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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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und tragen, gleich Säulen, ein undurchdringliches grünes Dach, öfter jedoch
strecken sie beinahe schon von der Wurzel ab ihre lanbüberwucherten Aeste nach
allen Seiten, manchmal wölben sich auch über mehreren aus eiuer Wurzel wach¬
senden Stämmen ungeheure weitschallende Kronen. Außer Buchen sieht man fast
nur Lärchen und Eichen in diesen Wäldern, in denen sich Hochwild oft in großen
Rudeln' zeigt.

Helsingör erreicht man mit den täglich gehenden Dampfbooten Hamlet und
Ophelia nach einer Fahrt von 3 Stunden zwischen dem grünen Seeland und den
braunen nackten Küsten von Schweden. Die ungemeine Ausdehnung, in der man
beide Länder von dem Thurme der Festung Kronborg übersieht, und die zahllosen
Segel mit den Flaggen aller Nationen, die über den hier nur eine halbe Stunde
breiten Sund zerstreut sind, machen diesen Anblick zu einem der interessantesten
in Europa.

An sogenannten Sehenswürdigkeiten ist Kopenhagen nicht gerade reich. Die
Gemäldegalerie enthält außer einigen niederländischen Meistern nur Bilder zweiten
und dritten Ranges, und die dort hängenden Bilder von dänischen Malern der
Gegenwart, so wie die, welche ich auf einer in Charlottenburg stattfindenden
Kunstausstellung sah, verrathen einen sehr untergeordneten Stand der Malerei.
Thorvaldsens Museum und die Frauenkirche verdienen eine besondere Besprechung.
Die berühmte ethnographische Sammlung habe ich nicht sehen, können. Ganz
besonders interessant ist das Museum der nordischen Alterthümer, in seiner jetzigen
Gestalt im Wesentlichen eine Schöpfung des Directors Etatsrath Thomsen. Den
unermüdlichen Bestrebungen dieses um die nordischen Alterthnmsstudien hochver¬
dienten Mannes ist es zuzuschreiben, daß das Interesse für diese Gegenstände sich
in Dänemark verbreitet und gesteigert hat, daß aus allen Theilen des Landes
Funde von Alterthümern und Resultate von Ausgrabungen dem Museum ein¬
gesendet werden, so daß man den jährlichen Zuwachs'desselben vor einigen Jahren
auf 4 -- 600 Nummern schätzte, und die Gesammtzahl 4-1000 betrug: ein Umfang,
in dem dieses Museum die in den anderen scandinavischen Reichen gegründeten weit
übertrifft; währeud in den Museen Deutschlands erst winzige Anfänge solcher
Sammlungen vorhanden sind. Die musterhafte chronologische Anordnung ge¬
währt einen höchst belehrenden Ueberblick über die Fortschritte der Civilisation in
den nordischen Ländern. Mit Benutzung des "Leitfadens zur Nordischen Alter¬
thumskunde" (herausgegeben von der königlichen Gesellschaft für Nordische Alter¬
thumskunde, Kopenhagen 1837), dessen zweiter Theil von Thomsen verfaßt ist, will
ich versuchen, den Hauptinhalt der für die heidnische Zeit bestimmten Zimmer kurz
anzugeben.

Das erste Zimmer enthält ausschließlich Gegenstände aus dem fernsten Zeit¬
alter; dem sogenannten Steinzeitalter, als Waffen und Geräthschaften aus
Stein, Holz, Knochen und tgi. waren, und man Metalle entweder sehr wenig


und tragen, gleich Säulen, ein undurchdringliches grünes Dach, öfter jedoch
strecken sie beinahe schon von der Wurzel ab ihre lanbüberwucherten Aeste nach
allen Seiten, manchmal wölben sich auch über mehreren aus eiuer Wurzel wach¬
senden Stämmen ungeheure weitschallende Kronen. Außer Buchen sieht man fast
nur Lärchen und Eichen in diesen Wäldern, in denen sich Hochwild oft in großen
Rudeln' zeigt.

Helsingör erreicht man mit den täglich gehenden Dampfbooten Hamlet und
Ophelia nach einer Fahrt von 3 Stunden zwischen dem grünen Seeland und den
braunen nackten Küsten von Schweden. Die ungemeine Ausdehnung, in der man
beide Länder von dem Thurme der Festung Kronborg übersieht, und die zahllosen
Segel mit den Flaggen aller Nationen, die über den hier nur eine halbe Stunde
breiten Sund zerstreut sind, machen diesen Anblick zu einem der interessantesten
in Europa.

An sogenannten Sehenswürdigkeiten ist Kopenhagen nicht gerade reich. Die
Gemäldegalerie enthält außer einigen niederländischen Meistern nur Bilder zweiten
und dritten Ranges, und die dort hängenden Bilder von dänischen Malern der
Gegenwart, so wie die, welche ich auf einer in Charlottenburg stattfindenden
Kunstausstellung sah, verrathen einen sehr untergeordneten Stand der Malerei.
Thorvaldsens Museum und die Frauenkirche verdienen eine besondere Besprechung.
Die berühmte ethnographische Sammlung habe ich nicht sehen, können. Ganz
besonders interessant ist das Museum der nordischen Alterthümer, in seiner jetzigen
Gestalt im Wesentlichen eine Schöpfung des Directors Etatsrath Thomsen. Den
unermüdlichen Bestrebungen dieses um die nordischen Alterthnmsstudien hochver¬
dienten Mannes ist es zuzuschreiben, daß das Interesse für diese Gegenstände sich
in Dänemark verbreitet und gesteigert hat, daß aus allen Theilen des Landes
Funde von Alterthümern und Resultate von Ausgrabungen dem Museum ein¬
gesendet werden, so daß man den jährlichen Zuwachs'desselben vor einigen Jahren
auf 4 — 600 Nummern schätzte, und die Gesammtzahl 4-1000 betrug: ein Umfang,
in dem dieses Museum die in den anderen scandinavischen Reichen gegründeten weit
übertrifft; währeud in den Museen Deutschlands erst winzige Anfänge solcher
Sammlungen vorhanden sind. Die musterhafte chronologische Anordnung ge¬
währt einen höchst belehrenden Ueberblick über die Fortschritte der Civilisation in
den nordischen Ländern. Mit Benutzung des „Leitfadens zur Nordischen Alter¬
thumskunde" (herausgegeben von der königlichen Gesellschaft für Nordische Alter¬
thumskunde, Kopenhagen 1837), dessen zweiter Theil von Thomsen verfaßt ist, will
ich versuchen, den Hauptinhalt der für die heidnische Zeit bestimmten Zimmer kurz
anzugeben.

Das erste Zimmer enthält ausschließlich Gegenstände aus dem fernsten Zeit¬
alter; dem sogenannten Steinzeitalter, als Waffen und Geräthschaften aus
Stein, Holz, Knochen und tgi. waren, und man Metalle entweder sehr wenig


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/470>, abgerufen am 27.09.2024.