar auf den Cultus Bezug hatten. Z. B. existier das Testament eines Bürgers von Reggio. der dem Apollotempel seiner Baterstadt ein Pergamentbuch in Elfenbein gebunden, ein Elsenöeinl'ästchen und sechzehn Bilder vermacht. Doch zu solchen Gaben trieb in der Regel nicht Patriotismus oder Eifer für das gemeine Wohl, sondern Superstition und Gewissensangst. Minder eigennützig war die Förderung weltlicher Zwecke, die ebenfalls in großer Aus¬ dehnung geschah, als Brückenbau. Ausbesserung von Mauern und Stadtthoren. Pflasterung der Straßen in und außerhalb der Städte. In Cremonn (wenig¬ stens vor der Zerstörung im vitellianischen Bürgerkriege eine der schönsten und blühendsten Städte des obern Italiens) schenkt einmal ein zum Aedilen erwählter Bürger gegen 1500 Thaler zur Straßenpflastcrung; in Aeclanum läßt eine Mutter aus Freude, daß ihrem Sohne das oberste Stadtamt über¬ tragen ist, eine Strecke von dreitausend Schritt „für baares Geld" pflastern. Andre ließen die öffentlichen Spielplätze ebnen und einfassen. Wer sich um Han¬ del und Verkehr verdient machen wollte, ließ auf dem Spcisemarkt neue Buden für die Pevkäufer aufschlagen, oder Stcintische für die auszulegenden Waaren errichten, wie sie noch jetzt in Italien üblich sind. Sehr häufig wurden die öffentlichen Wagen. Maße und Gewichte ans Privatkosten hergestellt, nicht minder häufig Sonnenuhren zum allgemeinen Besten errichtet. Einen großen Anspruch auf die Dankbarkeit ihrer Mitbürger erwarben sich die. welche sich der Wasserleitungen annahmen! ein Duumvir (der oberste Magistrat) in Pola läßt auf seine Kosten Wasser in den obern und untern Theil der Stadt leiten, und schenkt zur Erhaltung der Leitung ein Capital von 400,000 Sesterzen (etwa 20,000 Thaler). Andre ließen Brunnen und Fontänen grabe», oder sorgten für die öffentlichen Bäder. Bekanntlich war das Bad den Alten eines der ersten Lebensbedürfnisse, die Anstalten dazu fehlten in keinem größern Hause und selbst kleine Orte, die nicht auf den Namen einer Stadt Anspruch machten, hatten zuweilen mehr als ein Badehaus, theils Privatunternehmungen, theils Comniunnlanstalten. Noch existiren einige Inschriften von Bädern, in denen den Besuchern freundliche Bedienung und jede Bequemlichkeit versprochen und überdies versichert wird, daß das Bad -rll' n»o <Il I>.vag., wie man jetzt sagt, eingerichtet sei. Diese Anstalten wurden sehr häusig mit Vermächtnissen und Stiftungen bedacht. In Bologna vermachte einmal jemand ein Capital von 400.000 Sesterzen. damit Männer und Uncrwachsene beider Geschlechter für immer ein bestimmtes Bad unentgeltlich benutzen können. In Misenum schenkte der oberste Magistrat dem öffentlichen Bade vierhundert Fuder hartes Holz.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/332>, abgerufen am 21.12.2024.