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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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in seinem Interesse auszubeuten, er bringt die Asche Napoleon's heim, aber er
macht aus dieser nationalen Maßregel blos eine kleinliche Intrigue, um Thiers und
Guizot eine Genugthuung auf einige Stunden zu verschaffen. Man haßte Louis
Philipp, die junge Generation liebte das Kaiserreich und hoffte die Wiederher-
stellung dieser Ideen vom Herzoge von Orleans Md später von der Herzogin von
Orleans. Louis Philipp fiel einer Eineute zum Opfer, wie ihn eine Emeute
aus den Thron brachte. Nun folgt eine Parallele Frankreichs mit England
welche beweisen soll, daß die parlamentarische Regierung daselbst möglich ist, in
Frankreich aber eine unausführbare Neuerung eine gefährliche Fiction bleiben muß.
Carl X. und Louis Philipp starben im Exile, während ihre Minister Polignac,
de Peyronnet, Guizot, Duchatel und Dumon nach Frankreich zurückkehren durften.
"So wurde zweimal innerhalb 20 Jahren der Grundsatz der UnVerantwortlichkeit
des Monarchen in Frankreich ausgeübt!" Der Unterschied zu Gunsten Englands
war natürlich: "In England sind die politischen Fragen nur Fragen der National-
Jnteressen, und eine neue Regierung bringt nur ein wirkliches Regierungssystem
mit sich, das der König oder die Königin ohne Zaudern annehmen, weil es der
wahre Ausdruck der Bedürfnisse des Landes ist. In Frankreich, man muß es
gestehen, ist der Kampf blos ein Kampf persönlichen Ehrgeizes, und Herr Thiers
selbst gestand^ dies zu, als er durch Herrn von Remusat erklären ließ, daß es
nur dasselbe Lied sei, wenn gleich auf andere Weise gespielt."

Die Februarrevolution wird nicht weniger geschont, auch sie hat nach Louis
Bonaparte eine Usurpation begangen, denn das allgemeine Stimmrecht wurde erst
nachträglich befragt und nach Wahllisten, was einer Fälschung gleich komme. Nur
das suklrax"; universal Louis Bonaparte's ist das wirkliche, wenn die Soldaten
auf das Commando ihrer Vorgesetzten, die Bauern aus Befehl der Geistlichen
und der Maires stimmen, wenn die mißliebigen Wähler, deren Einfluß man
fürchtet, vorläufig eingesperrt oder verbannt werden, kann dieses demokratische In¬
stitut sich gehörig frei bewegen, nur dann ist vox populi vox ciel. Die Febrnar-
revvlntion wird nur einer Seite gewürdigt. Die Asfemblve ist ein polirisches
Babel, und eine angeblich neue Wunde des Socialismus versucht es im Laude
durch die Grvschenjournale zu verbreiten. Allein die neue Wunde ist alt und
erscheint im Gefolge jeder Revolution. 1789 habe Baboenf gehabt, 1830 den
Se. Simoniom und 1848 fiel der Socialismus zu seinem Theile bei. "Glücklicher
Weise erschien der Zwerg des Socialismus blos im Luxembourg, um den Tarif
der Fiaker festzusetzen. Das Hotel de ville hatte die politische Ohnmacht Lamar¬
tine's bewiesen. Das Luxembourg that die ökonomische Louis Blanc's dar. Wir
wollen nicht von Babel's Deurieu, vom Circulair des Herrn Pierre Lervix und
von den Phalanstere^Albernheiten ConfMrants reden. Wenigstens haben diese un¬
schuldigem Träumer in den Vortrag ihrer Geschichten, um stehend dabei einzu¬
schlafen, eine Lonhomie gelegt, die entwaffnet, und sie find ohnehin genugsam ge-


in seinem Interesse auszubeuten, er bringt die Asche Napoleon's heim, aber er
macht aus dieser nationalen Maßregel blos eine kleinliche Intrigue, um Thiers und
Guizot eine Genugthuung auf einige Stunden zu verschaffen. Man haßte Louis
Philipp, die junge Generation liebte das Kaiserreich und hoffte die Wiederher-
stellung dieser Ideen vom Herzoge von Orleans Md später von der Herzogin von
Orleans. Louis Philipp fiel einer Eineute zum Opfer, wie ihn eine Emeute
aus den Thron brachte. Nun folgt eine Parallele Frankreichs mit England
welche beweisen soll, daß die parlamentarische Regierung daselbst möglich ist, in
Frankreich aber eine unausführbare Neuerung eine gefährliche Fiction bleiben muß.
Carl X. und Louis Philipp starben im Exile, während ihre Minister Polignac,
de Peyronnet, Guizot, Duchatel und Dumon nach Frankreich zurückkehren durften.
„So wurde zweimal innerhalb 20 Jahren der Grundsatz der UnVerantwortlichkeit
des Monarchen in Frankreich ausgeübt!" Der Unterschied zu Gunsten Englands
war natürlich: „In England sind die politischen Fragen nur Fragen der National-
Jnteressen, und eine neue Regierung bringt nur ein wirkliches Regierungssystem
mit sich, das der König oder die Königin ohne Zaudern annehmen, weil es der
wahre Ausdruck der Bedürfnisse des Landes ist. In Frankreich, man muß es
gestehen, ist der Kampf blos ein Kampf persönlichen Ehrgeizes, und Herr Thiers
selbst gestand^ dies zu, als er durch Herrn von Remusat erklären ließ, daß es
nur dasselbe Lied sei, wenn gleich auf andere Weise gespielt."

Die Februarrevolution wird nicht weniger geschont, auch sie hat nach Louis
Bonaparte eine Usurpation begangen, denn das allgemeine Stimmrecht wurde erst
nachträglich befragt und nach Wahllisten, was einer Fälschung gleich komme. Nur
das suklrax«; universal Louis Bonaparte's ist das wirkliche, wenn die Soldaten
auf das Commando ihrer Vorgesetzten, die Bauern aus Befehl der Geistlichen
und der Maires stimmen, wenn die mißliebigen Wähler, deren Einfluß man
fürchtet, vorläufig eingesperrt oder verbannt werden, kann dieses demokratische In¬
stitut sich gehörig frei bewegen, nur dann ist vox populi vox ciel. Die Febrnar-
revvlntion wird nur einer Seite gewürdigt. Die Asfemblve ist ein polirisches
Babel, und eine angeblich neue Wunde des Socialismus versucht es im Laude
durch die Grvschenjournale zu verbreiten. Allein die neue Wunde ist alt und
erscheint im Gefolge jeder Revolution. 1789 habe Baboenf gehabt, 1830 den
Se. Simoniom und 1848 fiel der Socialismus zu seinem Theile bei. „Glücklicher
Weise erschien der Zwerg des Socialismus blos im Luxembourg, um den Tarif
der Fiaker festzusetzen. Das Hotel de ville hatte die politische Ohnmacht Lamar¬
tine's bewiesen. Das Luxembourg that die ökonomische Louis Blanc's dar. Wir
wollen nicht von Babel's Deurieu, vom Circulair des Herrn Pierre Lervix und
von den Phalanstere^Albernheiten ConfMrants reden. Wenigstens haben diese un¬
schuldigem Träumer in den Vortrag ihrer Geschichten, um stehend dabei einzu¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/98>, abgerufen am 27.09.2024.